Amsterdam statt London

Wie sind die Reaktionen auf den neuen EMA-Standort?

Remagen - 21.11.2017, 15:20 Uhr

Die Reaktionen auf den Umzug der EU-Arzneimittelbehörde, von den Gewinnern bis hin zu den Siegern. (Foto: AP / dpa)

Die Reaktionen auf den Umzug der EU-Arzneimittelbehörde, von den Gewinnern bis hin zu den Siegern. (Foto: AP / dpa)


Italiener: Losziehung ist eine Farce

Riesenenttäuschung und Verärgerung dagegen in Italien: Das Verfahren für die Wahl des Sitzes der EMA sei für ihren Kandidaten mit einer Farce ausgegangen, schreibt „Repubblica“. Premierminister Paolo Gentiloni kommentiert via Twitter: „Danke nach Mailand und Dank an alle diejenigen, die sich für die EMA engagiert haben. Eine starke Bewerbung, entschieden nur durch ein Los, was für eine Verhöhnung.“ Der italienische Apothekerverband Federfarma spricht von einer „zufälligen und zynischen Ziehung“, die die EMA von Mailand nach Amsterdam gelenkt habe, und für den Präsidenten der Region Lombardei Roberto Maroni ist die Auslosung „das Paradigma dieser Europäischen Union, die sich nicht entscheiden kann und nicht weiß, wie man Verantwortung übernimmt.“

Bratislava verliert und votiert nicht mehr mit

Ernüchterung auch in Zentral- und Osteuropa, wo bislang keine EU-Agentur angesiedelt ist. Dagegen haben die Niederlande mit der Strafverfolgungsbehörde Europol und der Justizbehörde Eurojust bereits zwei europäische Institutionen. Bis gestern hatte die slowakische Hauptstadt Bratislava noch zum erweiterten Favoritenkreis gehört, es aber nun bei der Abstimmung nicht in die zweite Runde geschafft. Als einziges Land enthielt sich die Slowakei daraufhin in den nächsten beiden Wahlgängen der Stimme. Das soll der slowakische Gesundheitsminister Tomáš Drucker bestätigt haben.

Pharmaindustrie begrüßt Planungssicherheit

In der pharmazeutischen Industrie herrscht vor allem Erleichterung, dass die Spekulationen endlich ein Ende haben. „Nun ist die Entscheidung gefallen”, sagt der Präsident des europäischen Dachverbandes der forschenden Arzneimittelhersteller (EFPIA). Alle Behörden und Stakeholder müssen zusammenarbeiten und der Agentur bei ihrem Umzug nach Amsterdam beistehen. Seitens der EFPIA sagte er hierfür alle Unterstützung zu.

Auch der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) begrüßt, dass die Standortfrage der europäischen Arzneimittelagentur EMA nun geklärt ist. „Wir bedauern zwar, dass Bonn nicht der neue Standort der EMA werden wird“, so Elmar Kroth, Geschäftsführer Wissenschaft beim BAH. „Gleichwohl ist Amsterdam eine gute Wahl. Die wichtigsten Faktoren, die die Arbeitsfähigkeit der EMA auch nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU ermöglichen, sind dort gegeben.“ Ebenso, wie die Hauptgeschäftsführerin des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) Birgit Fischer hofft Kroth, dass der Behörde nun die Mehrheit ihrer hochqualifizierten Arbeitskräfte erhalten bleibt. Nun könnten sich die EMA selbst und alle, die mit ihr zu tun haben, auf den Umzug und den neuen Standort konzentrieren, fügt Fischer an. 

Entscheidung für die Patienten

Der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) Martin Zentgraf hält die Entscheidung über den neuen Sitz der bedeutenden Behörde ebenfalls für vernünftig: „Amsterdam erfüllt alle geforderten Kriterien, um die täglichen Aufgaben der Agentur reibungslos fortzuführen“. Den pharmazeutischen Unternehmen biete die Gewissheit über den neuen Standort nun ein Stück weit Planungssicherheit, wenn sie ohne Unterbrechungen und Schwierigkeiten ihre Medikamente für den Markt zulassen können. Zentgraf: „Das Votum für Amsterdam war schlussendlich auch eine Entscheidung für die Patienten.“



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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