Beratungs-Quickie

Fentanylpflaster in der Apotheke

Stuttgart - 05.10.2017, 13:30 Uhr

Auch für Fentanylpflaster gelten Rabattverträge. (Foto: Ingo Bartussek / Fotolia)

Auch für Fentanylpflaster gelten Rabattverträge. (Foto: Ingo Bartussek / Fotolia)


Eine Schmerzpatientin löst ein Rezept über Fentanylpflaster, Morphintropfen und Lactulose-Sirup in der Apotheke ein. Wie tauschen Apotheker BtM-Pflaster bei Rabattverträgen korrekt aus? Dürfen Ärzte Nicht-Betäubungsmittel auch auf einem BtM-Rezept verordnen? Und wie klebt und entsorgt die Patientin ihr Fentanylpflaster korrekt? Der heutige DAZ.online-Beratungs-Quickie gibt einen Überblick.

Formalien-Check: Welche Angaben müssen auf ein BtM-Rezept?

Der Arzt hat Frau Elfriede S. ein Rezept über Fentanyl ratio 100 Pflaster 20 Stück, Morphin Merck Tropfen 2 Prozent 50 ml und Lactulose Stada Sirup mit 500 ml verordnet. Er darf für einen Patienten innerhalb von 30 Tagen bis zu zwei Betäubungsmittel aus der in der § 2 BtMVV Absatz 1a aufgeführten Betäubungsmittel verschreiben, wenn er die Höchstmengen beachtet. Diese betragen für Fentanyl 500 mg, für Morphin 24.000 mg und werden beim Rezept von Frau S. nicht überschritten. Das BtM-Rezept muss genaue Angaben zur Dosierung enthalten. So soll Frau S. alle drei Tage das Fentanyl-Pflaster wechseln und kann bis zu maximal vier Mal pro Tag je 20 Tropfen Morphintropfen einnehmen. Alternativ hätte der Arzt – so er der Patientin diese mitgegeben hat – „Dosierung gemäß schriftlicher Anweisung“ auf das Rezept schreiben können.

Dürfen Nicht-Betäubungsmittel auf ein BtM-Rezept?

Der Arzt hat seiner Patientin Lactulose gegen Opiat-bedingte Obstipation verordnet. Voraussetzung für die Verschreibung von Nicht-BtM auf BtM-Verordnungsblättern ist, dass mindestens ein BtM mit auf dem Rezept steht. Ein therapeutischer Zusammenhang muss nicht zwingend bestehen.

Die 85-jährige Patientin kommt direkt nach dem Arztbesuch in die Apotheke, das Rezept ist somit gültig und muss innerhalb von sieben Tagen nach Ausstellung eingelöst werden. Das BtM-Rezpt ist fast vollständig, der Arzt hat den Gebührenstatus der Patientin nicht angekreuzt. Auf Nachfrage des Apothekers erklärt Frau S., sie sei zuzahlungspflichtig.

Rabattverträge bei Fentanylpflastern

Auch für BtM-Pflaster gelten Rabattverträge. Der Austausch der Fentanylpflaster setzt jedoch bestimmte Kriterien voraus, die der Apotheker oder die Apotheken-Software prüfen muss. Neben den gängigen Übereinstimmungen beim Rabattvertrags-Austausch müssen Apotheker bei Betäubungsmitteln nicht nur die Packungsgröße nach Normgröße beachten. Sie dürfen nur exakte Stückzahlen substituieren. Bei Pflastersystemen muss neben der Freisetzungsrate auch die Wirkstoffbeladung übereinstimmen.

Der Arzt hat den Aut-idem-Austausch für alle drei Arzneimittel erlaubt, es gelten aktuell jedoch keine Rabattverträge. Der Apotheker gibt der Patientin die namentlich verordneten Arzneimittel mit.

Beratungs-Basics bei Opiaten in der Apotheke

Gegen ihre Schmerzen soll Frau Elfriede S. zwei Betäubungsmittel kombinieren. Die transdermalen Pflaster mit Fentanyl sorgen für eine basale Schmerzhemmung. Darüber hinaus kann die ältere Dame akute Schmerzspitzen mit den rasch wirkenden Morphintropfen glätten.

Wo kleben Fentanylpflaster am besten?

Die Apotheke empfiehlt der Patientin, die Schmerzpflaster auf eine glatte Hautstelle am Oberkörper oder Oberarm zu kleben. Die Haut sollte unbehaart und sauber sein. Allerdings dürfen die Schmerzpatienten die störenden Härchen nicht abrasieren. Sie sollen diese lediglich mit einer Schere abschneiden. Auch zur Reinigung des Hautareals dürfen keine Seifen oder Reinigunslotionen verwendet werden: Klares Wasser genügt und auf pflegende Lotionen, Cremes und Salben nach der Reinigung verzichten. Sowohl Rasieren als auch Seifen und Cremes können die Haut reizen oder ihre Resorptionseigenschaften verändern – das gilt es zu vermeiden.

Nach drei Tagen muss die Patientin das Pflaster wechseln und für das neu zu klebende Pflaster ein anderes Hautareal wählen. Beim Auspacken aus der versiegelten Verpackung sollte die Patientin darauf achten, die Klebeflächen der Pflaster nicht zu berühren. Die Fentanylpflaster kleben am besten, wenn sie 30 Sekunden leicht auf die Haut gepresst werden und die Klebekanten sauber, ohne Falten, mit der Haut abschließen. Patienten sollten nach Appplikation der Fentanylpflaster ihre Hände gründlich waschen.

Wie werden gebrauchte Fentanylpflaster richtig entsorgt?

Um für die gesamte Klebedauer von 72 Stunden eine konstante Abgaberate an Fentanyl zu gewährleisten, „überladen“ die pharmazeutischen Unternehmer die Pflaster mit Wirkstoff. Auch nach Entfernen der Fentanyl Matrixpflaster sind diese somit nicht „leer“ und frei von Wirkstoff, sondern enthalten etwa noch 50 Prozent der ursprünglichen Opioidmenge. Diese kann bei Kindern oder Opioidnaiven zu Vergiftungen führen. Der Apotheker gibt Hinweise, wie der Patientin eine sichere Entsorgung gelingt.

Die gebrauchten Fentanylpflaster darf die Schmerzpatientin im Hausmüll entsorgen. Nachdem sie die Pflaster von der Haut entfernt hat, soll die Patientin die Klebeflächen aneinander kleben eventuell in Zeitungspapier wickeln und dem Hausmüll untermischen.

Morphintropfen gegen Schmerzspitzen

Brechen Schmerzen durch, kann die Patientin zur Kupierung dieser bis zu vier Mal täglich Morphintropfen einnehmen. Die Wirkung ist rasch, eine Schmerzlinderung setzt in der Regel nach 30 Minuten ein und hält für vier bis sechs Stunden an. Die Fachinformation empfiehlt die verdünnten Einnahme des Opioids mit Wasser.

Beratungstipps zu Lactulose

Frau Elfriede S. leidet durch ihre Schmerztherapie mit Opioiden unter Obstipation. Der Arzt hat ihr dagegen Lactulose verschrieben. Sie kann drei- bis viermal täglich 7,5 bis 15 ml einnehmen. Der Zeitpunkt bis zum Einsetzen der abführenden Wirkung ist nicht exakt vorhersehbar – die Fachinformation nennt zwei bis zehn Stunden. Die Patientin kann Lactulose pur oder verdünnt in Wasser einnehmen. Insbesondere zu Beginn einer laxierenden Therpapie mit Lactulose können Patienten unter verstärkter Flatulenz oder auch Diarrhoen leiden. Bessern sich die Beschwerden nicht, kann der Apotheker der Schmerzpatientin alternative abführende Arzneimittel empfehlen: Macrogole (Movicol und Generika), Flohsamenschalen (Mucofalk). CAVE: Manche Macrogole sind als Medizinprodukte zertifiziert und nicht als Arzneimittel zugelassen. Die Krankenkassen erstatten in diesem Falle nur Macrogol-Medizinprodukte, die Anlage V der Arzneimittelrichtlinie – Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte – explizit nennt.

Sonst noch wichtig in der Beratung zu BtM in der Apotheke

Eine erhöhte Körpertemperatur verändert die Resorptionseigenschaften der Haut und somit die Aufnahme des transdermal applizierten Fentanyls, was zu Fehldosierungen mit dem Opioid führen kann. Die Patientin  beziehungsweise Angehörige oder Pflegekräfte müssen besonders sensibel auf Anzeichen einer Überdosierung achten und der Arzt unter Umständen die Dosis des Opioids anpassen.

Ähnliche Effekte können externe Wärmequellen wie Heizkissen, Heizdecken, Wärmflaschen oder auch heiße Bäder haben. Auch von Wärmepflastern oder wärmenden Salben ist der Patientin abzuraten.

Atemdepression zählt zu den schwerwiegendsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen einer Opiodtherapie. Tranquilizer, Hypnotika und Sedativa oder Antihistamine verstärken diesen Effekt. Der Apotheker klärt ab, ob die Patientin Benzodiazepine, Z-Substanzen oder Doxylamin- beziehungsweise Diphenhydramin-haltige Arzneimittel als Schlafmittel einnimmt. Auch Alkohol verstärkt die atemdepressive Wirkung von Opioiden.

Morphin und Fentanyl können eine Hypotonie auslösen, die insbesondere bei Volumendepletion durch eine geringe Trinkmenge im Alter oder verstärktes Schwitzen bei Fieber klinisch relevant werden kann. Hypotonie verschärft das Risiko von Stürzen.

Der Apotheker weist die Patientin darauf hin, von der Selbstmedikation mit weiteren Schmerzmitteln, insbesondere vom Typ der NSAR mit ASS, Diclofenac oder Ibuprofen und Naproxen, Abstand zu nehmen. Eigentlich schmerzhafte Ulcera im Gastrointestinaltrakt können durch die Schmerzhemmung der Opioidtherapie verschleiert werden.

Die Empfindlichkeit auf Opioide schwankt individuell stark. Eine Intoxikation mit Betäubungsmitteln erkennt man an der Trias aus Miosis, Atemdepression und Koma. Im Verlauf der Hypoxie kann jedoch die Miosis in eine Pupillenerweiterung, Mydriasis, übergehen. Das Fentanylpflaster muss unverzüglich entfernt werden, der Notarzt verständigt.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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