DAZ.online-Wahlcheck (Teil 7)

Was sagen die Parteien zum Nachwuchsproblem in Apotheken?

Berlin - 22.09.2017, 17:30 Uhr

Bald kein Nachwuchs mehr? Was sagen die Parteien zu den Nachwuchsproblemen in der Apotheke? (Foto: WavebreakmediaMicro / stock.adobe.com)

Bald kein Nachwuchs mehr? Was sagen die Parteien zu den Nachwuchsproblemen in der Apotheke? (Foto: WavebreakmediaMicro / stock.adobe.com)


Seit einiger Zeit gilt der Apothekeberuf bei der Bundesagentur für Arbeit offiziell als Mangelberuf. Offene Stellen bleiben überdurchschnittlich lange besetzt. Die ABDA sieht kein grundsätzliches, sondern ein Verteilungsproblem. Sehen die Parteien in der nächsten Legislaturperiode Handlungsbedarf? Der letzte Teil des DAZ.online-Wahlchecks.

CDU/CSU

Wir halten die vorhandenen Pharmaziestudienplätze für ausreichend. Wichtig ist, die flächendeckende Arzneimittelversorgung auf hohem Niveau durch ortsnahe Apotheken zu erhalten. Wir werden prüfen, welche Anpassungen z. B. bei der Vergütungsstruktur notwendig sind, um wieder mehr Apotheker insbesondere für den ländlichen Raum zu gewinnen. 

Das deutsche Berufsbildungssystem bietet jungen Menschen mit seinen vielfältigen Ausbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten und Qualifikationsniveaus hervorragende Beschäftigungs- und Karriereperspektiven in einer Vielzahl spannender Berufe. Das gilt gerade für die Bereiche Naturwissenschaften, Pharmazie und Medizin. Die berufliche Aus- und Weiterbildung ist zugleich ein zentraler Schlüssel für die Sicherung des Fachkräftenachwuchses, für Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftswachstum und Wohlstand in Deutschland. 

Die berufliche Bildung ist daher eine Erfolgsgeschichte und ein großer Standortvorteil unseres Landes. Wir wollen sie auch in Zukunft weiter stärken, sie hat für uns den gleichen Stellenwert wie die akademische Bildung. Zugleich gilt weiterhin die in der Verfassung verankerte Aufgabenverteilung von Bund und Ländern. 

Grundsätzlich kann der Bund bei den medizinisch-technischen Assistenzberufen die Ausbildung und Ausübung des Berufs regeln, das ist im Gesetz über Technische Assistenten in der Medizin (MTAG) konkretisiert. Die Umsetzung mit Entwicklung der detaillierten Curricula sowie auch die Ausgestaltung der Weiter- und Fortbildungen obliegen den Bundesländern bzw. den einzelnen Ausbildungsstätten. Es sind weitere Anstrengungen aufgrund des demografischen Wandels erforderlich, um den Bedarf zu decken.

CDU und CSU haben sich vorgenommen, in der nächsten Legislaturperiode die Gesundheitsfachberufe weiter zu stärken. In diesem Zusammenhang wollen wir auch darüber diskutieren, wie die Ausbildungen von Gesundheitsfachberufen aktualisiert werden könnten. Ziel wird sein, die Attraktivität der Gesundheitsberufe weiter zu steigern. Noch vorhandenes Schulgeld werden wir abschaffen.

SPD

Der wachsende Fachkräftemangel ist mittlerweile ein allgemeines und wachsendes gesellschaftliches Problem. Bei den Gesundheitsberufen gibt es eine besonders schwierige Situation bei den Pflegeberufen, die in der Analyse der Bundesagentur für Arbeit, die einzige Berufsgruppe sind, für die in allen Regionen Deutschlands ein akuter Mangel besteht. Im Unterschied dazu interpretiert die ABDA die Situation bei den Apothekern als regionales Verteilungsproblem. Die DAZ.online schreibt dazu am 31.Juli: „Auf der ABDA-Homepage teilte die Geschäftsführerin Pharmazie, Christiane Eckert-Lill, mit: „Dass der Apotheker als Engpassberuf qualifiziert wird, ist nicht mit einer absoluten Zahl an fehlenden Arbeitskräften unterlegt. Die Analyse zeigt auf, dass Angebot und Nachfrage nicht zusammenkommen.“

Linke

Ein wichtiger Faktor für die Attraktivität eines Berufs ist das Gehaltsniveau. Hier liegen alle pharmazeutischen Berufe gemessen an ihrer Qualifikation deutlich unter vergleichbaren Berufen. Apothekerinnen und Apotheker verdienen in der Industrie erheblich mehr als in der Apotheke. Hier sind die Tarifpartner gefordert, das Nachwuchsproblem in den Verhandlungen angemessen zu berücksichtigen. Wir sind davon überzeugt, dass die Attraktivität auch gesteigert werden kann, indem die heilberufliche Seite des Apothekerberufs  gestärkt wird. In diesem Sinne wollen wir die pharmazeutische Betreuung inkl. Medikationsmanagement deutlich ausbauen und an die neuen technischen Möglichkeiten anpassen (Digitalisierung). Hier muss bei neuen Aufgaben auch über neue Vergütungsmodelle  nachgedacht werden. Das ABDA-/KBV-Modell zur Reform der Arzneimittelversorgung, das in dem ARMIN- Projekt in Thüringen und Sachsen teilweise erprobt wird, bietet weitere Ansätze, wie die Aufgaben der Apotheken im Interesse der Patientinnen und Patienten ausgeweitet werden können. Wie beschrieben wollen wir die Arzneimittelabgabe im Gegenzug unbürokratischer gestalten und die Beratungsqualität fördern. Das Pharmaziestudium muss praxistauglicher werden und die klinische Pharmazie noch stärker berücksichtigen.

Grüne, FDP und AfD

Aus unserer Sicht sind attraktive Arbeits- und Ausbildungsbedingungen der Schlüssel, um auch in Zukunft viele junge Menschen für unser Gesundheitswesen und insbesondere auch für die Tätigkeit als Apothekerin und Apotheker zu gewinnen. Hierzu gehören familienfreundliche Arbeitsbedingungen, eine gute Vergütung und eine zeitgemäße Ausbildung. Wir unterstützen beispielsweise eine zügige Weiterentwicklung des Pharmaziestudiums. Die im November 2016 vom Bundesverband der Pharmaziestudierenden vorgelegten Thesen zur Überarbeitung der Approbationsordnung und zur Verbesserung des Pharmaziestudiums enthalten eine Reihe von wichtigen Vorschlägen, die wir befürworten.

FDP

Aus unserer Sicht liegt das Nachwuchsproblem an hohen bürokratischen Hemmnissen, überzogenen Auflagen, die den Einfluss auf Auswahl des Angebots in der Apotheke und die Arbeit vor Ort in unangemessenem Maße einschränken und mangelnde Chancen, um das Angebot in der eigenen Apotheke flexibel den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten anzupassen. Dazu brauchen wir wie bei Ärzten ein bürokratiearmes Anreizsystem, um Berufseinsteiger für den Einsatz in strukturschwachen und ländlichen Regionen zu motivieren.

AfD

Die AfD hat die Fragen der Deutschen Apotheker Zeitung nicht beantwortet.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Bravo SPD: Das Absurde erkannt

von Wolfgang Müller am 22.09.2017 um 18:38 Uhr

Mit Verlaub, und das mag jetzt jeder schlimm finden wie er will: Aber dass die SPD uns dieses Thema kalt lächelnd zurückspielt, mit dem Jahrhundert-Zitat von Kollegin Eckert-Lill, das erinnert mich an die besten Momente der Heute-Show. Fehlt nur noch die übliche Karikatur dazu .....

Chapeau, SPD. Jetzt noch Rx-VV in den Koalitionsverhandlungen mitmachen, zum offensichtlichen Wohle des Systems und gegen die Mega-Handels-Oligopol-Bonzen, dann ist Alles wieder gut.

Genauso schön - und, wenn auch nicht so witzig, natürlich: wichtiger - die CDU, die "uns" Apotheker weiter mit einem schützend Händlein beglückt. Und dabei gewohnt kenntnisreich und prononciert auftritt.

Welch ein Trost, diese Eloquenz und Kompetenz. Wenn man der eigenen Berufspolitik und Teilen der Fachpresse bei "Personalmangel", "Personal-Umverteilung raus aus der Typischen Öffentlichen" und "Trotzdem: Zuschütten der Öffentlichen mit weiteren defizitären Aufgaben" nicht so gaaaanz über den Weg traut.

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