Gestreckte Arzneimittel

Bottroper demonstrieren vor Zyto-Apotheke

Bottrop - 07.09.2017, 11:45 Uhr

Vor der Propsteikirche
St. Cyriakus – die gegenüber der Zyto-Apotheke liegt – erinnern Betroffene mit Kerzen an ihre Angehörigen. (Foto: hfd / DAZ.online)

Vor der Propsteikirche St. Cyriakus – die gegenüber der Zyto-Apotheke liegt – erinnern Betroffene mit Kerzen an ihre Angehörigen. (Foto: hfd / DAZ.online)


Viele Betroffene stellen in der Nähe der Apotheke Kerzen ab

Der Demonstrationszug setzt sich nach der Rede mit gut 150 bis 180 Personen in Bewegung. Auch viele Medienvertreter sind dabei, darunter auch große Fernsehsender. Auf einigen Postern stehen Aufschriften wie „Warum klären unsere Gesundheitsämter die Betroffenen nicht auf“, oder „Weil Gesundheit ein Geschenk ist ???“ – eine Anspielung an das Motto der Apotheke. Insgesamt ist die Stimmung sehr ruhig. Vor der Apotheke des Angeklagten kommt der Zug zum Stoppen. Viele Betroffene stellen vor der gegenüberliegenden Kirche Kerzen ab, man spricht miteinander und stärkt sich gegenseitig.

Eine Frau, die vor drei Jahren auch Chemotherapeutika aus der Apotheker erhalten hatte sagt: „Es kann nicht sein, dass unser Gesetzgeber da nichts macht.“ Seitdem der Skandal ans Licht der Öffentlichkeit gekommen ist, spiele sich bei ihr ein Kino im Kopf ab. „Es ist alles wieder so präsent“, sagt sie. Sie habe erst durch die Medien von dem Fall gehört – niemand sei informiert worden. Inzwischen haben sie Anzeige gegen Peter S. gestellt.

Eine junge Frau erzählt, dass ihre Mutter gleichfalls betroffen war. Im Dezember habe sie eine Anwältin eingeschaltet – auch da ihr nicht als Nebenwirkung der Chemotherapie die Nägel ausgefallen sind. „Sie hat die ganze Zeit auf die Nebenwirkungen gewartet“, sagt die Tochter – aber ihrer Mutter sei es erstaunlich gut gegangen. Doch im April dieses Jahres verstarb sie dann.

Zur Demonstration ist auch der ehemalige kaufmännische Leiter der Zyto-Apotheke Martin Porwoll gekommen. „Ich finde es schon beeindruckend“, sagt er zur Zahl der Demonstranten. Er konnte es lange nicht glauben, was sein langjähriger Freund und später dann Chef getan haben soll. Doch nachdem es schon über Jahre Gerüchte gab, rechnete Porwoll nach und gab im vergangenen Jahr entscheidende Hinweise, die mit zur Verhaftung des Apothekers führten. Wie kam es, dass nicht schon vorher ein Mitarbeiter eingeschritten ist? „Auch der größte Wahnsinn wird normal“, sagt Porwoll. Das System des Zyto-Apothekers sei „nahezu perfekt“ gewesen. Alle paar Minuten kommt ein Betroffener und bedankt sich bei ihm.  



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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