Unterdosierungen

NRW zahlt 5000 Euro an Betroffene des Zyto-Skandals

Berlin - 26.04.2022, 17:00 Uhr

2018 trugen Bottroper Demonstranten Listen mit anonymisierten Namen der Patienten durch die Stadt, die aus der früheren Alten Apotheke mit Krebsmitteln versorgt worden waren. (Foto: hfd)

2018 trugen Bottroper Demonstranten Listen mit anonymisierten Namen der Patienten durch die Stadt, die aus der früheren Alten Apotheke mit Krebsmitteln versorgt worden waren. (Foto: hfd)


Tausende Krebspatienten der früheren Alten Apotheke in Bottrop können auf etwas finanzielle Entschädigung hoffen: Die Landesregierung unterstützt sie mit einmaligen Zahlungen, Anträge können ab sofort gestellt werden. Unklar ist, inwiefern Betroffene auch zivilrechtlich Ansprüche durchsetzen können. 

Mehr als fünf Jahre nach der Verhaftung des früheren Bottroper Apothekers Peter S. können Betroffene des Zytoskandals auf etwas Entschädigung hoffen: Ab sofort können sie Anträge stellen, um etwas von den 10 Millionen Euro zu erhalten, die der NRW-Landtag Ende 2021 zur Verfügung gestellt hatte

Alle Patienten beziehungsweise deren Hinterbliebene können jeweils 5000 Euro erhalten – sofern sie im Urteil des Landgerichts Essen aufgeführt sind, mit dem S. im Jahr 2018 zu zwölf Jahren Haft und lebenslangem Berufsverbot verurteilt wurde. Die Richter konnten dabei nicht ermitteln, wer tatsächlich unterdosierte Zytostatika erhalten hat – aber berechnen, bei welchen Präparaten allgemein von deutlichen Unterdosierungen auszugehen war.


„Die Geschichte dieses Kriminalfalls ist auch eine Geschichte des Behördenversagens.“

Vorsitzender Richter Johannes Hidding, Landgericht Essen, 2018


„Die Geschehnisse rund um die ‚Alte Apotheke‘ sind ein ungeheures Verbrechen, das die Betroffenen für den Rest ihres Lebens begleiten wird“, erklärt Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). „Dieses Leid ist nicht mit Geld aufzuwiegen. Ich hoffe aber, dass die vom Land zur Verfügung gestellten Mittel helfen, die persönliche Notlage wenigstens ein Stück weit abzumildern.“ Es handelt sich formell um sogenannte Billigkeitsleistungen. „Eins muss klar sein: Die Betroffenen können sich der Solidarität und der Verbundenheit des Landes sicher sein“, sagt Laumann. Bis Ende 2022 können nun Anträge auf Zahlung der Leistung gestellt werden.

Der Bottroper Zytoskandal

Der sogenannte Bottroper Zytoskandal gehört wohl zu den größten Arzneimittelskandalen der letzten Jahre. Über Jahre hinweg hatte der Apotheker Peter Stadtmann falsch unterdosierte Zytostatika an Praxen geliefert. Hinweise von zwei Angestellten sorgten schließlich dafür, dass die Geschichte aufflog. 2018 wurde der Apotheker wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz in knapp 14.500 Fällen und Betrugs in 59 Fällen zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Außerdem wurde ein lebenslanges Berufsverbot verhängt. Die Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert. Eine Revision beim Bundesgerichtshof wurde zurückgewiesen. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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