DAZ.online-Faktencheck

NDR warnt vor Apotheken-Selbsttests. Berechtigt?

Stuttgart - 14.06.2017, 16:15 Uhr

Nur einer der Schnelltests aus der Apotheke: Gluten-Selbsttest von Stada (Foto: Stada)

Nur einer der Schnelltests aus der Apotheke: Gluten-Selbsttest von Stada (Foto: Stada)


Eisentest von Stada

Mit Hilfe des Selbsttests der Firma Stada können Patienten ihren Eisenwert bestimmen, genauer gesagt das Ferritin. Ferritin ist ein Marker für die Eisenspeicher des Körpers – die Konzentration des Ferritins im Serum entspricht der Beladung dieser Eisenspeicher. Somit korrelieren erniedrigte Ferritinwerte zuverlässig mit einer Eisenverarmung und Werte kleiner als 20 µg/l zeigen zuverlässig eine Eisendepletion. Das ist auch der Grenzwert, den Stada gewählt hat, um Patienten eine zusätzliche ärztliche Abklärung zu empfehlen. Umgekehrt jedoch – hohes Ferritin, alles im Lot – ist eine Aussage nicht möglich, denn ein hoher Ferritin-Wert garantiert nicht automatisch eine ausreichende Eisenversorgung. Ursache für gesteigertes Ferritin kann eine „akute-Phase-Reaktion“ im Rahmen von Entzündungen sein. Also auch hier hat der Patient trotz des Tests keine absolute Gewissheit.

Allergietest in Eigenregie

Der vom NDR untersuchte Allergietest war, wie auch der Cholesterintest, von der Firma Hartmann: Veroval® Selbsttest Allergie. Er testet auf IgE-Antikörper gegen Katzenhaare, Hausstaubmilben und Gräserpollen. Welche Gräserpollen im Einzelnen jedoch untersucht werden können, spezifiziert Veroval® nicht genauer. Ein positiver Test bedeute nicht automatisch eine Allergiediagnose, meint der NDR – was korrekt ist. Hier unterscheidet sich der Test allerdings auch nicht von ärztlicherseits durchgeführten Allergietestungen auf IgE-Antikörper im Labor. Auch hier ist bei den Ergebnissen letztlich relevant, dass keine bloßen Laborwerte therapiert werden sollten, sondern der Patient. Darauf verweisen auch die Fachgesellschaften: „Das Ergebnis der spezifischen IgE-Testung kann nur im Zusammenhang mit Anamnese, Klinik und den eventuell zusätzlichen Ergebnissen organspezifischer Provokationstests richtig interpretiert werden“, heißt es in der zur Zeit in der Aktualisierung befindlichen Leitlinie.

Selbsttest Gluten von Stada (Foto: Stada)

Selbstdiagnose der Zöliakie

Der Stada Selbsttest Glutenunverträglichkeit prüft auf IgA-Antikörper gegen Transglutaminase und Gliadin. Antikörper gegen Transglutaminase (tTG, tissue transglutaminase) zeigen nach Aussage der Deutschen Zöliakie Gesellschaft e.V. „am zuverlässigsten (...), ob eine Zöliakie vorliegt oder nicht“. So kann ein negativer Antikörper-Test kann das Vorliegen einer Zöliakie mit relativ großer Sicherheit ausschließen. Allerdings hat der Test eine Bedingung: Er erfordert einen Co-Check auf Gesamt IgA. Der Grund: Drei bis sieben Prozent aller Zöliakiepatienten können kein IgA produzieren. Hier ist der Test also immer negativ, selbst bei Vorliegen einer Glutenunverträglichkeit.

Also auch in diesem Fall: Eine sichere Diagnose erfolgt ausschließlich durch einen kompetenten Mediziner, da bei Zöliakieverdacht eigentlich auch die Biopsie der Darmzotten erforderlich ist. So gibt es folgende diagnostische Szenarien:

  1. Transglutaminase-AK positiv, Biopsie Zottenschwund: Zöliakie
  2. Transglutaminase-AK negativ, Biopsie Zottenschwund: Zöliakie nicht gesichert, da genereller IgA-Mangel vorliegen kann
  3. Transglutaminase-AK positiv, Biospie negativ: mögliche Glutenunverträglichkeit
  4. Transglutaminase-AK negativ, Biopsie negativ: keine Zöliakie 


Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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