Glutenunverträglichkeit

Zöliakie-Selbsttest: Was ist zu beachten?

16.01.2023, 09:14 Uhr

Können sich Betroffene zu Hause auf Zöliakie testen? (Foto: Southworks / AdobeStock)

Können sich Betroffene zu Hause auf Zöliakie testen? (Foto: Southworks / AdobeStock)


Bei Verdacht auf eine Glutenunverträglichkeit können Betroffene mittels Bluttests selbst überprüfen, ob sie an Zöliakie erkrankt sind. Wie funktionieren diese Selbsttests und werden sie empfohlen?

Glutenfreie Ernährung liegt im Trend – zahlreiche Menschen verzichten auch ohne medizinische Notwendigkeit auf Lebensmittel, die glutenhaltiges Getreide enthalten. Dabei hilft eine Ernährung ohne Gluten weder beim Abnehmen noch hat sie einen nachweisbaren Effekt auf die Gesundheit. Wird allerdings die Diagnose Zöliakie gestellt, müssen die Betroffenen lebenslang auf Gluten verzichten. 

In Deutschland leiden rund 1% der Bevölkerung an dieser Erkrankung. Man geht allerdings von einer hohen Dunkelziffer aus. Die Krankheit kann bei Kindern und Erwachsenen in jedem Alter auftreten, eine Vorbeugung ist nicht möglich. 

Zahlreiche Hersteller bieten mittlerweile Zöliakie-Schnelltests für zu Hause an, die unter anderem auch in Apotheken erhältlich sind. Wie funktionieren diese und sind sie zuverlässig?

Was versteht man unter Zöliakie? 

Zöliakie zählt zu den Autoimmunerkrankungen und wird durch das Eiweiß Gluten (siehe Kasten) ausgelöst. Die Erkrankung führt zu funktionellen und morphologischen Veränderungen der Darmschleimhaut. Eine genaue Ursache für die Entstehung einer Zöliakie ist nicht bekannt. Wahrscheinlich ist eine Kombination aus Umwelteinflüssen und genetischer Veranlagung verantwortlich. 

Mit der Nahrung aufgenommenes Gluten aktiviert Immunzellen in der Dünndarmschleimhaut und infolgedessen kommt es zu Entzündungsreaktionen. Durch diesen entzündlichen Prozess bilden sich die Zotten der Darmschleimhaut zurück, was zu einer Oberflächenverkleinerung führt. So können nicht mehr ausreichend Nährstoffe ins Blut gelangen und es kommt zu Nährstoffdefiziten.

Betroffene leiden häufig unter Durchfall und Bauchschmerzen. Oft kommt es zu Gewichtsverlust, Müdigkeit oder Appetitmangel. Diese Krankheitszeichen treten aber nicht immer auf. Meist äußert sich die Erkrankung lediglich durch unspezifische Symptome wie Kopf- und Gelenkschmerzen oder durch einen ungeklärten Eisenmangel. In solchen Fällen wird die endgültige Diagnose oft erst nach vielen Jahren gestellt. 

Was ist Gluten?

Gluten ist ein Sammelbegriff für verschiedene Eiweiße, die in den Samen zahlreicher Getreidesorten wie Weizen, Dinkel und Roggen vorkommen. 

Diese Speicherproteine können in die beiden Polypeptide Prolamin und Glutenin unterteilt werden. Beim Weizen wird der Prolaminanteil im Gluten auch als Gliadin bezeichnet. 

Gluten spielt beim Backen der Getreidemehle eine wichtige Rolle und sorgt für den Zusammenhalt und die Elastizität des Teiges. Aus diesem Grund wird Gluten auch als „Klebereiweiß“ bezeichnet. Aufgrund seiner Emulgatoreigenschaft und als Träger von Aromastoffen wird Gluten in zahlreichen Fertiggerichten und Saucen eingesetzt.

Wie kann auf Zöliakie getestet werden?

Bei Verdacht auf eine Zöliakie wird der Arzt zunächst eine Blutuntersuchung veranlassen und dabei auf bestimmte Antikörper testen. Dazu zählen Antikörper gegen das körpereigene Enzym Gewebetransglutaminase. Dieses Enzym verarbeitet das aufgenommene Gluten in der Dünndarmschleimhaut. Außerdem wird auf Antikörper getestet, die das Immunsystem gegen das Endomysium bildet. Das ist die Bindegewebsschicht in der Darmwand.

Zusätzlich wird einmalig die Gesamtmenge an Antikörpern der Klasse A (IgA) bestimmt, da die bei Zöliakie gebildeten Antikörper zu dieser Gruppe gehören. Da es bei einer Glutenunverträglichkeit oft zu einem generellen Mangel an IgA kommt, können auch die Antikörper gegen Gewebetransglutaminase und Endomysium nur in ganz geringer Konzentration vorliegen. Trotz Vorliegen einer Zöliakie kann es dann zu falsch-negativen Ergebnissen kommen. 

Zur endgültigen Absicherung der Diagnose wird zusätzlich zur Blutuntersuchung noch eine endoskopische Dünndarmbiopsie durchgeführt. Bei dieser feingeweblichen Untersuchung der Schleimhaut zeigen sich dann die typische Vermehrung der Entzündungszellen und der Schleimhautabbau. 

Zöliakie-Selbsttests suchen auch nach Antikörpern 

Die im Handel erhältlichen Gluten-Selbsttests weisen Antikörper gegen die Gewebetransglutaminase nach. Mithilfe einer beiliegenden Lanzette muss zunächst ein Tropfen Blut aus der Fingerbeere gewonnen werden. Dieser wird mit einem Kapillarröhrchen aufgenommen und in ein flüssigkeitsgefülltes Reaktionsgefäß gegeben. Nun gibt man einen Tropfen davon mittels Pipette auf das Feld einer Testkassette. Bei vorhandenen Antikörpern lässt sich eine Farbreaktion beobachten. 

Doch der Erkenntniswert der Selbsttests auf Gluten ist relativ gering. Sie können keinesfalls einen Arztbesuch ersetzen. Ernährt sich die Person bereits vor der Durchführung des Selbsttests vorsorglich glutenfrei, kann der Test trotz Erkrankung negativ ausfallen, da die Antikörper nur noch in ganz geringer Anzahl vorhanden sind. Der Schnelltest kann also in einem solchen Fall keine Entwarnung geben. 

Zudem kann, wie schon beschrieben, ein Mangel an IgA-Antikörpern vorliegen. Dabei liegen die Antikörper ebenfalls in so niedriger Konzentration vor, dass sie vom Test nicht erfasst werden können. Auch in einem solchen Fall können die Betroffenen trotzdem an Zöliakie erkrankt sein. 

Positives Testergebnis, was nun?

Bei einem positiven Testergebnis empfehlen einige Anbieter sich direkt glutenfrei zu ernähren, dies kann die weitere Diagnosestellung durch einen Arzt aber behindern. Denn die Blutuntersuchung beim Arzt und die Dünndarmbiopsie muss unter normaler Glutenbelastung durchgeführt werden, da die Erkrankung sonst nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden kann. Eine glutenfreie Ernährung ergibt daher erst nach einer gesicherten, ärztlichen Diagnose Sinn.

Beratung von Zöliakie-Betroffenen in der Apotheke

Betroffene müssen lebenslang auf glutenhaltige Nahrungsmittel verzichten, denn Zöliakie kann nicht geheilt werden. Nur so bilden sich die Entzündungen zurück, die Darmschleimhaut kann sich regenerieren und eine normale Aufnahme der benötigten Nährstoffe ist möglich. Schon kleine Mengen an Gluten können die Entzündungsreaktionen wieder aufflammen lassen. 

In der Apotheke können die Patienten bei der Auswahl ihrer Lebensmittel in einem Beratungsgespräch unterstützt werden. Hierzu bietet die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft (DZG) eine Aufstellung sämtlicher glutenfreier Lebensmittel an, die jährlich aktualisiert wird. 

Als glutenfrei gelten entsprechende Nahrungsmittel nur dann, wenn ihr Glutengehalt höchstens 20 mg/kg beträgt. Diese Produkte tragen als gesetzlich geschütztes Zeichen eine durchgestrichene Weizenähre.

Ernährung bei Zöliakie

Diese Nahrungsmittel sind verboten:

  • Getreide mit Gluten wie Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel, Grünkern und Emmer*
  • aus diesen Getreiden hergestellte Lebensmittel wie Mehl, Nudeln, Grieß, Paniermehl, Brot, Brötchen, Müsli, Kuchen, Torten, Gebäck, Zwieback und Malzkaffee

Diese Nahrungsmittel sind erlaubt:

  • Getreideersatz ohne Gluten wie Reis, Mais, Hirse, Buchweizen, Amaranth und Quinoa
  • glutenfreie Lebensmittel wie Kartoffeln, Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch, Milch, Butter, Margarine, Eier, Nüsse, Honig, Marmelade und Pflanzenöle.

Worauf muss bei der Einnahme von Arzneimitteln geachtet werden?

Gluten ist nicht nur in Lebensmitteln enthalten, auch bei Arzneimitteln muss darauf geachtet werden. Eine Kennzeichnung wie bei Lebensmitteln gibt es hier nicht. Gluten ist auch nicht unter der Auflistung der Hilfsstoffe aufgeführt. 

Stattdessen sollte man in der Packungsbeilage und Fachinformation auf das Vorhandensein von Weizenstärke achten. Auch wenn es sich bei Weizenstärke eigentlich nur um den Kohlenhydratanteil des Weizenkorns handelt, enthält dieser auch immer einen geringen Anteil an Proteinen und damit an Gluten. 

Zöliakie-Patienten wird daher empfohlen, so weit wie möglich Arzneimittel ohne Gluten einzunehmen. Die Deutsche Gesellschaft für Zöliakie hält dazu ebenfalls eine Liste mit glutenfreien Medikamenten bereit, die für die Beratung in der Apotheke genutzt werden kann.

*Dieser Abschnitt wurde am 06.10.2023 korrigiert


Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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