MVDA-Präsidentenbrief

Keine Versorgung auf „Pfandautomaten- Niveau“ 

Berlin - 29.05.2017, 17:15 Uhr

MVDA-Präsidentin Gabriela
Hame-Fischer über die Apotheken-Ideen der FDP: Zu kurz gedacht und noch kürzer gesprungen. (Foto: MVDA / Linda)

MVDA-Präsidentin Gabriela Hame-Fischer über die Apotheken-Ideen der FDP: Zu kurz gedacht und noch kürzer gesprungen. (Foto: MVDA / Linda)


Das Präsidium des Marketing Vereins Deutscher Apotheker e.V. (MVDA) wünscht sich von der Politik mehr Weitsicht für den Apothekenmarkt – und zwar über den Wahltag hinaus. Es sei fahrlässig, eine „Versorgung auf Pfandautomaten-Niveau“ wie in Hüffenhardt zu akzeptieren. Zugleich erklärt die MVDA-Spitze, wie sie sich den Arzneimittelversandhandel der Zukunft vorstellt.

Die vergangenen Monate nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs, demzufolge die Rx-Preisbindung nicht für den grenzüberschreitenden Arzneimittelversand gilt, hatten es für Apotheker in sich. Die Regierungskoalition fand keine gemeinsame Lösung, wie auf die neue Situation zu reagieren ist. Und nun befinden sich die Parteien bereits im Bundestagswahlkampf. Gabriela Hame-Fischer und Holger Wicht, Präsidentin und Vize-Präsident des MVDA, nehmen nicht zuletzt das „unsägliche Hick-Hack um das Rx-Versandverbot“ zum Anlass, in ihrem jüngsten Präsidentenbrief ihren Unmut kundzutun. 

Da sind nicht nur die Folgen des EuGH-Urteils. Auch DocMorris‘ Automaten-Aktivitäten in Hüffenhardt setzen dem MVDA, der hinter der Apotheken-Kooperation Linda steht, zu: „Der pharmazeutischen Kompetenz wird mit einem Shop-Manager Rechnung getragen und ein Apotheker sitzt in Holland an einem ‚Freigabe-Knöpfchen‘. Da steigt einem als Heilberufler dann doch der Blutdruck!“, schreiben die Präsidentin und ihr Vize. Das Schlimmste sei dabei, dass weder die Politik noch die Verwaltung bisher in der Lage seien, diesen Automaten dauerhaft aus dem Verkehr zu ziehen. Eine Versorgung auf „Pfandautomaten-Niveau“  zu akzeptieren, hält die MVDA-Spitze für „fahrlässig, ja gar gemeingefährlich, angesichts von Tausenden Arzneimitteltoten jährlich“. Doch nun scheine man ein sicheres Versorgungssystem auf dem Altar des Wahlkampfes opfern zu wollen.  

„Irgendwann sollte sich die Politik festlegen, über was sie reden und noch viel wichtiger, was sie regeln möchte“, heißt es im Brief. Mehr Blick über den Tellerrand und etwas mehr Weitsicht als bis zum Wahltag wären wünschenswert. Schließlich seien die gewählten Volksvertreter dem Wähler verpflichtet – jenseits aller Parteigrenzen.  

Hame-Fischer und Wicht betonen, dass auch rezeptfreie Medikamente keine Massenware seien. Auch und gerade hier sei Beratung gefragt – und die könne am besten der über Jahre bekannte und vertraute Apotheker leisten, nicht aber der Arzneimittel-Versandhandel.  

Zeit für Hausaufgaben durch kurzfristiges Rx-Versandverbot

In diesem Zusammenhang macht der MVDA nochmals deutlich, dass er beim Thema Rx-Versand eine differenzierte Position einnimmt. Im Gegensatz zu vielen anderen denke man nicht in „Schwarz oder Weiß“, sondern sehe mittelfristig Bedarf für eine klare Versand-Regulierung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Damit die Politik Zeit für diese Aufgabe hat, spricht sich der Verband für ein kurzfristiges Rx-Versandverbot aus.  

Doch was kommt dann? Das MVDA-Präsidium spricht von einer „Art Versand“, die nötig sei. „Dieser sollte aber nur aus den regional niedergelassenen, vollversorgenden Apotheken heraus als Ergänzung eines qualifizierten Botendienstes zugelassen sein“. Nur Apotheken, die auch die üblichen Gemeinwohlpflichten erbringen, z.B. Notdienste, BtM-Versorgung und  Rezepturen, sollten eine solche Berechtigung bekommen. 

Das System der Mischkalkulation durch gnadenlose „Rosinen-Pickerei“ ins Wanken zu bringen, könne und dürfe nicht gelingen, betonen Hame-Fischer und Wicht. Sie mahnen: „Am Ende kostet jedes Ersatzsystem zur Sicherstellung der übrigbleibenden Versorgungsaufgaben ein Vielfaches mehr und ist schlechter“. 

Gefährliches Zündeln einer kleinen Partei

Auch einen Seitenhieb auf die FDP können sich die MVDA-Präsidenten nicht verkneifen: Diese hat sich die Abschaffung des Fremdbesitzes ins Wahlprogramm geschrieben. Für den MVDA fällt dies in die Kategorie „gefährlich und klientelgesteuert“. Es gehe nur um Aufmerksamkeit um jeden Preis. Dabei bleibe zu hoffen, „dass der mündige Wähler die Intention erkennt und diesen Politikern die Quittung für so viel Servilität gegenüber internationalen Großkonzernen am Wahltag präsentiert“.  

Abschließend betonen Hame-Fischer und Wicht nochmals, dass das bewährte System der Arzneimittelversorgung nicht ohne Not aufs Spiel gesetzt werden sollte. Vielmehr gelte es, dieses zu erweitern und dem demografischen Wandel anzupassen – dabei könne man gerade auf die Potenziale einer flächendeckenden Apothekenlandschaft zurückgreifen. „Denn was uns klar ist, muss der Politik offensichtlich nachdrücklicher verdeutlicht werden: Wenn eine Landapotheke schließt, ist sie weg und kann hier nicht mehr helfen.“



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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