Europa, Deine Apotheken - Österreich

Von dispensierenden Ärzten und Versandfeinden

Wien - 28.03.2017, 06:55 Uhr

Versandkritiker in der Alpenrepublik: Österreichs Apothekenmarkt ist streng reguliert. Nur sehr selten werden neue Apotheken eröffnet. (Foto: dpa)

Versandkritiker in der Alpenrepublik: Österreichs Apothekenmarkt ist streng reguliert. Nur sehr selten werden neue Apotheken eröffnet. (Foto: dpa)


Bis 2015: Rx- und OTC-Versand untersagt

Ein Sonderfall im Europa-Vergleich ist die Regelung der österreichischen „Hausapotheken“. So werden in der Alpenrepublik Arztpraxen genannt, die eine Erlaubnis zum Dispensieren von Arzneimitteln besitzen. Damit ein Arzt Arzneimittel abgeben darf, müssen allerdings gewisse Voraussetzungen gegeben sein. Unter anderem muss die nächste Apotheke mindestens sechs Kilometer entfernt sein. Eröffnet eine Apotheke im Umkreis einer dispensierenden Praxis neu, muss der Arzt seine Abgabestelle innerhalb einer gewissen Frist schließen. Eine weitere Bedingung ist, dass Ärzte nur an Patienten abgeben, die sie auch selbst behandeln. Weil die Apothekenzahl in den vergangenen Jahren leicht anstieg, ist auch die Zahl der Praxisapotheken gesunken. 

Derzeit haben etwa 840 Mediziner eine Dispensier-Lizenz. In einigen Regionen Österreichs kommt es aber immer wieder zum Streit zwischen Apothekern und Ärzten. Unter anderem geht es darum, wie schnell die Mediziner die Abgabe stoppen müssen, wenn sich eine neue Apotheke in ihrem Umkreis niederlässt. Das Gesundheitsministerium hatte vor einigen Monaten zum Ärger der Apotheker zudem vorgeschlagen, dass die 6-Kilometer-Grenze in einigen Fällen auch unterschritten werden darf.

Der Versandhandel mit Arzneimittel (sowohl Rx als auch OTC) war bis vor wenigen Jahren gänzlich untersagt in Österreich. Seit dem Sommer 2015 ist es öffentlichen Apotheken allerdings erlaubt, zumindest OTC-Medikamente zu verschicken. 2003 hatte der EuGH entschieden, dass die EU-Mitgliedsstaaten zwar den Versandhandel mit Rx-Arzneimitteln aufgrund des Gesundheitsschutzes verbieten können. Für OTC-Produkte gelte diese Verbotsmöglichkeit allerdings nicht, erklärten die Richter damals. 

Nur 24 registrierte Versandapotheken

Der OTC-Versandhandel innerhalb der Alpenrepublik blieb den österreichischen Apothekern allerdings weiterhin verboten. Unter strikten Voraussetzungen durften EU-Versandapotheken aufgrund einer Gesetzeslücke aber nach Österreich liefern. Deswegen etablierten einige europäische Versandapotheken einen Verkauf für österreichische Kunden. Die Schweizer Versandapotheke ZurRose versendete beispielsweise jahrelang ins Nachbarland. Vor einigen Jahren legte die Bundesregierung dann aber ein Gesetz vor, dass es ausschließlich inländischen Apotheken erlaubt, OTC-Produkte zu versenden. Im Juni 2015 fiel dann der Startschuss für den OTC-Versand in Österreich. Bislang ist das große Interesse daran aber ausgeblieben: 2016 hatten sich lediglich 24 öffentliche Apotheken zur Teilnahme am Versandhandel angemeldet.

Seit Jahren drängt auch der Drogeriekonzern dm auf eine Deregulierung im Apothekenmarkt. Die Drogeriekette hatte im vergangenen Jahr dagegen geklagt, dass nur Apotheken OTC-Arzneimittel verkaufen dürfen. Vor dem Verfassungsgerichtshof war dm allerdings gescheitert, hat anschließend aber angekündigt, die Sache dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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