Österreich

EuGH fordert flexible Bedarfsplanung

Berlin - 07.07.2016, 16:20 Uhr

Nicht nur auf dem Land müssen Regelungen zur Apotheken-Bedarfsplanung mit einer gewissen Flexibilität gehandhabt werden. (Foto: SixLab/Fotolia)

Nicht nur auf dem Land müssen Regelungen zur Apotheken-Bedarfsplanung mit einer gewissen Flexibilität gehandhabt werden. (Foto: SixLab/Fotolia)


Der Europäische Gerichtshof hat sich erneut mit den österreichischen Regelungen zur Bedarfsprüfung für neue Apotheken auseinandergesetzt. Zwar wurden diese nach einer EuGH-Entscheidung im Jahr 2014 bereits nachgebessert – doch die vorgenommene Einschränkung hält Luxemburg für unzulässig.  

1.360 Apotheken gibt es in Österreich. Das dortige Apothekengesetz sieht vor, dass bei der Neuerrichtung einer Apotheke den bestehenden Nachbarapotheken jeweils 5.500 zu versorgende Personen verbleiben müssen. Anderenfalls bestehe kein Bedarf für eine neue Apotheke. Im Jahr 2014 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Grenze von 5.500 zu versorgenden Personen als zu starr erachtet. Die nationalen Behörden müssten eine Möglichkeit haben, von dieser Grenze abzuweichen, um örtliche Besonderheiten zu berücksichtigen. 

Diese vom EuGH geforderte Flexibilisierung setzte Österreich mit einer Novelle seines Apothekengesetzes um. In dessen Paragraf 10 heißt es nun auch, dass die Zahl von 5.500  unterschritten werden könne, „wenn es in ländlichen und abgelegenen Regionen aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung unter Berücksichtigung des Versorgungsangebots durch bestehende Apotheken einschließlich Filialapotheken und ärztlichen Hausapotheken dringend erforderlich ist“. 

Wie die Österreichische Apothekerkammer nun mitteilt, hat der EuGH mit einer neuerlichen Entscheidung klargestellt, dass eine Einschränkung auf ländliche Gebiete unzulässig ist. Veröffentlicht ist diese Entscheidung bislang nicht. Doch laut Apothekerkammer kommt der EuGH zu dem Schluss, es müsse überall in Österreich möglich sein, im Rahmen der Bedarfsprüfung unter bestimmten Bedingungen die Personengrenze von 5.500 zu unterschreiten.

Gesetz ist neu zu interpretieren

Die Gesetzesbestimmung der letzten Apothekengesetz-Novelle müsse daher im Lichte dieses Urteils interpretiert werden und finde überall dort Anwendung, wo besondere örtliche Verhältnisse eine Unterschreitung der Personengrenze erfordern. Die Bedarfsprüfung für Apotheken an sich bleibt somit erhalten. Doch die Behörden sollen nun mehr Flexibilität haben, in bestimmten Fällen Ausnahmen zuzulassen,wenn dies der Versorgung der Bevölkerung dienlich ist. 

„Die Bedarfsregelung und die dadurch resultierende flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und Gesundheitsdienstleistungen ist ein österreichisches Erfolgsmodell und hat sich seit Jahrzehnten bewährt“, erklärt Mag. pharm. Max Wellan, Präsident der Österreichischen Apothekerkammer. Ihr Fortbestand sei im Hinblick auf die gute, flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln und Gesundheitsdienstleistungen erforderlich und sinnvoll.  

Dies belegt der Österreichischen Apothekerkammer zufolge auch eine europäische Vergleichsstudie von regulierten und deregulierten Apothekensystemen (Impact of pharmacy deregulation in European countries) aus dem Jahr 2012. Sie zeige, dass es ohne Bedarfsregelung zu vermehrten Eröffnungen von neuen Apotheken an wirtschaftlich attraktiven Standorten, vor allem in Einkaufszentren, komme. Für Menschen in weniger frequentierten Wohngegenden bestehe somit die Gefahr einer schlechteren Versorgung mit Arzneimitteln und Gesundheitsdienstleistungen, betont die Apothekerkammer.  


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

EUGH

von Thomas Ochmann am 09.07.2016 um 15:36 Uhr

Felix Austria

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