Ökotest untersucht Smoothies

Green Smoothies gegen Karnevals-Grippe?

Stuttgart - 24.02.2017, 06:50 Uhr

Frisch zubereitet sind Green Smoothies gesund und vitaminreich. Und die Supermarkt-Smoothies? Viel Zucker, wenig Vitamine lautet das Fazit von Ökotest. (Foto:  Africa Studio / Fotolia)

Frisch zubereitet sind Green Smoothies gesund und vitaminreich. Und die Supermarkt-Smoothies? Viel Zucker, wenig Vitamine lautet das Fazit von Ökotest. (Foto:  Africa Studio / Fotolia)


Wie gesund sind grüne Smoothies? Pushen sie das Immunsystem – und stärken vielleicht gerade auch während der wilden Karnevals-Fastnacht-Feierei die Abwehrkräfte? Denn nicht nur Jecken tummeln sich im närrischen Treiben – auch für Viren und Bakterien ist Karneval ein nahezu paradiesisches Dating-Portal. Smoothies – vitaminreiche Immunbooster oder zuckrige Mogelpackung? Ökotest war aktiv.

Bereits Popeye schwor auf die Kraft des grünen Spinats, der ihm nahezu unbändige Kräfte zu verleihen schien. Das grüne Gemüse gibt es mittlerweile seltener in Blechdosen, sondern feiert – in wilden Mixturen mit anderen Früchten und Gemüsen – unter dem klangvollen Namen „Smoothies“ ein Comeback. Die bunten, konzentrierten Vitamincocktails lachen einen an jedem Bahnhofskiosk entgegen. Wirken die pürierten Varianten von Grünkohl, Gurke und Spinat durch ihre armeegrüne Farbe teilweise auch wenig appetitlich und einladend, scheint dies die Konsumenten nur noch mehr in deren gesundheitsfördernden Nutzen zu bestärken. Wie beim Lebertran als Kind.

So untersuchte Ökotest: Zucker, Gemüseanteil und Vitamin C

Ökotest war nicht ganz so vertrauensselig und untersuchte 20 handelsübliche Supermarkt-Smoothies. Ist das fertig gemixte Gemüse tatsächlich ein Immunbooster – oder lediglich eine zuckerhaltige Mogelpackung?

Was war den Verbraucherschützern bei ihrer Bewertung wichtig? Ökotest wählte fünf Kriterien, die über das Wohl der getesteten Produkte entschieden: ein Gemüseanteil von mindestens 20 Prozent, keine Schadstoffe, wenig Zucker, dafür umso mehr Ballaststoffe und Vitamin C. Und eine ehrliche Deklaration der Inhaltsstoffe seitens der Hersteller. Ein spartanischer Gemüsenanteil von unter 20 Prozent schuf bei Ökotest dann schon einmal nur noch eine Basis für „gut“. Bei gar unter zehn Prozent Gemüse, gibt es von Ökotest maximal Note drei.

Zuckergehalt von Smoothies: wie Cola – nur in Grün

Das Positive vorweg: Trotz der manchmal giftig-grünen Farbe, enthält keiner der untersuchten Smoothies Schadstoffe. Was allerdings den Unmut der Verbraucherschützer regte, war der Zuckergehalt einiger Mixturen: 16 der 20 getesteten Smoothies enthielten so viel  Zucker wie Cola (10,8 Gramm Zucker pro 100 ml) oder sogar mehr. Unter anderem die Smoothies von Rossmann, Edeka, Valensina, Rewe, Voelkel und der Discounter Aldi und Lidl fielen durch ihren Zuckergehalt negativ auf. Erschwerend waren Rossmann und Voelkel auch noch unehrlich bei ihren Angaben: Ihr deklarierter Gehalt beim unliebsamen Kohlenhydrat stimmte nicht mit den tatsächlich analysierten Werten von Ökotest überein. 

Klarer Verlierer beim süßen Inhaltsstoff war allerdings Rabenhorst: Ob deren „Green Power Smoothie“ die ausgelobte Power vielleicht hauptsächlich durch die 13 Gramm Zucker liefert? Am Ende reichte es für Rabenhorst in der Gesamtbewertung nur für ein „mangelhaft“. Weitere Abzüge kassierte der auch in Apotheken erhältliche Drink durch seinen spärlichen Gemüseanteil von nur fünf Prozent.

Wenig Zucker und viel Gemüse - kein Garant für „sehr gut“

Gewinner beim Zucker und Gemüse war der „Grüne Smoothie“ des Bio-Anbieters Alnatura. Ein „sehr gut“ von Ökotest für 50 Prozent Gemüse in der Gesamtzubereitung bei nur sechs bis acht Gramm des unerwünschten Kohlenhydrats in 100 ml des Smoothies. Den ersten Platz teilt sich Alnatura mit einem Nicht-Bio-Smoothie: „Sehr gut“ erhielt auch der „Saftig Smoothie“ von AMC.

Noch weniger Zucker schafften nur der „Antidote Juice Liquid Salad“ vom gleichnamigen Hersteller Antidote und dms „Bio Hipster Kräftiger Smoothie“: Lediglich vier bis sechs Gramm Zucker auf 100 ml und immerhin 41 Prozent Gemüse beim „Flüssigsalat“ – das lässt sich Antidote allerdings auch bezahlen: Für 250 ml des geballten Gemüses müssen Verbraucher 2,69 Euro berappen.

Den Gemüserekord hält das dm-Produkt mit 68,3 Prozent. Trotz dieser positiven Eigenschaften überzeugte dm die Verbraucherschützer aber nicht vollständig. Im Gesamturteil steht als Zensur „ausreichend“ – zu viel Salz im Smoothie und zu wenig Transparenz auf der Verpackung bei den deklarierten Inhaltsstoffen führten zu Punkteabzug.

Grüner = mehr Gemüse = gesünder?

Diese Formel geht so wohl nicht auf. Das fand zumindest Ökotest. Haperte es bei manchen Herstellern zwar am eigentlichen Inhaltsstoff – dem Gemüse – so fehlte es nicht an Kreativität, diesen Mangel durch grünende Zusätze wie Spirulina-Algen, Weizengrasextrakte oder Matchatee zumindest farblich zu kaschieren. 

Weiterer Vorteil: Die trendigen Inhaltsstoffe suggerieren den Verbrauchern einen zusätzlichen Nutzen für die Gesundheit. So überrascht es vielleicht nicht, dass Ökotest bei fast allen Smoothies grüne Pflanzenextrakte zugesetzt fand. Alnatura, Valensina, Antidote, Berioo und Wholess verzichten auf das Zusatzgrün. Berioo verzichtet allerdings auch auf jegliche Angaben zum Gemüseinhalt – offensichtlich auch auf Vitamin C und Ballaststoffe. Gemeinsam mit Rewes „To go Smoothie“ bildet er das wenig leuchtende Schlusslicht: „ungenügend“.

Fünf Stück Obst und Gemüse oder ein Smoothie?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät zu 250 Gramm Obst und 400 Gramm Gemüse täglich. Packe ich diese Menge zuhause in einen Mixer, so entspricht dieser Smoothie natürlich in der Zusammensetzung den einzelnen Bestandteilen. Das bestätigt auch Professor Bernhard Watzl vom Institut für Physiologie und Biochemie der Ernährung vom Max-Planck-Institut Karlsruhe. Allerdings könnten kommerzielle Smoothies nur eine der fünf empfohlenen Portionen ersetzen.

Entsprechend ging Ökotest mit werbenden Aussagen der Hersteller, die „Produkte seien so hochwertig wie ein frisch zubereiteter Smoothie“ hart ins Gericht. Ganz im Sinne des Verbraucherschutzes bewerteten die Tester irreleitende Aussagen „mit bis zu 3 Kilo gepresstem Grünzeug pro Flasche“ kritisch. So bewarb beispielsweise Antidot seinen „Liquid Salad“. Entspräche dies der Wahrheit, müsste ja folglich ein kommerziell hergestellter Smoothie mengenmäßig eben die Inhaltsstoffe enthalten, die sich durch Addition der einzelnen Bestandteile ergeben. Tatsächlich war es aber so, dass Ökotest meist nur einen Bruchteil der Ballaststoffe und des Vitamin C in den dann wohl doch nicht so vitaminreichen Mixgetränken fand.

Fehlanzeige bei Vitamin C und Ballaststoffen in Smoothies

Enttäuschendes lieferten die Analysen bei Vitamin C in den bunten Mixturen: Will man mit Vitamin C sein Immunsystem unterstützen, so sollten sich die Konsumenten nicht unbedingt für die Smoothies von Rewe, Aldi, Lidl, Wholess und Voelkel („Gutes Tun Grüner Smoothie“) entscheiden. „Nicht nachweisbar“ lautet das Ergebnis der Ascorbinsäure-Analyse. Übrigens: Auch der Testsieger Alnatura glänzt hier lediglich mit niedrigen Werten des Vitamins und enthält unter 10 mg pro 100 ml. Zum Vergleich: Ein Apfel enthält mit 18 Gramm Ascorbinsäure rund die doppelte Menge. Offensichtlich wird das empfindliche Vitamin während der Herstellung, durch Pasteurisieren und durch Lagerung teilweise zerstört. 

Nicht viel besser ist es um den Gehalt bei Ballaststoffen bestellt. Die Kategorie beginnt bereits verhalten mit „vergleichsweise hoch“ beim „Grünen Smoothie“ von Proviant, ansonsten „niedrig“ bis „sehr niedrig“ (Rossmann, Voelkel) oder „nicht nachweisbar“ beim Verlierer Wholess für dessen „Harvest Moon Green Juice“. Wo aber landen die Ballaststoffe. Ökotest erklärt: „Es wird deutlich, dass die industrielle Herstellung auch an diesen Zutaten nicht spurlos vorübergeht. Denn oft bleiben nur die feineren Faserstoffe, die sich gut zerkleinern lassen, erhalten“.

Insgesamt schafften die Smoothies von Edeka („Deli Green“), Lidls „Solevita Green Smoothie“, „Valensina Go Green“ und der „Liquid Juice“ von Antidote eine Zweitplatzierung. 

Smoothies: gesund oder ungesund?

Sonderlich erstaunen dürften die Ergebnisse der Verbraucherschützer nicht. Smoothies versorgen den Körper vor allem mit Kalorien, weniger mit sättigenden Ballaststoffen und gesunden Vitaminen. Energetisch schlagen insbesondere Zubereitungen mit kohlenhydratreichen Obstsorten wie Banane, Ananas, Trauben oder Mango zu Buche. Diese werden als süßende Geschmackskorrigenzien zugesetzt. Im Übrigen auch ein Kritikpunkt, den Ökotest unter „irreführend“ einstuft: „Beschreibungen wie „mit Gurke und Weizengras“ oder „Acai + Spinat Grünkohl“ sind wenig verbraucherfreundlich, wenn der Smoothie tatsächlich überwiegend aus Apfel und Banane besteht“, heißt es im Testergebnis. Lebt jemand nun in völliger Obst- und Gemüsekarenz, ist ein Smoothie vielleicht noch besser als nichts ...?!

Fazit: Smoothies sind kein Zaubertrank, der vermag, eine stiefmütterlich vernachlässigte gesunde, vitaminreiche Ernährung – schnell, praktisch, im Vorbeigehen am Bahnhofskiosk – adäquat zu kompensieren. Also auch beim Karneval boostet ein zusätzlicher Smoothie das Immunsystem nicht. Ob die sämigen Mixgetränke mit Spirulina und Matetee in der Lage sind, übermäßigen Alkoholkonsum zu detoxifizieren – ist auch eher fraglich. Vielleicht als Alternative zu Kölsch & Co.? Funktioniert bestimmt – Daten zur Akzeptanz und Adhärenz bei den Jecken gibt es allerdings bislang nicht.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Kauen macht Sinn

von Reinhild Berger am 24.02.2017 um 12:33 Uhr

Es macht durchaus Sinn, Obst und Gemüse NICHT flüssig "durchlaufen" zu lassen, sondern herkömmlich zu kauen. Denn unser Körper ist so eingerichtet, dass der Verdauungsprozess bereits in der Mundhöhle beginnt. Wird diese Phase einfach ausgelassen bzw. beginnt die Verdauung erst im Dünndarm, kann es bei empfindlichen Menschen zu unangenehmem Bauchgrummeln kommen. Dann wird gejammert über die so böse Fructose und deren Unverträglichkeit, über blähenden Ballast usw. Daran sollte man bei aller Euphorie für die ach so bequeme Darreichungsform "Smoothie" auch denken.

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Ascorbinsäure...

von Ben am 24.02.2017 um 9:22 Uhr

Ok, wir haben es verstanden, frisch gut, Flasche böse...aber übertreiben muss man es deswegen ja auch nicht oder?
" Ein Apfel enthält mit 18 Gramm Ascorbinsäure rund die doppelte Menge. "
Hatte heute morgen zwei Äpfel... besteht da jetzt Vergiftungsgefahr?

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