BMG leitet Ressortabstimmung ein

Gröhe will beim Rx-Versandverbot nicht länger warten

Berlin - 17.02.2017, 20:10 Uhr

Der nächste Schritt ist getan: Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) will weiterhin die Apotheken vor einem zu großen Einfluss des Versandhandels schützen und leitet die Ressortabstimmung zum Rx-Versandverbot ein. (Foto: dpa)

Der nächste Schritt ist getan: Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) will weiterhin die Apotheken vor einem zu großen Einfluss des Versandhandels schützen und leitet die Ressortabstimmung zum Rx-Versandverbot ein. (Foto: dpa)


Das Bundesgesundheitsministerium lässt sich von der Kritik der SPD nicht unterkriegen und hat am heutigen Freitag die Ressortabstimmung des Rx-Versandverbotes eingeleitet. Zuletzt hatte das SPD-geführte Bundeswirtschaftsministerium protestiert. Im neuen Entwurf, der DAZ.online vorliegt, warnt das Ressort von Hermann Gröhe davor, dass bei einem weiteren Zuwarten für die Versorgung wichtige Apotheken schließen könnten.

Das vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) geplante Rx-Versandverbot war zuletzt ins Stocken geraten: Das Ministerium hatte das umstrittene Vorhaben zur Vorabstimmung an die anderen Ministerien geschickt. Insbesondere das von der SPD-Politikerin Brigitte Zypries geleitete Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) hatte mehrfach Widerspruch eingelegt.

Offiziell wollte das BMWi nicht kommentieren, warum das Haus dem Verbot nicht zustimmen wollte. Dem Vernehmen nach hatten Zypries und ihr Vorgänger Sigmar Gabriel aber insbesondere verfassungs- und europarechtliche Bedenken. Und: Die Wirtschaftsminister sollen vom BMG verlangt haben, dass in der Begründung besser klargestellt werde, dass das Verbot auch wirklich die einzige praktikable Lösung sei – so wie es im Referentenentwurf behauptet wird.

BMG warnt vor sinkender Apothekenzahl

Das Ministerium von Hermann Gröhe hat den Entwurf nun zum zweiten Mal nachgebessert. Die Änderungen sind marginal, machen aber deutlich, wie viel Gröhe an dem Verbot gelegen ist. Zwar hatte das BMG schon im letzten Entwurf davor gewarnt, dass die Apothekenzahl bei zunehmenden Marktanteilen des Versandhandels weiter zurückgehen könnte.

In der neuen Version stellt das Ministerium aber zusätzlich klar, dass es das Rx-Versandverbot nicht mehr länger aufschieben und auch kein Verbot auf Zeit haben will. Wörtlich heißt es: „Ein weiteres Zuwarten ist im Hinblick auf den weiter rückläufigen Trend der Apothekenzahlen nicht angezeigt. Insoweit kann nicht davon ausgegangen werden, dass mit einem befristeten Verbot gleich wirksam die verfolgten Ziele erreicht werden könnten.“

Außerdem enthält der neue Entwurf einen neuen Begründungsteil, in dem auf das Urteil des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe in Sachen Rx-Boni verwiesen wird. Das BMG stellt nochmals klar, dass der Gemeinsame Senat die Geltung des Preisrechts auch für ausländische Versandapotheken bestätigt hatte – und zwar schon vor der gesetzlichen Klarstellung im Jahr 2012, als der Gesetzgeber im Arzneimittelgesetz ausdrücklich festgelegt hatte, dass die Rx-Preisbindung auch für DocMorris und Co. gilt.

Keine Maximal-Distanz für Apotheken-Botendienst

Die SPD-Bundestagsfraktion hatte auch die im Referentenentwurf vorgesehenen Regelungen zum Botendienst kritisiert. Mit dem eventuellen Wegfall des Rx-Versandes wollte das BMG die Gelegenheit nutzen, den Botendienst der Apotheken gesetzlich zu präzisieren. Im Entwurf sind daher erstmals genaue Vorgaben zur Auslieferung der Arzneimittel gemacht. Mit Bezug auf die erlaubte Auslieferungs-Distanz hatte die SPD jedoch hinterfragt, wo der Botendienst aufhöre und der Rx-Versand beginne.

Das Gesundheitsministerium weigert sich allerdings auch im neuen Entwurf eine konkrete Entfernung als maximale Distanz für den Botendienst festzulegen. Die Begründung: „Aufgrund der unterschiedlichen regionalen Verteilung der Apotheken können zum Einzugsbereich der Apotheken keine starren Vorgaben gemacht werden.“

Mit dieser Version des Rx-Versandverbotes leitet Gröhe nun die Ressortabstimmung ein. Konkret bedeutet das, dass die anderen Ministerien nun auch offiziell vier Wochen Zeit bekommen, um sich zu dem Gesetz zu äußern. Erst wenn die anderen Ressorts dem Vorhaben zustimmen, kann der Entwurf ins Bundeskabinett wandern, um dort beschlossen zu werden. Dass das Wirtschaftsministerium diese Möglichkeit nutzt, um das Vorhaben erneut zu hinterfragen, ist Beobachtern zufolge sehr wahrscheinlich.

Wann das BMG das Notifizierungsverfahren auf EU-Ebene einleitet, ist immer noch unklar. Eine Ministeriumssprecherin erklärte gegenüber DAZ.online, dass das Verfahren noch nicht eingeleitet worden sei. Zur Erklärung: Im Rahmen des Notifizierungsverfahrens erhalten alle anderen EU-Mitglieder sowie die EU-Kommission die Möglichkeit, zum Rx-Versandverbot Stellung zu nehmen. Das würde den Zeitpunkt, zu dem das Verbot hierzulande in Kraft treten kann, verzögern.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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„Handelsblatt“ beerdigt das Rx-Versandverbot

2 Kommentare

Tempo gegen rot-grüne Fußkranke und Verzögerer.

von Christian Timme am 18.02.2017 um 17:31 Uhr

Die richtige Antwort auf die rot-grüne Verzögerungstaktik und ein weiterer Schritt zur Finalisierung des endgültigen RXVV.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Tempo gegen rot-grüne Fußkranke und

von Hans Gans am 22.02.2017 um 7:13 Uhr

Und wieder sind die Lobbyisten am Werk.
Von wegen freier Handel.
Wer CDU wählt, soll sich später nicht wundern.

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