Ambulante Kinderhospize

Für ein paar Stunden raus aus dem Hamsterrad

Recklinghausen - 09.02.2017, 15:00 Uhr

Sandra Westhoff, die Koordinatorin des ambulanten Kinderhospizdienstes im Kreis Recklinghausen (r), spricht mit Luca und dessen Eltern Stephan Schmidt (l) und Viola Huep-Schmidt. (Foto: dpa)

Sandra Westhoff, die Koordinatorin des ambulanten Kinderhospizdienstes im Kreis Recklinghausen (r), spricht mit Luca und dessen Eltern Stephan Schmidt (l) und Viola Huep-Schmidt. (Foto: dpa)


Die Kritik an dieser Entscheidung hat sich aber gewandelt. Nach dem Tod eines Kindes in der ersten Familie, die sie begleitet hat, kam sie zu Luca. Zu dieser Familie ist eine Freundschaft entstanden. Auch ihr Mann unterstütze sie jetzt in ihrem Ehrenamt. Die Scheu vor dem Thema Tod habe er abgelegt.

Dabei sind die ambulanten und stationären Kinderhospize nur auf den ersten Blick Sterbegleiter. „Da müssen wir viel Aufklärungsarbeit leisten“, sagt Sandra Westhoff (43). Die gelernte Kinderkrankenschwester ist die Koordinatorin des Dienstes, zieht im Hintergrund die Fäden, kümmert sich um Schulungen, um Spendengelder und schaut, welche der 25 Familien mit 28 Kindern passt zu welchem der 40 Ehrenamtlichen? In ersten Gesprächen klärt Westhoff, welchen Bedarf die Eltern haben.

Bei Luca und Gabi Grütering stimmte das Verhältnis von Anfang an. „Er hat ein gutes Gespür für Menschen“, erzählt Grütering über Luca. Eine Nachbarin habe er einmal gebissen, als diese zu aufdringlich wurde. „Auf mich hat er sofort positiv reagiert.“ Zuvor hatte sie ein Jahr Auszeit vom Ehrenamt nötig. Das Kind in ihrer ersten Familie war gestorben. „Da brauchte ich Abstand“, sagte Grütering heute. Sie kümmerte sich vorübergehend mehr um die Büroarbeit im Verein.

Neben der zeitlichen Entlastung für die Eltern von Luca sind die Themen Tod und Trauer immer wieder Gesprächspunkte. Sie haben bereits ein Kind durch den plötzlichen Kindstod verloren. Deshalb sei es für sie so befreiend, wenn sie mit Gabi Grütering immer wieder auch über den Tod reden können. Das gehe nicht mit jedem. „Die Leute wissen ja nicht, wie sie damit umgehen sollen. Tod, Trauer, Behinderung eines Kindes - alles Hemmschwellen“, sagt Stephan Schmidt.

Westhoff hatte im Krankenhaus bereits mit sterbenden Kindern zu tun. „Dort kam aber das Zwischenmenschliche zu kurz. Ich habe mich deshalb bewusst gegen das Schichtsystem auf der Station entschieden“, sagt die Koordinatorin. Die Mutter von zwei Kindern (7 und 10) empfindet ihre heutige Arbeit als befriedigender. Abendtermine oder Veranstaltungen am Wochenende nimmt sie dafür in Kauf. „Und die Arbeit erdet enorm. Wenn meine Kinder mich nerven, sehe ich das heute gelassener“, sagt Westhoff. Den Kontakt zum Krankenhaus hat sie nicht ganz gekappt. Drei Dienste im Monat übernimmt sie noch regelmäßig.

Neben der Seelsorge, Sterbe- und Trauerbegleitung spielt die Entlastung der betroffenen Eltern durch die Kinderhospizarbeit eine wesentliche Rolle. Lucas Mutter: „Keiner kann so richtig nachvollziehen, was diese drei Stunden Entlastung in der Woche für uns bedeuten.“



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