Meldonium, Kokain und Nandrolon 

Die Dopingmittel der Tennisstars

Stuttgart - 05.10.2016, 09:00 Uhr

Maria Scharapowa 2015 beim Match gegen Wozniacki bei den  Mutua Madrid Open  (Foto: Geisler-Fotopress / Picture alliance)

Maria Scharapowa 2015 beim Match gegen Wozniacki bei den Mutua Madrid Open (Foto: Geisler-Fotopress / Picture alliance)


Der Klassiker Nandrolon

Eine weitere Substanz, die im Spitzentennis schon für Dopingsperren sorgte, ist Nandrolon. Der Tscheche Petr Korda (1998) wurde in Wimbledon positiv getestet. Seine Sperre betrug ein Jahr. Beim Briten Greg Rusedski wurde 2004 Nandrolon zwar nachgewiesen, er wurde aber freigesprochen. Er soll die Substanz über verunreinigte Lebensmittel aufgenommen haben, lautete die Begründung.

Bei Nandrolon handelt es sich um ein anaboles Steroid. Es ist strukturell verwandt mit dem männlichen Sexualhormon Testosteron. Die anabole Wirkung ist jedoch deutlich ausgeprägter als beim Testosteron, dafür hat es weniger androgene Wirkung.

Medizinisch wird es in Form eines Esters (Nandrolondecanoat) eingesetzt, zum Beispiel bei Osteoporose oder um dem körperlichen Verfall bei AIDS entgegenzuwirken. Der Ester wird in den Muskel injiziert. Er diffundiert von dort langsam ins Blut, bildet also ein Depot. Die lange Wirksamkeit der Depotpräparate – therapeutisch ein Vorteil – führt dazu, dass Nandrolon sehr lange nachweisbar ist. Deswegen werden sie im Leistungssport kaum noch eingesetzt, erfreuen sich aber im nichtkontrollierten Fitnessbereich einiger Beliebtheit. Es existiert ein entsprechender Schwarzmarkt. 

Nandrolon-Vorstufen als NEM

Orale Formulierungen werden schneller ausgeschieden. Nandrolon selbst ist aber wegen des hohen First-pass-Effektes nicht effektiv. Oralia gibt es daher nicht. Aber sogenannte Prohormone von Nandrolon wie 4-Norandrostendion, 4-Norandrostendiol und 5-Norandrostendiol (sog.19-Norsteroide) werden teilweise als Nahrungsergänzungsmittel (NEM) vertrieben. In Deutschland gelten die Prohormone als nicht zugelassene Arzneimittel und sind daher nicht verkehrsfähig.

Offensichtlich finden sich auch immer wieder Verunreinigungen mit Nandrolon-Vorstufen in Nahrungsergänzungsmitteln. Hier reichen bereits kleinste Mengen für einen positiven Befund aus. Da der Körper auch selbst Nandrolon produziert, dessen Abbauprodukte ebenfalls im Urin nachweisbar sind, gibt es einen Grenzwert.

Die Liste der Nandrolon-Doping-Sünder ist lang und zieht sich durch viele Sportarten. Hier einige Beispiele: Witali Klitschko (Boxen), Laurant Desbiens (Radsport), Merlene Ottey, Linford Christie und Dieter Baumann (Leichtathletik). 

Appetitzügler Sibutramin seit 2006 verboten

Bei der Tschechin Barbora Strycova wurde 2012 der Appetitzügler Sibutramin nachgewiesen. Sibutramin-haltige Arzneimittel, in Deutschland vertrieben unter dem Namen Reductil, wurden aufgrund starker Nebenwirkungen vom Markt genommen. Das oral verabreichte indirekte Sympathomimetikum hemmt die Wiederaufnahme der Neurotransmitter Noradrenalin und Serotonin. Die erhöhte Konzentration im synaptischen Spalt führt zu einer erhöhten Stimulation der Adrenozeptoren. Das mindert den Appetit. Sibutramin wird seit 2006 von der WADA auf der Liste der verbotenen Substanzen geführt. Das Stimulanz hat Amphetamin-artige Wirkung, also ein klassisches Aufputschmittel. 

„Scharapowa hat nicht bewusst Regeln verletzt"

Maria Scharapowa darf laut der Deutschen Presseagentur (dpa) übrigens vom 26. April 2017 an wieder antreten – ein dreiviertel Jahr früher als gedacht. Der CAS begründete sein Urteil damit, dass die Russin keinen „signifikanten Fehler“  begangen habe. Daher halte man eine Sperre von 15 Monaten für angemessen.  Auch der Tennisweltverband ITF hatte zuvor eingeräumt, dass Scharapowa nicht bewusst Regeln verletzt habe. Sie trage aber die Verantwortung für die Missachtung, heißt es bei der dpa. Das maximale Strafmaß von vier Jahren hatte der Verband daher aber nicht angewendet.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.