Masern

Studie belegt erhebliche Impflücken

Berlin - 17.07.2013, 18:00 Uhr


Nur jedes dritte Kleinkind wird in Deutschland entsprechend den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission gegen Masern geimpft. Das geht aus einer Studie des „Versorgungsatlas“ hervor, für die Daten von 550.125 Kindern ausgewertet wurden. Danach gibt es erhebliche Impflücken in vielen Regionen – insbesondere in den Metropolen und im Süden. Die Wissenschaftler warnen vor „fatalen Folgen“.

Die Weltgesundheitsorganisation hat sich auf die Fahne geschrieben, die Masern auszurotten. Dafür sind weltweit Impfquoten von über 95 Prozent nötig. Deutschland ist insoweit kein gutes Vorbild: Der Studie zufolge werden hierzulande nur 37 Prozent aller Kleinkinder entsprechend den STIKO-Empfehlungen zeitgerecht und zweifach vor ihrem zweiten Geburtstag gegen Masern geimpft. Zwar gibt es Regionen, in denen die erforderliche Ziel-Quote zumindest bei der ersten Impfung  nahezu erreicht wird, etwa im rheinland-pfälzischen Zweibrücken (94,8 Prozent). Bei der Zweitimpfung fehlen solche Traum-Quoten jedoch in ganz Deutschland.

Am unteren Ende der Quoten-Skalen drängeln sich wiederum vergleichsweise viele Städte und Landkreise, besonders in Bayern, Baden-Württemberg, Berlin und Bremen. Da die Quoten der meisten bayerischen Landkreise und kreisfreien Städte deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegen, ist der Freistaat Schlusslicht auf Länderebene – daran können auch respektable Werte in einigen Landkreisen nichts ändern. „Impflücken bei Kleinkindern können beispielsweise in Kindertagesstätten fatale Folgen haben, wenn die Infektion bei einem lokalen Masernausbruch eingeschleppt wird“, warnt die Leiterin des Versorgungsatlas, Dr. Sandra Mangiapane.

Die Studie veranschaulicht laut Studienautorin Maike Schulz, dass der Impfschutz gegen Masern manchenorts entweder nicht ernst genug genommen wird, oder sich verunsicherte Eltern aufgrund fehlender oder falscher Informationen über Nutzen und Risiken der Impfung gegen die Immunisierung entscheiden oder sie hinausschieben. Die Impfmüdigkeit oder Impfskepsis ist danach gerade bei Familien mit hohem sozioökonomischem Status besonders ausgeprägt. Doch diese Faktoren können die Unterschiede nur teilweise erklären, meint Mangiapane. Der Einfluss regional unterschiedlich stark vertretener impfkritischer Ärzte, Heilpraktiker und Homöopathen wirke sich vermutlich ebenfalls aus.

Für die Studie wurden die pseudonymisierten Abrechnungsdaten aus Arztpraxen von insgesamt 550.125 Kindern ausgewertet, die im Jahr 2008 geboren wurden und in den Jahren 2008 oder 2009 eine Früherkennungsuntersuchung U4 hatten – das sind 81 Prozent des Geburtsjahrgangs 2008. Entscheidend für die Analyse waren die STIKO-Empfehlungen, nach denen die erste Impfung frühestens ab dem 9. Lebensmonat bzw. in einem Zeitfenster zwischen dem 11. und 14. Lebensmonat und die zweite Impfung zwischen dem 15. und 23. Monat erfolgen soll.


Juliane Ziegler