Skandal um importierte HIV-Arzneimittel

DAV-Chef Becker: Apotheken fordern Konsequenzen

Berlin - 25.02.2011, 12:33 Uhr


In den aktuellen Ermittlungen zu illegalen Arzneimittelimporten durch Pharmagroßhändler fordert der Deutsche Apothekerverband (DAV) umgehende Konsequenzen. „Alle Pharmagroßhändler müssen sich an die sicheren und jederzeit nachvollziehbaren Lieferwege halten", sagt DAV-Chef Fritz Becker.

Problematisch für deutsche Apotheken sei die gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe einer bestimmten Quote von Import-Arzneimitteln, heißt es in der DAV-Erklärung weiter. Diese Regulierung hätten Pharmahändler ausgenutzt und auf Kosten von Versicherten und Apotheken illegale Geschäfte gemacht.

Fritz Becker: „Die Irrwege von Arzneimitteln müssen ein Ende haben. Wir Apotheker müssen uns darauf verlassen können, dass die von Großhändlern gelieferten Arzneimittel immer aus der sichersten Quelle kommen und der Weg jederzeit nachvollziehbar ist." Die Authentifizierung von Arzneimitteln, erst in der vergangenen Woche vom EU-Parlament verabschiedet, ist nach Auffassung des DAV ein guter Weg, um skrupellosen Pharmahändlern endlich das Handwerk zu legen. Becker: „Wir werden alles daran setzen, durch noch schärfere Dokumentationen solchen Geschäften von Pharmahändlern das Handwerk zu legen.“

Empört zeigte sich Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) über den Skandal mit Aidsmedikamanten. Rösler finde es verwerflich, dass offensichtlich Geschäfte auf dem Rücken der Ärmsten gemacht wurden, hieß es in seinem Umfeld. Aus dem Gesundheitsministerium verlautete, nun müssten die Ermittlungen in dem Fall abgewartet werden. Auf Basis der Ergebnisse müsse geprüft werden, ob es Regelungslücken gibt, die geschlossen werden müssen.

Die Ermittlungen zu einem möglichen Betrug mit HIV-Medikamenten ziehen sich voraussichtlich noch Monate hin. Ein Ende sei derzeit nicht absehbar, es müssten sehr viele Unterlagen bearbeitet werden, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Albrecht in Trier. Wegen mutmaßlichen Betrugs mit HIV-Medikamenten ermittelt die Staatsanwaltschaft unter anderem gegen eine Importfirma in der Vulkaneifel. Fünf Gesellschafter und Geschäftsführer sollen unter anderem subventionierte HIV-Medikamente für Afrika umverpackt und zu einem höheren Preis in Deutschland verkauft haben.

Nach den Worten von Albrecht handelt es sich derzeit noch um einen Anfangsverdacht. Ermittlungen zum Betrug mit HIV-Medikamenten laufen nach Auskunft des Bundeskriminalamts (BKA) gegen mehrere Pharmagroßhändler. Die Staatsanwaltschaft Trier war bei dem Händler in der Eifel auf verdächtige Chargennummern bei Medikamenten gestoßen, als sie wegen betrügerischen Handels mit Krebsarznei ermittelte. Bei diesen Recherchen lägen schon erheblich mehr Informationen vor als beim HIV-Komplex, etwa über die Vertriebswege, sagte Albrecht.

Die Staatsanwaltschaft Flensburg ermittelt gegen den Geschäftsführer eines Pharmahändlers auf der Insel Sylt sowie seinen Mitarbeiter. Sechs Millionen Euro Umsatz sollen die Beschuldigten mit dem Geschäft gemacht haben. Die Staatsanwaltschaft Lübeck ermittelt nach eigenen Angaben gegen die Geschäftsführer eines Pharmagroßhändlers aus Trittau in Schleswig-Holstein. Der Reimporteur Emra/MPA wies unterdessen den Verdacht der Manipulation zurück: „Wir sind allerdings nicht an diesen Vorgängen beteiligt, die wir nur aus der Presse kennen“, heißt es in einer Erklärung der Firma aus Trittau bei Hamburg.


Lothar Klein