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DAV-Chef Becker: Apotheken fordern Konsequenzen

BERLIN (lk). Berichte über staatsanwaltschaftliche Ermittlungen zu illegalen Arzneimittelimporten haben die Arzneimittelbranche wieder in ein schlechtes Licht gesetzt. Für Afrika bestimmte HIV-Medikamente sollen auf dunklen Wegen in deutsche Apotheken gelangt sein. Weil die HIV-Arzneimittel offenbar mit EU-Geldern subventioniert wurden, war der Profit für die Zwischenhändler besonders hoch.
Noch schärfere Dokumentationen So sollen die Apotheker laut DAV-Chef Fritz Becker dazu beitragen, Skandale wie den illegalen Import von für Afrika bestimmten HIV-Arzneimitteln nach Deutschland zu verhindern. Foto: LAV Baden-Württemberg e.V.

Nach bisher bekannt gewordenen Informationen waren Apotheken zwar nicht beteiligt. Trotzdem tauchen Apotheken vor allem in der TV-Berichterstattung immer wieder im Bild auf. Um Imageschaden abzuwenden, forderte der Deutsche Apothekerverband (DAV) umgehende Konsequenzen. "Alle Pharmagroßhändler müssen sich an die sicheren und jederzeit nachvollziehbaren Lieferwege halten. Es darf keine Schnäppchengeschäfte zugunsten der Gewinnoptimierung von Pharmahändlern und zulasten von Patienten und Apotheken geben", sagte Fritz Becker, Vorsitzender des DAV.

Quote von Import-Arzneimitteln problematisch

Problematisch für deutsche Apotheken sei die gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe einer bestimmten Quote von Import-Arzneimitteln, heißt es in der DAV-Erklärung weiter. Diese Regulierung hätten Pharmahändler ausgenutzt und auf Kosten von Versicherten und Apotheken illegale Geschäfte gemacht. Fritz Becker: "Die Irrwege von Arzneimitteln müssen ein Ende haben. Wir Apotheker müssen uns darauf verlassen können, dass die von Großhändlern gelieferten Arzneimittel immer aus der sichersten Quelle kommen und der Weg jederzeit nachvollziehbar ist." Die Authentifizierung von Arzneimitteln, erst in der vergangenen Woche vom EU-Parlament verabschiedet, ist nach Auffassung des DAV ein guter Weg, um skrupellosen Pharmahändlern endlich das Handwerk zu legen. Becker: "Wir werden alles daran setzen, durch noch schärfere Dokumentationen solchen Geschäften von Pharmahändlern das Handwerk zu legen."

Empörung im BMG

Empört zeigte sich Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) über den Skandal mit Aidsmedikamenten. Rösler finde es verwerflich, dass offensichtlich Geschäfte auf dem Rücken der Ärmsten gemacht wurden, hieß es in seinem Umfeld. Aus dem Gesundheitsministerium verlautete, nun müssten die Ermittlungen in dem Fall abgewartet werden. Auf Basis der Ergebnisse müsse geprüft werden, ob es Regelungslücken gibt, die geschlossen werden müssen.

VAD verteidigt Importsystem

In einer Erklärung verteidigte der Verband der Arzneimittelimporteure (VAD) das Importsystem für Arzneimittel gegen Verdächtigungen, ursächlich für die illegalen HIV-Arzneimittellieferungen zu sein. Vielmehr gebe es zwischen den Arzneimittelmärkten in Europa und Afrika ein zu großes Preisgefälle. "Mit dem legalen und politisch gewollten Handel mit Arzneimitteln innerhalb der EU hat der aufgedeckte Skandal jedoch nichts zu tun, obwohl interessierte Kreise immer wieder in unlauterer Weise versuchen, hier eine Verbindung herzustellen", heißt es in einer Stellungnahme des VAD. In den Ermittlungen gehe es zudem nicht um gefälschte Medikamente, sondern um deren Packungen. Die Sicherheit der Patienten sei nie gefährdet gewesen. Auch Apotheken hätten durch den illegalen Handel keinen Schaden erlitten.

Langwierige Ermittlungsarbeiten

Die Ermittlungen zu einem möglichen Betrug mit HIV-Medikamenten ziehen sich voraussichtlich noch Monate hin. Ein Ende sei derzeit nicht absehbar, es müssten sehr viele Unterlagen bearbeitet werden, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Albrecht in Trier. Wegen mutmaßlichen Betrugs mit HIV-Medikamenten ermittelt die Staatsanwaltschaft unter anderem gegen eine Importfirma in der Vulkaneifel. Fünf Gesellschafter und Geschäftsführer sollen unter anderem subventionierte HIV-Medikamente für Afrika umverpackt und zu einem höheren Preis in Deutschland verkauft haben.

Nach den Worten von Albrecht handelt es sich derzeit noch um einen Anfangsverdacht. Ermittlungen zum Betrug mit HIV-Medikamenten laufen nach Auskunft des Bundeskriminalamts (BKA) gegen mehrere Pharmagroßhändler. Die Staatsanwaltschaft Trier war bei dem Händler in der Eifel auf verdächtige Chargennummern bei Medikamenten gestoßen, als sie wegen betrügerischen Handels mit Krebsarznei ermittelte. Bei diesen Recherchen lägen schon erheblich mehr Informationen vor als beim HIV-Komplex, etwa über die Vertriebswege, sagte Albrecht.

Die Staatsanwaltschaft Flensburg ermittelt gegen den Geschäftsführer eines Pharmahändlers auf der Insel Sylt sowie seinen Mitarbeiter. Sechs Millionen Euro Umsatz sollen die Beschuldigten mit dem Geschäft gemacht haben. Die Staatsanwaltschaft Lübeck ermittelt nach eigenen Angaben gegen die Geschäftsführer eines Pharmagroßhändlers aus Trittau in Schleswig-Holstein. Der dort ansässige Reimporteur Emra/MPA wies unterdessen den Verdacht der Manipulation zurück: "Wir sind allerdings nicht an diesen Vorgängen beteiligt, die wir nur aus der Presse kennen", heißt es in einer Erklärung der Firma aus Trittau bei Hamburg.



DAZ 2011, Nr. 9, S. 17

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