Als Apotheker im Ausland

Auf zu neuen Ufern

Wenn syrische Apotheker hier arbeiten möchten

Die anhaltende In­stabilität in Syrien wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus. Acht Jahre Krieg, Terrorismus und Sanktionen ­haben das Bildungssystem negativ beeinflusst. Unerwartet und aus bisher ungeklärten Gründen hat die Zahl der Pharmaziestudierenden und -absolventen in Syrien in den letzten zehn Jahren merklich zugenommen. | Von Samer Haidar und Matthias Lehr

Die privaten Fakultäten nutzen das Credite-hour-System und unterrichten auf Englisch, während alle staatlichen Fakultäten ein traditionelles fünfjähriges Programm mit Arabisch als Unterrichtssprache verfolgen. Vor Kurzem hat das syrische Hochschulministerium eine zentrale theoretische Prüfung als Qualitätskontrolle der Ausbildungsgänge für alle Absolventen der Pharmazie entwickelt. Mehr als 3000 Absolventen aus sieben staatlichen und neun privaten Universitäten sowie zehn Absolventen aus anderen Ländern nahmen im Oktober 2019 an der zentralen Prüfung teil. Die Erfolgsquote war hoch. Trotz ungenauer Statistiken findet sich die wachsende Zahl an Absolventen anschließend nicht auf dem syrischen Arbeitsmarkt wieder, wie in anderen Industrieländern. Dies könnte damit erklärt werden, dass ein Teil der Absolventen arbeitslos ist oder höchstwahrscheinlich auf der Suche nach besseren Arbeitschancen auswandert. Europa und insbesondere Deutschland sind neben Kanada, den Golfstaaten und Malaysia zu einem attraktiven Reiseziel für syrische Apothekerinnen und Apotheker geworden. Während einige von ihnen in Deutschland im Rahmen von Diplom-, Master- oder Doktorarbeiten forschen, suchen andere Arbeit in öffentlichen Apotheken.

Wenn syrische Apotheker hier arbeiten möchten – Ist die Ausbildung vergleichbar mit der in Deutschland? Weiterlesen in DAZ 2016, Nr. 32, S. 22

Vor einigen Jahren haben wir in der DAZ einen detaillierten Vergleich der Apothekerausbildungen in Deutschland und Syrien veröffentlicht. Der Vergleich beider universitären Lehrpläne zeigte, dass sich die syrischen Pharmaziestudierenden mit den gleichen Lehrinhalten beschäftigen wie die deutschen. Deshalb sollten mit einem Pharmaziestudium in Syrien alle erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erlangt werden können, die es ermöglichen, als Pharmazeut in Deutschland zu arbeiten. Für die Tätigkeit in einer Apotheke fehlen allerdings Kenntnisse des deutschen Arzneimittel-, Betäubungsmittel-, Gefahrstoff- und Apothekenrechts, der in Deutschland üblichen Wege zur Beschaffung, Dokumentation, Auswertung, Bewertung und Weitergabe von Informationen über Arzneimittel und Medizinprodukte, der in Deutschland verwendeten Terminologie ärztlicher Verschreibungen sowie insbesondere der deutschen Arzneispezialitäten. Aus diesem Grund ist es notwendig, dass die syrischen Apotheker vor Erteilung der deutschen Approbation ein Ausbildungsjahr in einer Apotheke absolvieren, in der Weise, wie sie in der Approbationsordnung vorgeschrieben wird. Zusätzlich ist es zu empfehlen, an den begleitenden Unterrichtsveranstaltungen teilzunehmen. Danach müssen die syrischen Apotheker die Gleichwertigkeitsprüfung bzw. eine entsprechende Kenntnisstandsprüfung ablegen, als Nachweis, dass sie über ausreichendes Wissen in klinischer Pharmazie verfügen. Außerdem müssen die syrischen ­Apotheker natürlich die deutsche Sprache sehr gut beherrschen. Dies ist wichtig, um die Kenntnisse der in Deutschland üblichen pharmazeutischen Praxis sowie der speziellen Rechtsgebiete, die für den Beruf des Apothekers in Deutschland relevant sind, zu besitzen. Bei syrischen Apothekern, deren Ausbildung länger zurückliegt, fehlen unter Umständen auch Kenntnisse für die Beratungsgespräche und die Rezepturherstellung. Außerdem sollten sie sich kompetent an die Ärzte wenden können und in der Lage sein, professionelle Diskussionen zu führen, um Neben- bzw. Wechselwirkungen rechtzeitig erkennen und vermeiden zu können. In Fachsprachenprüfungen, die von den Apothekerkammern durchgeführt werden, wird das Vorhandensein dieser Sprachkenntnisse überprüft. Intensive Schulungen und Fortbildungen bringen zusätzlich Sicherheit und Akzeptanz sowohl bei den ärztlichen Kollegen als auch bei den Kunden. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen können die syrischen Apotheker eine wichtige Rolle dabei spielen, die Vor-Ort-Apotheken zu stärken. Zahlreiche syrische Apotheker arbeiten in Deutschland, in Forschung, Industrie oder Apotheke. Viele von ihnen sind vergleichbar kompetent wie ihre deutschen Kollegen. Sie leisten somit einen wich­tigen Beitrag, den Personalmangel in den Apotheken zu verringern. |

Autoren

Prof. Dr. Samer Haidar, Professor für Pharmazeutische Chemie, Universität Damaskus, derzeit Gast an der West­fälischen Wilhelms-Universität Münster (Arbeitskreis Prof. Dr. Jose)

 

Prof. Dr. Matthias Lehr, Professor für Pharmazeutische Chemie, Westfälische Wilhelms-Universität Münster

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