Gesundheitspolitik

Gesundheitspolitik im Spannungsfeld

Von Beklemmung, Ignoranz und Wolkenkuckucksheim – die Wahlprogramme im Überblick

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

Vorneweg: Überraschend war es nicht, dass die Apotheken in den Wahlprogrammen der Parteien zur Bundestagswahl nicht bis wenig vorkommen. Schade bleibt es dennoch, denn nur so wüsste man, worauf man sich einzustellen hat und was man – so man die Gesundheitspolitik in den Fokus der eigenen Wahlentscheidung rückt oder gar die konkreten Aussagen zu Apotheken berücksichtigt - wählen kann oder soll.

SPD, Grüne und die Splitterparteien (Piraten, Freie Wähler und AfD) sagen kein Wort zu den Apotheken. Aus den Äußerungen zu anderen gesundheitspolitischen Themen in den Wahlprogrammen dieser Parteien auf Apotheken schließen zu wollen, ist spekulativ. Setzt man also Gesundheitspolitik in den Fokus der Wahlentscheidung, geht man bei diesen Wahlprogrammen ein hohes Risiko ein, denn man kann sich bei seinen Einschätzungen nicht sicher sein. Ob dies von den Apothekerinnen und Apothekern als beklemmend, enttäuschend oder zufriedenstellend interpretiert wird, ist Geschmackssache. Denn ein Nicht-Erwähnen kann auch als Bewahrung des Status quo gewertet werden. Wenn da nicht die Benders und Lauterbachs wären, die sich gerade in den letzten Jahren nicht als die größten Freunde der Apotheke hervorgetan haben.

Ein klares Bekenntnis bot die Linkspartei. Aber den Wahlaussagen stehen allzu oft ökonomische Himmelfahrtskommandos gegenüber, und betrachtet man all die anderen Politikfelder, bei denen man berechtigte Zweifel hegt, muss man sich eine Wahl der Linkspartei sehr gut überlegen, obwohl man sie hinsichtlich ihrer Aussagen zu Apotheken wählen müsste, bemerkenswert! Aber auch die FDP steht zur Apotheke, wenn da nicht Wunsch und Wirklichkeit nach 2009 wären, die die Apothekerschaft zu Recht nervös werden lassen. Ob gerade in der Gesundheitspolitik der Ruf der „Umfaller“ berechtigt ist, bleibt dahingestellt, etwas Mulmiges bleibt zurück. Die CDU/CSU gibt sich staatsmännisch, was Gesundheit anbetrifft und sie hat die meisten Äußerungen zu Apotheken, zwar nicht viel, aber immerhin.

Soll man also nur nach den Hinweisen zur Gesundheitspolitik wählen? Das muss jeder für sich entscheiden, warum nicht. Ist es besser, wenn Apotheken in den Wahlprogrammen erwähnt oder eben nicht erwähnt sind? Auch das kommt auf den individuellen Geschmack an. Denn Nicht-Erwähnung kann Ignoranz oder Weiter-So bedeuten, die konkrete Erwähnung ist dementgegen mehr oder weniger klar. Von daher sind eigentlich Wahlprogramme zu präferieren, die klare Aussagen machen, idealerweise pro Apotheke. Wählt man unter diesen Gesichtspunkten CDU/CSU, entscheidet man sich womöglich für einen liberalen oder sozialdemokratischen Minister, denn das Gesundheitsministerium ist seit nun 15 Jahren kein Unions-Ministerium mehr. Bei Fortsetzung der bisherigen Koalition kommt es auf die Machtverhältnisse an, die FDP wird zunächst andere Ministerien retten wollen. Bei einer Großen Koalition könnte die SPD mehr Spaß am Gesundheitsministerium äußern als die Union. Bleibt das Ministerium bei der CDU/CSU, könnte es zum CSU-Ministerium werden, dann kommt es darauf an, wer zuschlägt und wer nach Berlin wechselt. Da Frau Aigner zurück nach München geht – sie wäre durchaus denkbar gewesen – und die zwei anderen aktuellen CSU-Minister sich für das Gesundheits-Ressort alles andere als aufdrängen, steht vielleicht ein politischer Wechsel von München nach Berlin an. Aber man weiß, wie schnell man beim CSU-Granden Seehofer in Ungnade fällt. Markus Söder wäre ein Kandidat, ihm werden aber auch andere Ambitionen nachgesagt.

Die Personalie ist bedeutsam, da eine Kanzlerin Merkel die Ressortkompetenz sehr hoch hält und anders als ihre Vorgänger weniger in die Ressorts reinregiert wie Kohl oder Schröder. Von daher hat der Ressortzuständige vermeintlich viele Freiheiten, natürlich im Rahmen des Möglichen. Die deutschen Apotheken waren in den letzten zehn Jahren extrem gebeutelt. Nicht nur die Inhalte der Gesetze, sondern vor allem auch der Takt der jeweiligen Gesundheitsreformen mit jeweils weitreichenden Änderungen hat die Apothekerinnen und Apotheker mürbe gemacht. Von daher wäre eine Politik der Kontinuität das, was man sich für Apotheken wünschen würde, denn Planungssicherheit, Verlässlichkeit und gegenseitiger Respekt haben gerade in den letzten Jahren gelitten. Eine Politik, die die Apotheke nicht laufend infrage stellt und auch angemessen honoriert, wäre das für die Apotheken beste. Die Kostendämpfungen und Budgetvorbehalte greifen bei Gesundheit weniger als in anderen Ressorts, da demografischer Wandel einerseits und nicht vorhersehbare Volkskrankheiten andererseits eine hohe Volatilität in den Ausgaben impliziert. Aber die Kassen sind gegenwärtig voll, es besteht akut kein Grund die Kostenschrauben anzuziehen, wenn dies für die kommende Legislaturperiode gesetzt wäre, wäre ein guter Schritt in Richtung Planungssicherheit getan.

Zwar sind die ernst zu nehmenden und für die Wahl bedeutsamen Alternativen im Jahr 2013 so vielfältig wie nie und doch erscheint es ernüchternd, dass man kaum wirkliche Alternativen hat im Hinblick auf die Zukunft der Apotheken. So wird es nach der Wahl ungeachtet ihres Ausgangs eine wichtige Aufgabe der Apotheken sein, sich wieder stärker in das Denken der Politik zu manifestieren. Es ist ein Trugschluss, dass mit einer Defensivstrategie mehr erreicht werden kann. Über wen nicht mehr gesprochen wird, der ist irgendwann leicht zu ersetzen. So hofft man auf die Konstellation, die über einen spricht und die mit einem spricht. Hier verkehrt sich das gute alte deutsche Sprichwort: Schweigen ist Silber, Reden ist Gold!

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