Recht

Rheuma und die Rechtsprechung

Reiserücktritt wird im Pott bezahlt – in Oldenburg nicht

(mh/bü). Der Welt-Rheuma-Tag – jeweils am 12. Oktober begangen – soll rheumakranke Menschen in das Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken. In diesem Jahr lautete das Motto "Aktiv gegen Rheumaschmerz". Neben den Schmerzen, die Rheuma mit sich bringt, leiden Betroffene häufig auch unter rechtlichen Problemen. Nicht selten müssen die dann gerichtlich gelöst werden – oft mit gutem Ausgang für die Kranken.

Reiserücktritt

Eine seit Jahren an Rheuma leidende Frau wollte kein Risiko eingehen und ging zu ihrem Hausarzt, um sich seinen Segen für eine angestrebte Urlaubsreise zu holen. Der Mediziner hatte keine Bedenken und bescheinigte ihr eine uneingeschränkte Reisefähigkeit. Als sie vor Urlaubsbeginn ein akuter Rheumaschub ereilte und sie den Pauschaltrip stornierte, stellte sich die Reiserücktrittskostenversicherung quer. Der Versicherungsschutz bestehe nur bei "plötzlich" auftretenden Leiden und nicht bei bekannten Vorerkrankungen, erklärte das Unternehmen vor dem Landgericht Dortmund.

Das hingegen folgte der Argumentation der Frau. So habe nicht etwa eine ausgebliebene Genesung eines bei Reisebuchung vorliegenden Krankheitszustandes zum Urlaubsabbruch geführt, sondern die unerwartete Verschlimmerung einer chronischen Grunderkrankung. Diese komme einer unvermittelt auftretenden Krankheit gleich, so dass der Versicherer die Stornokosten übernehmen musste. (Az.: 2 S 42/11)

In einer anderen Entscheidung ging ein Rheumakranker bei einer nahezu vergleichbaren Konstellation leer aus. Das Landgericht Oldenburg hat entschieden, dass die Reiserücktrittskostenversicherung nicht zu leisten braucht, wenn der Reisewillige den Urlaub wegen eines für ihn unerwarteten Rheumaschubs nicht antreten kann. Versicherungsnehmer, die an Rheuma leiden, müssten immer davon ausgehen, dass sie aufgrund ihrer Krankheit auf eine gebuchte Reise verzichten müssen, heißt es. (Az.: 1 S 791/02)

Erwerbsminderung

Eine Rheumakranke litt durch die Einnahme von Cortison an starkem Übergewicht. Sie verlangte eine volle Erwerbsminderungsrente. Denn ohne Schmerzmittel würde sie zwar an Gewicht verlieren – ihr Rheumaleiden wäre aber dann nicht mehr zu ertragen. Das Sozialgericht Reutlingen stellte sich auf die Seite der Patientin und setzte die Rente gegen den Willen der Deutschen Rentenversicherung Bund durch. Der Versicherer hatte argumentiert, dass die Frau zumindest noch sechs Stunden täglich arbeiten könne – ohne das jedoch nachvollziehbar zu begründen. (Az.: S 11 R 3167/04)

Ärztlicher Kunstfehler

Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg musste folgenden Fall entscheiden: Eine Frau mit schmerzhaften rheumatischen Rückenleiden wurde mit Cortisonspritzen behandelt. Es stellte sich jedoch keine Linderung ein, und der Arzt erhöhte die Dosis – allerdings, ohne dazu sich vorab die Einwilligung der Patientin eingeholt zu haben. Das Problem: Die erhöhte Dosis führte bei der Dame zu einer Immunsystemschwächung und zu einem Spritzenabszess. Deswegen musste die Klinik Schmerzensgeld zahlen – obwohl die Dosis an sich vertretbar war. (Az.: 1 U 24/00)

Krankenkasse

Eine Rheumakranke in Hessen nahm über zwei Jahre an einem Funktionstraining teil, das ihre Beschwerden linderte. Ihre gesetzliche Krankenkasse weigerte sich – trotz der guten Ergebnisse – , für die Zukunft die Kosten zu übernehmen. Es ging um 3,50 Euro pro Übungsstunde. Das Sozialgericht Frankfurt am Main urteilte, dass die Kasse das Training weiterhin zu zahlen habe. Denn die Kranke dürfe die Übungen nur unter fachlicher Aufsicht durchführen, weil ansonsten falsche – und damit gesundheitsschädliche – Bewegungsabläufe eingeübt werden könnten. (Az: S 20 KR 757/02)



AZ 2012, Nr. 42, S. 4

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