Gesundheitspolitik

Unverschämt

Peter Ditzel

Der Skandal: Zytostatika-herstellende Apotheken schicken privat versicherten Krebspatienten horrende Nachforderungen für Zytostatika-Anfertigungen, die sie vor drei bis vier Jahren erhalten hatten. Begründung: Die Apotheke habe seinerzeit "versehentlich" zu wenig berechnet. Es geht dabei um Beträge zwischen 10.000 und über 25.000 Euro, die die Zyto-Pharmazeuten nachträglich von den Patienten einfordern. Das Fernsehmagazin "plusminus" machte solche Fälle in der vergangenen Woche publik und verglich sie mit einem Autohändler, der dem Kunden drei Jahre nach einem Autokauf eine Nachberechnung schickt, weil er versehentlich zu wenig berechnet habe.

Wie viele privat versicherte Krebspatienten es genau sind, die eine saftige Nachforderung für weit zurückliegende Zytorezepturen von ihren Apotheken bekommen haben, ist nicht bekannt. Das Fernsehmagazin "plusminus" sprach in seiner Sendung in der vergangenen Woche lediglich von "vielen". Wie viele Apotheken es sind, die die Dreistigkeit besaßen, ihren Krebspatienten diese Nachforderungen zu schicken, ist ebenfalls nicht bekannt. Selbst wenn es nicht viel mehr als die drei sein sollten, die dem Präsidenten der zytostatikaherstellenden Apotheken, Peter Eberwein, bekannt sind, dann sind dies drei zu viel.

Zum Hintergrund der Forderungen: Vor einigen Jahren war es noch möglich, für Zytostatikarezepturen einen Aufschlag von 90% zu verlangen. Aus Wettbewerbsgründen setzten einige Apotheker allerdings einen geringeren Aufschlag, beispielsweise nur 30%, an.

Da die Politik den Aufschlag mittlerweile auf 90 Euro reduzierte, versuchten diese Apotheken – über die Kürzung verärgert – aus alten Abrechnungen Gewinn zu schlagen.

Ob ein solcher "plusminus"-Bericht "tendenziös" ist, wie Eberwein erklärte, sei dahingestellt. Die vorliegenden Nachforderungen sind Fakten. Es kann nicht angehen, dass diese Apotheken ein derart unseriöses, man muss schon sagen unsittliches und unverschämtes Verhalten an den Tag legen. Diese Apotheken haben mit ihrer Vorgehensweise dem Ruf des Heilberufs Apotheker und den seriös arbeitenden knapp 400 Zyto-Apothekern enorm geschadet. Da ist es auch unerheblich, ob private Krankenversicherungen hinter der Berichterstattung in den Medien stecken und dies nutzen wollen, auch die 90 Euro zu kippen. Wenn einige wenige Zyto-Apotheker eine solche Gier an den Tag legen, dürfen sie sich nicht wundern, wenn der Schuss nach hinten losgeht und die Margen zurückgedreht werden. Der Druck auf die seriös arbeitenden Zyto-Apotheken wächst.


Peter Ditzel



AZ 2011, Nr. 5, S. 1

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