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„Das hat niemand für möglich gehalten“

Bester Freund und Ex-Freundinnen über den Zyto-Apotheker Peter S.

hfd | Beim Bottroper Zyto-Prozess vor dem Landgericht in Essen wurden in der vergangenen Woche der beste Freund des Apothekers Peter S. sowie zwei Frauen geladen. Sie sollen bei der Aufklärung helfen, welchen Einfluss eine Kopfverletzung auf die Psyche von S. hatte.

Nachdem der psychiatrische Sachverständige vor zwei Wochen frühere Kollegen des Zyto-Apothekers befragt hatte, lud das Gericht nun drei Bekannte. Die Verteidigung hatte eine Kopfverletzung, die der Pharmazeut vor gut zehn Jahren erlitt, als Grund für womöglich unbewusste Handlungen vorgebracht. Ein 48-jähriger Bauingenieur war während des Prozesses von mehreren Zeugen als der wohl beste Freund des vor Gericht bislang schweigenden Zyto-Apothekers beschrieben worden. Er sei zusammen mit Peter S. aufgewachsen und habe diesen während der Studienzeit etwas aus den Augen verloren. Nachdem der Apotheker wegen des Unfalls im Krankenhaus war, habe sich der Kontakt wieder intensiviert. S. habe gesagt, er sei gestürzt – danach hatte er regelmäßig schwere Kopfschmerzen. Als „ausgeglichen und leistungsorientiert“ beschrieb der Bauingenieur seinen Freund. Doch sei er durch eine hohe Arbeitsbelastung in den letzten Jahren sehr gestresst ge­wesen. „Wenn über allem die Arbeit schwebt, kommt Privates zu kurz“, sagte der Zeuge vor Gericht. Der Apotheker habe ihn nach dem Unfall gefragt, ob er bei seiner kirchlichen Hochzeit Trauzeuge sein wolle – doch zu der kirchlichen Trauung kam es nicht mehr, da S. sich in der Zwischenzeit scheiden ließ. Entscheidungen habe der Apotheker teils „verwunderlich schnell“ getroffen, sagte K. Auf die Frage des Sachverständigen, ob S. in der Lage war, Gefühle zu zeigen, bejahte der Zeuge dies: Die Scheidung sei für den Apotheker eine Enttäuschung gewesen, auch die Schicksale von Patienten hätten ihn wohl emotional betroffen. Konzentrationsprobleme habe er im Zusammenhang des extremen Stresses gesehen.

Ex-Freundin beschreibt Peter S. als „extrem zuverlässig“

Die anschließend geladene 46-jährige Apothekerin Barbara K. hatte Peter S. vor gut 15 Jahren bei einer Zyto-Weiterbildung kennengelernt. Bis einige Zeit vor dem Unfall hatte sie eine gut dreijährige Beziehung mit ihm. Sie habe S. anschließend – auch wegen anderer Krankheitsprobleme – als nicht mehr so belastbar wahrgenommen, sagte K. vor Gericht.

„Ich habe ihn immer als extrem zu­verlässig wahrgenommen“, sagte die Zeugin, die ihn auch als sehr offenen Menschen beschrieb. S. sei ein Apotheker, „der zu jedem Zeitpunkt zu seinem Wort stand und der auch mit sehr viel Hingabe in seinem Beruf tätig war“, erklärte sie. Sie hätten sich aber nicht über die konkrete Arbeit unterhalten. Über die Bedeutung von Zytostatika sei sich Peter S. klar ge­wesen: „Wenn sie sich hinsetzen und eine solche Therapie herstellen, dann haben sie natürlich den Wunsch, dass das Produkt dem Patienten hilft“, ­sagte sie. „Sonst würde ich ja unser ganzes Berufsbild infrage stellen.“

Anerkennung sei ihm wichtig gewesen, doch habe sich dies im gewöhn­lichen Rahmen bewegt. Anders als ­andere Zeugen sagte sie, dass er Entscheidungen relativ schnell und dennoch mit viel Weitblick treffen konnte. Auf die nach dem Ende ihrer Beziehung relativ kurzfristige Hochzeit ­sowie die anschließende Scheidung angesprochen erklärte K., dass er sich womöglich verändert habe.

PKA bestätigt Veränderungen

Da die geschiedene Frau von S. von ­ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machte und nicht vor Gericht erschien, sagte anschließend die 30-jährige PKA Marina T. aus. Sie machte bis 2008 ihre Ausbildung in der Apotheke – zu der Zeit war noch die Mutter von Peter S. Betreiberin. Ein halbes Jahr nach Ende der Ausbildungszeit kündigte T. und hatte zunächst wenig Kontakt mit S. Nach dem Unfall sei S. in sich gekehrt gewesen und nicht mehr so witzig wie vorher, sagte die PKA. Über eine Verwandte, die weiter für ihn arbeitete, kam wieder Kontakt zustande – und im November 2016 stieg sie wieder ein. Für ihre Teilzeitstelle mit zehn Stunden Wochenarbeitszeit erhielt sie gut 800 Euro brutto. Nebenher habe sie kein Geld erhalten – und sie wisse auch nichts von Schwarzgeldzahlungen, über die ein anderer Zeuge berichtet hatte. Gut vier Wochen nach ihrer Einstellung wurde S. inhaftiert. „Erstmal war da ein Riesenschock – das hat niemand für möglich gehalten“, erinnerte sich T. Sie habe erwartet, dass Peter S. wieder aus dem Gefängnis kommt, doch das war nicht so. Sie bestritt Gerüchte, die Mitarbeiter seien „mundtot“ gemacht worden. „Wir wurden lediglich nur darauf hingewiesen, bitte nichts zu sagen“, erklärte T. – auch da die Mutter selber nichts über die Hintergründe gewusst habe.

Im Gefängnis hat die weiterhin in der Bottroper Apotheke arbeitende PKA ihren früheren Chef nach eigener ­Aussage einige Male besucht. Auf die Frage, ob sie eine private Beziehung zu S. gehabt habe, schloss das Gericht nach Antrag ihres Zeugenbeistands die Öffentlichkeit für mehr als eine halbe Stunde aus. Der Gutachter erklärte am Ende der Verhandlung, dass die bisherigen Befragungen für das Gutachten ausreichend sind. |

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