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Worauf wir uns einstellen müssen

Peter Ditzel

"Neue Rabattrunde im patentfreien Arzneimittelmarkt eingeläutet" – mit dieser Meldung informierte die AOK Anfang dieser Woche die Medien über ihren neuen Vorstoß in Sachen Rabattverträge. Insgesamt 64 Wirkstoffe mit einem Umsatzvolumen von 2,3 Milliarden Euro hat die "Gesundheitskasse" für die Jahre 2009 und 2010 ausgeschrieben (56 der Wirkstoffe waren bereits bei der letzten Rabattrunde dabei). Während einige Rechtsstreitigkeiten von der letzten Ausschreibung immer noch andauern, sah sich Christopher Hermann, Vorstandsvize der federführenden AOK Baden-Württemberg, "im Interesse aller unserer 24 Millionen Versicherten" verpflichtet, alle sinnvollen Rabattmöglichkeiten zu nutzen und neu auszuschreiben. Und er hat dazugelernt: Erstmalig erfolgte die Ausschreibung europaweit im Amtsblatt der Europäischen Union. Die AOKs wurden in etwa fünf gleich große Regionen ("Gebietslose") eingeteilt, innerhalb derer für einen Wirkstoff ein Unternehmen den Zuschlag erhält. Hermann spricht hier von mehr Chancengleichheit mittelständischer Unternehmen gegenüber Großkonzernen. Immerhin können jetzt fünf Unternehmen bei einem Wirkstoff zum Zug kommen. Hermann erhofft sich von den neuen Verträgen Einsparungen für die AOKs "im höheren dreistelligen Millionenbereich" pro Jahr. Bis zum 6. Oktober können die Hersteller nun der AOK ihre Angebote zu Füßen legen.

Der Rabattvertragskampf geht also munter weiter. Die Apotheke wird sich ab Januar bei bestimmten Präparaten auf andere Hersteller einstellen und den AOK-Versicherten erklären müssen, warum sie wieder einmal ein anderes Präparat als das Gewohnte erhalten. Wer also jemals auch nur annähernd geglaubt haben sollte, der Rabattvertragszirkus wird weniger oder hört einmal auf, war naiv. Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass sich dieses Instrument etabliert, unser berufliches Alltagsleben bestimmt. Dabei hätten wir schon mal gerne gewusst, was denn dabei genau eingespart wird. Mittlerweile liegen Erfahrungen von über einem Jahr vor. Warum darf der AOK-Vize diese Zahlen für sich behalten? Die AOKs unterliegen als Körperschaften öffentlichen Rechts der Aufsicht der Länder; der AOK-Bundesverband in Bonn untersteht der Aufsicht durch das Bundesministerium für Gesundheit. Also: Haben die Versicherten nicht ein Recht darauf, zu erfahren, was die Rabattverträge bringen?

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Auf was wir uns in Sachen Arzneimittelversandhandel einstellen müssen, ist dagegen noch nicht so klar. Denn seit wenigen Tagen liegt nun ein Gesetzentwurf aus den Ländern Sachsen und Bayern vor, der den Versandhandel mit Arzneimitteln "auf das europarechtlich gebotene Maß" zurückführen will, sprich: Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Die Zulassung des Versandhandels mit Arzneimitteln habe die Patientensicherheit vermindert. 95% der im Internet angebotenen verschreibungspflichtigen Arzneimittel seien ohne Verschreibung (d. h. illegal) erhältlich, heißt es im Antrag. Als zulässig erachtet der Gesetzentwurf nach wie vor – im Einzelfall – die Zustellung von apothekenpflichtigen Arzneimitteln durch Boten der Apotheke. Handelt es sich um verschreibungspflichtige Arzneimittel oder gar um Betäubungsmittel, müsse der Bote allerdings zum pharmazeutischen Personal der Apotheke gehören. Es wäre dann also nicht mehr möglich, dass ein Fahrer oder Hausmeister der Apotheke Verschreibungspflichtiges an die Patienten ausliefert. Mit dem Gesetzentwurf muss sich jetzt der Bundesrat befassen. Experten gehen allerdings davon aus, dass der Antrag wenig Erfolg versprechend ist, denn das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat bereits in einem Bericht zum Arzneimittelversandhandel – ebenso wie die Bundesregierung – keinen Handlungsbedarf gesehen.

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Es könnte sein, dass wir uns auf die Zunahme von Allergien einstellen müssen, ausgelöst durch Ambrosia, das Traubenkraut. Die Pflanze wurde erst vor wenigen Jahren aus Nordamerika bei uns eingeschleppt, vermutlich durch Billigvogelfutter, das Samen dieser Pflanze enthält. Die Pollen dieser Pflanze dürften die stärksten Allergene sein, die im Pflanzenreich bekannt geworden sind. Auch Personen, die sonst kaum allergisch sind, reagieren auf diese äußerst aggressiven Pollen. Einige Bundesländer haben bereits Aktionsprogramme zur Ambrosiabekämpfung herausgegeben. Experten vermuten, dass Ambrosia enorme Kosten im Gesundheitswesen durch ausgelöste Allergien verursacht. Also: konsequentes Vernichten der Pflanze ist angesagt. Allerdings: ganz leicht ist die Ambrosia nicht zu erkennen (siehe unseren Titelbeitrag auf Seite 36), sie ist verwechselbar mit dem Beifuß und anderen ähnlichen Pflanzen.


Peter Ditzel

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