Arzneimittel und Therapie

Benefit durch neues Therapieregime?

In einer Phase-III-Studie wurde untersucht, ob bei einem fortgeschrittenen Mammakarzinom die zusätzliche Gabe eines VEGF-Inhibitors Vorteile gegenüber einer alleinigen Taxantherapie aufweist. Der überzeugende Benefit blieb allerdings aus: Zwar konnte durch die Kombination das progressionsfreie Überleben, nicht hingegen das Gesamtüberleben verlängert werden.

Bei einem fortgeschrittenen Mammakarzinom spielt die Neovaskularisation im Tumorbereich eine wichtige Rolle. Durch die Neubildung von Gefäßen versucht der Tumor, seine Versorgung zu gewährleisten und neue Quellen zum Wachstum zu erschließen. Hierfür bildet er vermehrt Wachstumsfaktoren (VEGF = vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor), um durch Aussprossen der Gefäße Zugang zu neuen Blutgefäßen zu erhalten. Therapeutisch wird nun versucht, mit Hilfe von Angiogenese-Inhibitoren die Wirkung dieser Wachstumsfaktoren abzufangen. Besonderen Erfolg verspricht man sich mit der Kombination eines Angiogenese-Hemmerns mit einem klassischen Zytostatikum, um gleichzeitig mehrere Waffen einzusetzen. Eine Möglichkeit – die Kombination des Taxans Paclitaxel mit dem Angiogenese-Inhibitor Bevacizumab – wurde in der amerikanischen Studie E 2100 untersucht.

Zulassungsstudie E 2100

An dieser randomisierten, offenen Studie nahmen zwischen Dezember 2001 und Mai 2004 722 Patientinnen mit histologisch oder zytologisch gesichertem metastasierendem Mammakarzinom teil. Frauen, die wegen des metastasierenden Karzinoms bereits eine andere zytotoxische Chemotherapie erhalten hatten, wurden nicht in die Studie aufgenommen. Erlaubt war jedoch eine vorausgegangene adjuvante Chemotherapie oder eine hormonelle Therapie der metastasierenden Erkrankung. Hatten die Patientinnen adjuvant Taxane erhalten, wurde für den Einschluss in die Studie eine mindestens zwölfmonatige krankheitsfreie Periode nach Beendigung der Taxan-Therapie gefordert. Die Probandinnen erhielten innerhalb eines monatlichen Zyklus eines der folgenden Regime:

  • 90 mg Paclitaxel/m² Körperoberfläche an den Tagen 1, 8 und 15
  • 90 mg Paclitaxel/m² Körperoberfläche an den Tagen 1, 8 und 15 plus 10 Bevacizumab/pro kg Körpergewicht an den Tagen 1 und 15.

Das primäre Studienziel war die Ermittlung des progressionsfreien Überlebens; das sekundäre Studienziel betraf das Gesamtüberleben.

Verlängertes krankheitsfreies Überleben

Der Zusatz von Bevacizumab zur Paclitaxel-Therapie verlängerte das mediane krankheitsfreie Überleben im Vergleich zur Monotherapie mit Paclitaxel signifikant von 5,9 Monaten auf 11,8 Monate (p < 0,001). Auch die objektive Ansprechrate lag unter der Kombinationstherapie signifikant höher (36,9% versus 21,2%, p < 0,001). Die mediane Gesamtüberlebensrate war jedoch in beiden Gruppen vergleichbar (26,7 Monate versus 25,2 Monate; p = 0,16).

Das verbesserte progressionsfreie Überleben unter der Kombinationstherapie konnte in allen Subgruppen (im Hinblick auf den krankheitsfreien Intervall, die Zahl der metastasierenden Stellen, vorhergehende adjuvante Chemotherapie und Estrogenrezeptorstatus) festgestellt werden. Allerdings nahm der Bevacizumab-Effekt mit zunehmendem Alter signifikant ab (p = 0,04). Unter der Kombination traten unerwünschte Wirkungen wie Neuropathien, Infektionen, Fatigue, Hypertonien, zerebrale Ischämien, Kopfschmerzen und Proteinurie häufiger auf als unter der Monotherapie.


Wirkweise und Indikation der untersuchten Substanzen
Bezeichnung
Bevacizumab (Avastin®)
Paclitaxel (Taxol®)
Wirkstoff
rekombinanter humanisierter monoklonaler Antikörper gegen den Wachstumsfaktor VEGF
Taxanderivat
Wirkmechanismus
Bevacizumab bindet an den Gefäßwachstumsfaktor VEGF und hemmt dadurch die Bindung von VEGF an seine Rezeptoren (VEGFR-1 und VEGFR-2) auf der Oberfläche von Endothelzellen. Die Neutralisierung der biologischen Aktivität von VEGF reduziert die Vaskularisierung von Tumoren, wodurch das Tumorwachstum gehemmt wird.
Paclitaxel ist ein Mitosehemmer, es stabilisiert die Tubulinpolymeren, hemmt die Spindelfunktion und führt zu einem Mitosearrest
Indikation in der Senologie
Zugelassen in Kombination mit Paclitaxel für eine First-line-Therapie des metastasierten Mammakarzinoms. Obige Studie E2100 war der Grund für die Zulassungserweiterung durch die EMEA.
Zugelassen zur adjuvanten Therapie von Patientinnen mit nodal-positivem Mammakarzinom im Anschluss an eine Anthrazyklin/Cyclophosphamid-Therapie. Ferner zur First-line Chemotherapie bei Patientinnen mit lokal fortgeschrittenem oder metastasierendem Mammakarzinom entweder in Kombination mit einem Anthrazyklin (bei Vorliegen bestimmter Kriterien) oder in Kombination mit Trastuzumab (ebenfalls bei Vorliegen bestimmter Kriterien).
Als Monotherapie beim metastasierenden Mammakarzinom, wenn die Standardtherapie mit Anthrazyklinen erfolglos oder nicht angezeigt war.

Fazit der Autoren

Die Autoren der Studie stellen die Hypothese auf, dass eine frühzeitige Kombinationstherapie mehr Erfolg haben könnte. Auch wenn es sich in der Studie um eine initiale Behandlung der metastasierten Krankheit handelte, war nur ein Drittel der Patienten zuvor nicht chemotherapeutisch behandelt worden. Möglicherweise zeigt sich ein stärkerer Benefit der Kombinationstherapie, wenn diese bereits in der Adjuvans appliziert wird. Jüngste Ergebnisse lassen vermuten, dass das Fortschreiten der Erkrankung vom lokal begrenzten Stadium in die metastasierende Phase VEGF abhängig ist. Dann wäre ein frühzeitiger Einsatz von Bevacizumab sinnvoll.

 

Quelle

Miller K., et al.: Paclitaxel plus Bevacizumab versus Paclitaxel alone for metastatic breast cancer. N Engl J Med 357, 6666-6676 (2007).

Fachinformation Avastin® (Stand Januar 2008).

Fachinformation Taxol® (Stand August 2005).

 


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

 

 

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