Arzneimittel und Therapie

Benefit durch Docetaxel

Das Taxan Docetaxel (Taxotere®) scheint die adjuvante Chemotherapie bei Brustkrebs zu verbessern. Zu diesem Ergebnis kommt eine Interims-Analyse der Breast Cancer International Research Group (BCIRG). Der zusätzliche Benefit wird allerdings mit mehr Nebenwirkungen erkauft.

Die adjuvante Chemotherapie eines operablen Mammakarzinoms konnte während der letzten 20 Jahre kontinuierlich verbessert werden. Das einstige Standardregime "Belladonna" (CMF; Cyclophosphamid, Methotrexat, 5-Fluorouracil) wurde weitgehend durch Anthrazyklin-haltige Chemotherapien abgelöst, die zu besseren Ergebnissen führen als das CMF-Schema. Die heutigen Standardschemata bestehen aus 5-Fluorouracil, Epirubicin, Cyclophosphamid (FEC) oder 5-Fluorouracil, Doxorubicin, Cyclophosphamid (FAC), die normalerweise über sechs Zyklen hinweg alle drei Wochen gegeben werden. Durch den Einsatz neuer Substanzen wird versucht, die Effektivität dieses Standardregimes zu verbessern. Nachdem die Gabe von Docetaxel (Taxotere®) beim metastasierenden Mammakarzinom einen Benefit gezeigt hat, begann 1997 eine Studie der Breast Cancer International Research Group (BCIRG), in der ein Taxan-haltiges Chemotherapieregime zur adjuvanten Therapie des frühen Mammakarzinoms untersucht wurde.

BCIRG-001-Studie

An der multizentrischen, prospektiven Studie nahmen Frauen mit einem frühen, operablen Mammakarzinom teil, bei dem mindestens ein axillärer Lymphknoten befallen war. Die Patientinnen wurden randomisiert einer der folgenden zwei Therapiegruppen zugeordnet:

FAC (5-Fluorouracil 500 mg/m2 Körperoberfläche [KOF], Doxorubicin 50 mg/m2 KOF, Cyclophosphamid 500 mg/m2 KOF oder TAC (Docetaxel 75 mg/m2 KOF, Doxorubicin 50 mg/m2 KOF, Cyclophosphamid 500 mg/m2 KOF.

Die Therapien wurden während sechs Zyklen verabreicht, gefolgt von einer Strahlen- und gegebenenfalls einer Tamoxifentherapie.

Die erste Interimsanalyse, die nach 33 Monaten durchgeführt wurde, zeigte bereits einen Benefit für das Docetaxel-haltige Regime. Da der vordefinierte p-Wert zu diesem Zeitpunkt noch nicht erzielt werden konnte, wurde die Studie verlängert und nach 55 Monaten eine zweite Interims-Analyse durchgeführt. Dabei wurden die Daten von 1491 Frauen im Alter von 18 bis 70 Jahren ausgewertet, die nach der Operation entweder sechs Zyklen TAC oder sechs Zyklen FAC erhalten hatten. Der primäre Studienendpunkt war das krankheitsfreie Überleben, sekundäre Studienendpunkte betrafen das Gesamtüberleben, toxische Wirkungen der Therapie sowie die Lebensqualität.

Ergebnisse der Interims-Analyse

 

  • Nach fünf Jahren lag die Rate des krankheitsfreien Überlebens bei 75% für die Frauen unter einem TAC-Regime und bei 68% bei den Teilnehmerinnen, die das herkömmliche FAC-Protokoll erhalten hatten. Das bedeutet eine 28%ige Reduktion des Rückfallrisikos in der Taxangruppe.
  • Die Gesamtüberlebensrate lag nach fünf Jahren bei 87% in der TAC-Gruppe und bei 81% in der FAC-Gruppe, was einer 30%igen Risikoreduktion entspricht.
  • Dieser Benefit war allerdings mit stärkeren Nebenwirkungen verbunden. So lag die Inzidenz einer Neutropenie von Grad 3 oder 4 bei 65,5% in der TAC-Gruppe verglichen mit 49,3% in der FAC-Gruppe. Das Taxan-haltige Regime führte in 3,9% zu Infektionen von Grad 3 oder Grad 4; in der Vergleichsgruppe betrug die Rate 2,2%. Die Infektionen hatten keine letalen Folgen.
  • Die Lebensqualität sank in beiden Gruppen während der Chemotherapie, stieg aber nach Therapieende wieder an.
  • Das verminderte Rückfallrisiko unter einer Docetaxel-haltigen Therapie schien weder vom Nodalstatus noch vom Hormonrezeptorstatus oder dem HER-2-neu-Status abzuhängen.

 

Ein neuer Standard?

Ein Kommentator der Studie wirft die Frage auf, ob vorliegende Untersuchung wegweisend für ein neues Docetaxel-haltiges Standardregime bei Brustkrebs sei und rät zum Überdenken einiger Aspekte: Ist das Studienergebnis klinisch relevant? Ist es gerechtfertigt, einen Therapiebenefit mit mehr toxischen Nebenwirkungen und einem teuren und intensiven Management der Nebenwirkungen (Gabe von Wachstumsfaktoren, Antibiose) zu erkaufen? Profitieren auch ältere Patientinnen von dieser therapeutischen Option? Wie schneidet Docetaxel im Vergleich mit einem anderen Taxan (z. B. Paclitaxel) ab? Die erste Frage kann bejaht werden, da der Vorteil des TAC-Regimes statistisch signifikant gezeigt werden konnte. Auf die weiteren Fragen gibt es bislang keine eindeutigen Antworten.

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

 

Quelle
Miguel, M., et al.: Adjuvant Docetaxel
for node-positive breast cancer. N. Engl. J. Med. 352, 2302 – 2313 (2005).
Perez, E.: TAC – !A new standard in adjuvant therapy for breast cancer?
N. Eng. J. Med. 352, 2346 – 2348 (2005).

Kurzprofil der eingesetzten Zytostatika

5-Fluorouracil

  • Antimetabolit, Pyrimidinantagonist
  • Hemmung der Thymidylatsynthase (vor allem bei Dauerinfusion
  • Einbau in die RNA; Hemmung der RNA-Synthese (vor allem bei Bolusgabe)
  • zellzyklusspezifisch: S-Phase

 

Epirubicin und Doxorubicin

  • Anthrazykline
  • DNA-Interkalation, Induktion von DNA-Strangbrüchen, Bildung freier Sauerstoffradikaler, Hemmung der Topoisomerase II
  • zellzyklusspezifisch: bevorzugt S- und G2-Phase

 

Docetaxel

  • Taxanderivat
  • Bindung an Tubulin und Stabilisierung der Mitosespindel, Mitosearrest
  • zellzyklusspezifisch: M-Phase

 

Cyclophosphamid

  • Alkylanz
  • DNA- und RNA-Alkylierung, DNA-Strangbrüche "cross-linking"; Abnahme der DNA-Synthese
  • zellzyklusspezifisch: S-Phase [Quelle: Berger, D. P.; Engelhardt R.; Mertelsmann R. (Hrsg.): Das rote Buch. Hämatologische und internistische Onkologie. Verlag ecomed Landsberg 2002.]

Rat für Betroffene

Der gemeinnützige Verein Brustkrebs Info e. V., Berlin, bietet im Internet speziell für Betroffene und deren Angehörige umfangreiche Informationen rund um Brusterkrankungen an – unter anderem auch zur Früherkennung, Diagnostik und Therapie bei Brustkrebs bis hin zur Nachsorge und Adressen von Experten und Selbsthilfegruppen.

www.brustkrebs-info.de

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