Arzneimittel und Therapie

Frühe Krebsdiagnose

Mit molekularen Methoden frühzeitig Tumorzellen erkennen

Eine Krebserkrankung, die von herkömmlichen radiologischen Verfahren noch nicht erfasst werden kann, lässt sich anhand von in der Blutbahn zirkulierenden Tumorstammzellen möglicherweise schon sehr frühzeitig nachweisen. Diese tumorigenen Stammzellen können mit modernen molekularen Verfahren charakterisiert und quantifiziert werden.

Die Fortschritte der molekularen Biologie bringen immer mehr Erkenntnisse, was sich bei einer Krebserkrankung auf molekularer Ebene in einer entarteten Zelle abspielt. Damit eröffnen sich auch Chancen, nicht nur die Symptome, sondern in erster Linie auch die Ursachen einer Tumorentstehung zu behandeln. Ende April 2007 veranstaltete Dr. med. Ulrich Kübler, Leiter einer Praxisklinik in München und eines privaten Forschungsinstitutes, ein Seminar zum Thema Molekulare Onkologie, an dem etwa 40 leitende Ärzte und Professoren aus privaten und Uni-Kliniken teilnahmen.

"Wenn Krebs heute erkannt wird, ist es meistens schon zu spät", ist Kübler überzeugt. Es sei jedoch möglich, Tumor-Stammzellen im Blut nachzuweisen, lange bevor sie beispielsweise im Röntgenbild zu sehen sind. Und der Gynäkologe Prof. Dr. Ekkehard Stähler von der Praxisklinik Siegen fordert, "dass ein Paradigmenwechsel stattfinden muss. Prävention ist notwendig!" Damit meinen Stähler und Kübler aber nicht die Prävention, wie wir sie heute verstehen. Denn "was man landläufig als Prävention bezeichnet, ist nichts als gefährlicher Etikettenschwindel", so Stähler. Bereits bei jungen Menschen sollte auf freiwilliger Basis ein Screening durchgeführt und ein Risikoprofil erstellt werden.

Jeden Tumor ganz individuell bekämpfen

Tumor-Stammzellen verraten sich durch das Vorhandensein bestimmter Rezeptoren auf der Zelloberfläche, die auf eine stark überhöhte Aktivität der jeweiligen entsprechenden Gene hinweisen. Mit Hilfe spezieller Genchips, sogenannter Onkochips, können beispielsweise Tumorgene, die bei Brustkrebs eine Rolle spielen, gezielt aufgespürt werden. Diese Brustkrebs-Biochips analysieren die Aktivität von 20 Genen, die eine Bedeutung für das individuelle Ansprechen auf Chemotherapie, Hormontherapie oder andere Therapien haben. Prof. Dr. med. Hans Bojar, Leiter des Instituts für onkologische Chemie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, plädierte für eine individualisierte Therapie. "Wir träumen von einem magischen Schuss", sagt Bojar. Damit eine Chemotherapie gezielt wirken kann, wollen die Wissenschaftler zuvor herausfinden, auf welche Medikamente ein Tumor überhaupt anspricht, denn nach Bojar ist "jeder Tumor so individuell wie die Menschen". Deshalb müssen die Tumor-Stammzellen aus dem Blut isoliert und molekular charakterisiert werden. Dies geschieht durch eine Leukozyten-Apherese, bei der die weißen Blutkörperchen mit Hilfe einer Dichtegradientenzentrifugation aufgetrennt und die nicht benötigten Blutbestandteile dem Patienten wieder zurückgegeben werden. Die tumorigenen Stammzellen befinden sich in der Monozyten- und Leukozytenfraktion. Nun wird mit einer Polymerase-Kettenreaktion (PCR, polymerase chain reaction) das genetische Material der tumorigenen Stammzelle vervielfältigt. Durch FISH (Fluoreszenz-In-Situ-Hybridisierung)- und ELISA (Enzyme Linked Immunosorbent Assay)-Techniken werden die Tumorzellen charakterisiert und quantifiziert. Anhand dieser Daten lässt sich beispielsweise feststellen, ob eine Prädisposition für eine Krebserkrankung vorhanden ist. Auch der Verlauf einer Erkrankung (Progression, Remission) kann auf diese Arzt und Weise verfolgt werden.

Quelle

Prof. Dr. med. Hans Bojar, Düsseldorf; Dr. med. Ulrich Kübler, München, Prof. Dr. Ekkehard Stähler, Siegen: Seminar "Molekulare Onkologie", München, 21. April 2007.

Dr. Martin Mühleisen, freier Wissenschaftsjournalist

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