Selbstmedikation

Ch. WeberDysmenorrhö – das muss nicht die Reg

Alle Monate wieder: schmerzhafte Regelbeschwerden. Viele Frauen können davon ein Lied singen. Immer noch trifft man auf den Glauben, Regelschmerzen müsse "frau" still leidend und hilflos ertragen. Hier tut Aufklärung also Not. Schließlich lassen sich die meisten Symptome mit schmerz- und krampflindernden OTC-Medikamenten oder geeigneten Verhaltensmaßnahmen deutlich lindern. In der Beratung gilt es jedoch zunächst diejenigen Kundinnen herauszufiltern, deren Beschwerden einer ärztlichen Abklärung bedürfen.

Viele Frauen würden diese Tage gerne aus dem Terminkalender streichen: Die Regelblutung kündigt sich mit Unwohlsein und ziehenden Schmerzen an. Für manche bedeutet die monatliche Periode eine regelrechte Qual. Knapp jede zehnte Frau ist insbesondere zu Blutungsbeginn so stark beeinträchtigt, dass sie ihren Alltagsaktivitäten nicht nachgehen kann. Andere bleiben zwar arbeitsfähig, fühlen sich jedoch durch verschiedenartige Beschwerden sowohl in ihrer Leistungsfähigkeit als auch in ihrem Wohlbefinden eingeschränkt.

Lästig bis unerträglich

Unter Dysmenorrhö versteht man ziehende, krampfartige Schmerzen im Unterbauch, die kurz vor und während der Menstruation auftreten. Die Intensität ist dabei meist zu Blutungsbeginn am stärksten und lässt gewöhnlich nach zehn bis zwölf Stunden nach. Die Schmerzen können sich bis zu Koliken steigern und strahlen oft in Rücken oder Oberschenkel aus. Daneben klagen viele Frauen über Begleiterscheinungen wie Übelkeit, Durchfall, Hitzewallungen, Kreislaufschwäche, Tachykardie, Hautveränderungen, Beinödeme, Stimmungsschwankungen sowie Kopfschmerzen bis hin zu Migräne. Psychische Anspannung, seelische Konflikte oder ein ungewohnter Tagesablauf können die Symptome noch verschlimmern. Unter den Regelgeplagten überwiegen junge, schlanke, Mädchen von asthenischer Konstitution sowie maskuline Typen.

Die wichtigste Frage

Verlangt eine Kundin "etwas gegen Regelbeschwerden", dann gilt es in der Apotheke als erstes abzuchecken, ob es sich überhaupt um eine selbstmedikationsfähige Dysmenorrhö-Form handelt.

Dazu dienen Fragen wie: "Äußern sich Ihre Beschwerden in bekannter Weise?" oder "Sind die Symptome anders oder stärker als gewohnt?". Denn eine Selbstmedikation ist nur bei primärer Dysmenorrhö möglich. Bei dieser Form sind die Menstruationsblutungen von der Menarche an schmerzhaft und verlaufen jeden Monat nach etwa gleichem Muster, ohne dass ein pathologischer Befund vorliegt. Die primäre Dysmenorrhö, von der vor allem junge Frauen betroffen sind, kann zwar sehr belastend sein, gilt medizinisch jedoch als harmlos. Die Beschwerden bessern sich oft mit zunehmendem Alter bzw. mit regelmäßigerem Zyklusgeschehen oder spätestens nach der ersten Schwangerschaft.

Wen zum Arzt schicken?

Berichtet dagegen eine Kundin auf Ihre Nachfrage, dass sie erst seit wenigen Zyklen unter andersartigen oder außergewöhnlich starken Menstruationsbeschwerden leidet, so sollte man in der Beratung die "Weiche" rasch auf Arztkonsultation stellen. Denn dann liegt mit großer Wahrscheinlichkeit eine sekundäre Dysmenorrhö vor. Diese Form tritt gewöhnlich erst nach mehreren Menstruationsjahren auf, weshalb man besonders bei regelgeplagten Frauen jenseits des Teeniealters hellhörig sein sollte. Klinisch ist die sekundäre Dysmenorrhö durch Beschwerden gekennzeichnet, die sich nach jahrelanger weitgehender Symptomfreiheit erstmalig oder besonders heftig bemerkbar machen. Hier kommen als Ursache organische Veränderungen in Betracht wie z. B. Endometriose, Myome, Zervikalstenosen, Endometriumpolypen, intrauterine Missbildungen, Folgen mechanischer Verhütungsmittel (z. B. Spirale) etc. Daher gilt: Klagt eine Kundin über neuartige Regelbeschwerden, sollten Sie sie umgehend zum Gynäkologen schicken!

Weitere Fälle für den Gynäkologen

Auch andere Konstellationen zwingen in der Apotheke dazu, eine Patientin mit ihren Menstruationsbeschwerden zunächst zum Arzt zu verweisen. So z. B. wenn es sich um sehr junge Mädchen (unter 15 Jahre) handelt, die Beschwerden auch außerhalb der "Tage" auftreten, die gynäkologische Kontrolluntersuchung über ein Jahr zurückliegt oder der Zyklus durch Tempoanomalien (siehe Kasten) gestört ist. Hier muss den selbstmedikamentösen Maßnahmen ebenfalls eine ärztliche Abklärung vorausgehen.

Übeltäter Prostaglandine

Ursache der primären Dysmenorrhö ist in erster Linie eine vermehrte Produktion an Prostaglandinen (vor allem PGF2a) im Endometrium, der Uterusschleimhaut. Prostaglandine erhöhen die Kontraktilität des Myometriums (Muskelschicht des Uterus), was einerseits die Abstoßung der Schleimhaut ermöglicht, andererseits aber auch zu schmerzhaften Ischämien führen kann. Darüber hinaus wird den Prostaglandinen die Eigenschaft zugeschrieben, Schmerzrezeptoren zu sensibilisieren und so die Schmerzempfindlichkeit zu erhöhen. Über die Blutbahn erreichen die Prostaglandine auch andere Organe, wo sie die menstruationstypischen Begleitbeschwerden wie Kopfschmerzen verursachen. Aufgrund ihrer recht kurzen Halbwertszeit lassen die Prostaglandin-vermittelten Beschwerden in der Regel bald nach.

Darauf bei der Abgabe hinweisen

Auch wenn es sich bei primärer Dysmenorrhö um "normale" Begleiterscheinungen eines natürlichen Vorgangs handelt, muss sich keine Frau tatenlos damit abfinden. Mit den Prostaglandinsynthesehemmern steht eine effektive, quasi kausale Behandlungsmöglichkeit in der Selbstmedikation zur Verfügung. Entsprechende Wirkstoffe reduzieren die Prostaglandinbildung im Endometrium und können so die krampfhaften Schmerzen spürbar reduzieren. Dabei sind im HV natürlich die jeweils relevanten Anwendungsbeschränkungen (z. B. Magen-Darm-Ulcera, Blutbildungsstörungen, Asthma, Leber- und Niereninsuffizienz etc.) zu beachten. Wichtig ist außerdem der Abgabehinweis: "Für die effektive Wirkung ist die rechtzeitige und ausreichend dosierte Einnahme entscheidend!". Die Patientin sollte also nicht erst abwarten, bis sich ihre Regelschmerzen ins Unerträgliche gesteigert haben, sondern möglichst gleich zu Beschwerdebeginn eine ausreichende Initialdosis einnehmen. In der Selbstmedikation bieten sich hierfür an: Paracetamol (1000 mg; bis 3000 mg/Tag; z. B. Benuron®), Ibuprofen (400 mg; bis 1200 mg/Tag; z. B. Gyno-Neuralgin®), Naproxen (500 mg; bis 750 mg/Tag; z. B. Dolormin® für Frauen), ASS (1000 mg; bis 3000 mg/Tag; z. B. Aspirin®). Bei krampfartigen Beschwerden sind Wirkstoffkombinationen mit Butylscopolamin oft noch wirksamer (z. B. in Buscopan® plus). Manchen Frauen hilft Butylscopolamin auch als Monopräparat (z. B. Buscopan®).

Ergänzende Empfehlungen

Als flankierende Maßnahmen kann man regelgeplagten Frauen Magnesiumpräparate anbieten. Aufgrund ihrer muskelrelaxierenden Eigenschaften können sie sich positiv auf die Unterleibskrämpfe auswirken. Mit der Einnahme sollte allerdings schon einige Tage vor der Menstruation begonnen werden. Mancher Frau hat – trotz dünner Datenlage – auch schon die regelmäßige Vitamin-B6-Einnahme geholfen. Wegen ihrer zyklusstabilisierenden Wirkung wirken sich Extrakte aus Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus) bei regelmäßiger Einnahme langfristig ebenfalls positiv auf die Monatsbeschwerden aus. Wichtiger Abgabehinweis: Bis die erste Wirkung zu erwarten ist, müssen die Tabletten täglich und ohne Unterbrechung über mindestens drei Monate eingenommen werden.

Im Beratungsgespräch lassen sich außerdem gut entspannende Sitzbäder mit Kamillen-, Lavendel- oder Melissenextrakt empfehlen, die betroffene Frauen schon ein bis zwei Tage vor der Periode anwenden sollten. Manche schwören auch auf Frauenmantel-, Gänsefingerkraut-, Schafgarben-, Hirtentäschel- oder Lavendelblüten-Tee. Ihre Wirksamkeit wurde durch Studien bislang allerdings noch nicht belegt.

Was frau noch tun kann

Die meisten Frauen mit akuten Regelbeschwerden empfinden lokale Wärme als wohltuend, da damit Uteruskrämpfe gelindert werden können. Ein warmes Vollbad (z. B. mit einem Melissenöl-Badezusatz), aufsteigende Fußbäder (z. B. mit ein paar Tropfen Lavendelöl) oder eine Wärmflasche auf den Bauch sind daher gute Ratschläge.

Entgegen früherer Ansicht ist Sport an den Tagen keineswegs tabu, im Gegenteil: Bei körperlicher Aktivität wird das kleine Becken besser durchblutet und dadurch Ischämieschmerzen reduziert. Außerdem wirkt Bewegung in der Regel entkrampfend und entspannend. Erlaubt ist daher an diesen Tagen alles was Spaß macht und den Körper nicht zu stark belastet. Geeignet sind z. B. Walking, Radfahren, Gymnastik oder leichtes Joggen. Entspannungstechniken wie autogenes Training, progressive Muskelentspannung, Yoga oder gezielte Atemübungen können Frauen erfahrungsgemäß ebenfalls dabei helfen, ihre Regel erträglich zu regeln.

Alle Monat wieder: schmerzhafte Regelbeschwerden. Viele Frauen können davon ein Lied singen. Immer noch trifft man auf den Glauben, Regelschmerzen müsse "frau" still leidend und hilflos ertragen. Hier tut Aufklärung also Not. Die Regelblutung kündigt sich mit Unwohlsein und ziehenden Schmerzen an. Für manche bedeutet die monatliche Periode eine regelrechte Qual. Knapp jede zehnte Frau ist insbesondere zu Blutungsbeginn so stark beeinträchtigt, dass sie ihren Alltagsaktivitäten nicht nachgehen kann. Dabei lassen sich die meisten Symptome mit schmerz- und krampflindernden OTC-Medikamenten oder geeigneten Verhaltensmaßnahmen deutlich lindern.

Regelanomalien
  • Amenorrhö: Ausbleiben der monatlichen Regelblutung (z. B. bei Magersüchtigen, Hochleistungssportlerinnen)
  • Dysmenorrhö: schmerzhafte Monatsblutung
  • primäre: ohne krankhafte organische Ursache, tritt vorwiegend in den ersten Menstruationsjahren auf
  • sekundäre: beruht oft auf krankhaften organischen Veränderungen (z. B. Myome, Endometriose etc.)
  • Hypermenorrhö: übermäßig starke Menstruationsblutung
  • Hypomenorrhö: sehr schwache Menstruationsblutung
  • Menorrhagie: verlängerte Menstruationsdauer (> 7 Tage)
  • Oligomenorrhö: zu seltene Blutungen mit einem Zyklusintervall > 35 Tage
  • Polymenorrhö: zu häufige Menstruation mit Zyklusverkürzung auf < 25 Tage
  • prämenstruelles Syndrom (PMS): körperliches und psychisches Unwohlsein vor der Menstruation

    Häufige Ursache: Endometriose

    Ca. 10% aller Frauen zwischen dem 15. und 50. Lebensjahr sind – oft ohne es zu wissen – von einer Endometriose betroffen. Diese Wucherung und Versprengung der Uterusschleimhaut stellt in vielen Fällen die eigentliche Ursache für langjährige Regelschmerzen dar. Da den Menstruationsbeschwerden leider oft noch mit Ignorieren statt Diagnostizieren begegnet wird, dauert es durchschnittlich sechs Jahre, bis eine Endometriose als solche erkannt und therapiert wird.

  • Die zentrale Frage im HV "Äußern sich Ihre Menstruationsbeschwerden in gewohnter Weise?"
  • Ja - Selbstmedikation ist möglich
  • Nein - Arztbesuch ist notwendig

    Alles nur psychisch?

    Keineswegs, denn mit den Prostaglandinen liegt eine rationale (patho)physiologische Erklärung für die meisten regelbedingten Beschwerden vor. Allerdings entfaltet auch die Psyche bisweilen einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Menstruationsgeschehen: Frauen, die durch belastende und schmerzhafte Regelbeschwerden geprägt sind, entwickeln eine ablehnende Haltung zu ihrer Monatsblutung. In der Gewissheit, dass sich die Beschwerden nach vier Wochen wiederholen, haben sie verständlicherweise Angst vor dem nächsten Mal und verkrampfen sich zusätzlich, was wiederum die Schmerzen verstärkt.

  • Wann müssen Sie zum Arztbesuch raten?

    Wenn Regelbeschwerden

  • neu aufgetreten sind
  • deutlich stärker sind als sonst
  • in ihrer Intensität stetig zunehmen
  • sich in ihrem Beschwerdebild verändert haben
  • auch außerhalb der Regeltage auftreten
  • sich über Monate allmählich gesteigert haben
  • mit unregelmäßigen Zyklen einhergehen
  • sich trotz medikamentöser Behandlung nicht bessern
  • bei Mädchen unter 15 Jahren auftreten
  • Patientinnen betreffen, die länger als ein Jahr nicht bei der gynäkologischen Untersuchung waren
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