DAZ aktuell

Ein Baustein zum Wirkmechanismus von ASS

LISSABON (diz). Acetylsalicylsäure (ASS), der Wirkstoff von Aspirin, ist auf Stickstoffmonoxid (NO) angewiesen, um seine antiinflammatorische Wirkung zu entfalten. Dr. Derek W. Gilroy von der Abteilung für Klinische Pharmakologie und Therapeutik des Rayne Instituts, London, erhielt für seine Arbeiten zu diesem Thema den von der Bayer Healthcare AG gestifteten und mit 10.000 Euro dotierten Internationalen Aspirin-Preis, der in diesem Jahr zum zehnten Mal vergeben wurde.

Bei der Preisverleihung, die in Lissabon/Sintra im Rahmen eines Aspirin-Symposiums und in Anwesenheit zahlreicher, international renommierter Pharmakologen stattfand, machte der britische Wissenschaftler in seinem Vortrag deutlich, dass die so genannten "Aspirin-Triggered Lipoxine" (ATL) die Entstehung von entzündungshemmendem Stickoxid (NO) anregen.

Am Anfang standen viele Theorien

Warum Acetylsalicylsäure entzündungshemmende Wirkungen entfaltet, war lange Jahre ein Feld für Theorien und Hypothesen. Obwohl die Substanz bereits 1897 erstmals synthetisiert wurde und kurz darauf als Schmerz- und antientzündliches Mittel auf den Markt kam, wusste man lange Jahre nicht, worauf die Wirkung beruht. Erst Sir John Vane entdeckte 1971, dass ASS und andere der Salicylsäure ähnliche Substanzen die Prostaglandinsynthese hemmen. Doch auch Vanes Arbeiten ließen noch Lücken zur Erklärung der Wirkungsweise von ASS offen. In den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden viele weitere Theorien entwickelt, die davon ausgingen, ASS könne biochemische Stoffwechselwege, die der Entzündungsreaktion zugrunde liegen, hemmen oder auf andere Weise verändern.

Einige von ihnen, insbesondere die Fähigkeit der ASS, die Lipoxin-Biosynthese auszulösen, stützen jüngste Erkenntnisse, wonach ASS durch die Wirkungen verschiedener Stickoxid synthetisierender Enzyme die Stickoxid-Blutspiegel erhöht. Dies ist bei einer akuten Entzündung von Bedeutung, da Stickoxid eine zentrale Rolle spielt, wenn es darum geht, weiße Blutkörperchen zu Infektionsherden und Verletzungen zu befördern.

NO-Spiegel werden erhöht

Die Studien machten deutlich, dass ASS die funktionelle Aktivität von COX-2 auf die Erzeugung kurzlebiger Zwischenmoleküle - der Epi-Lipoxine - ausrichtet, die zurzeit enormes Interesse finden. Diese Epi-Lipoxine regen ihrerseits das Endothel der Blutgefäße sowie zirkulierende weiße Blutkörperchen dazu an, selbst Stickoxid zu produzieren, der Stickoxid-Blutspiegel wird erhöht. Das durch ASS hervorgerufene Stickoxid wirkt wie ein Abwehrmittel und verhindert, dass weiße Blutkörperchen sich in der Mikrozirkulation an Endothelzellen heften. Weiße Blutkörperchen können so bei einer Entzündung leichter das Blutsystem verlassen, um eine Infektion zu bekämpfen und zur Reparatur von Gewebeschäden beizutragen.

Letztendlich akkumulieren weniger weiße Blutkörperchen am Ort der Läsion, die Kardinalzeichen der Entzündung (Hitze, Rötung, Schwellung und Schmerz) nehmen ab. ASS besitzt außerdem protektive Wirkungen im Herz-Kreislauf-System, indem es Blutgefäße offen hält und die Thrombozytenaggregation verhindert - zwei für die Abwendung von Herzinfarkten und Schlaganfällen entscheidende Faktoren. Ob diese Schutzwirkungen durch Stickoxid vermittelt werden, muss erst noch geklärt werden.

Da die protektive Wirkung von Lipoxinen und Stickoxid bei einer Reihe von Reaktionen im Rahmen der Wirtsantwort immer deutlicher wird, könnte nach Auffassung von Gilroy die entscheidende Frage nun lauten, ob der eigentliche Wirkmechanismus von ASS nicht auf die Hemmung mutmaßlicher proinflammatorischer Mediatoren, sondern vielmehr auf die Induktion entzündungshemmender Mediatoren zurückzuführen ist.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.