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Pfizer: Umgestellte Sortis-Patienten häufig unterdosiert

BERLIN (ks). Walter Köbele, Vorsitzender der Geschäftsführung von Pfizer Deutschland, bleibt im Disput um die Einordnung von Atorvastatin (Sortis) in eine Festbetragsgruppe mit anderen Statinen hart. Die Studienlage belege klar, dass Sortis – insbesondere für Patienten mit akutem Koronarsyndrom und andere Hochrisikopatienten – ohne Alternative sei. Kritisch betrachtet das Unternehmen die Umstellung von Sortis-Patienten auf andere Cholesterinsenker. Diese würden in der Regel unterdosiert verabreicht, die Patienten damit schlechter versorgt.

Seit Jahresbeginn gilt für alle Statine ein Festbetrag. Pfizer hat den Preis für sein Präparat Sortis jedoch nicht auf dieses Niveau abgesenkt, sodass Patienten, die das Medikament weiter verordnet bekommen, die Differenz zwischen Festbetrag und tatsächlichem Preis selbst zahlen müssen. Pfizer sieht sich durch die Studienlage zu Statinen bestätigt: In keiner Studie habe sich ein anderes Statin Sortis gegenüber als überlegen erwiesen – auch gebe es für Atorvastatin mehr Endpunktstudien als für alle anderen Statine. Diese zeigten, dass Sortis eine echte Neuerung sei, die unter die Innovationsschutzklausel und nicht unter einen Festbetrag falle. "Wir sind nicht gegen das System", betonte Köbele am 21. Januar in Berlin, "wir wollen nur, dass das, was im Gesetz verankert ist, eingehalten wird."

Derzeit mit Simvastatin substituiert

Nach ersten Erhebungen des Instituts für Medizinische Statistik (IMS Health) für die ersten zwei Wochen dieses Jahres wurden ca. 43.000 der bislang 1,5 Millionen Sortis-Patienten auf andere Statine umgestellt. Ausgewichen wird auf Simvastatin (61 Prozent), Fluvastatin und Pravastatin (zusammen 27 Prozent) sowie das Kombinationspräparat Inegy (11 Prozent). Pfizer bereitet vor allem Sorge, dass zumeist im Verhältnis 1:1 substituiert wird, das Wirkstärkenverhältnis von Atorvastatin zu anderen Satinen aber bei mindestens 1:4 liegt. IMS Health zufolge hat nur bei neun Prozent der auf 10 mg Sortis eingestellten Patienten eine Umstellung auf 40 mg Simvastatin stattgefunden. 27 Prozent bekamen in den ersten 14 Tagen des Jahres hingegen 10 mg Simvastatin.

Angeblich keine adäquate Substitution

Köbele wies darauf hin, dass selbst der Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Peter Sawicki, geäußert habe, dass die Wirksamkeit dieser niedrigen Dosierung von Simvastatin nicht untersucht sei. Von den umgestellten Patienten, die bislang 20 mg Atorvastatin bekamen, erhalten nun lediglich zwei Prozent die adäquate Dosis von 80 mg Simvastatin. Fast 50 Prozent bekommen nur 20 mg. Wer bislang 40 mg Sortis einnahm, wird nun stets mit der gleichen Menge Simvastatin bedacht – denn 160 mg sind bereits toxisch.

Eine Umstellung auf Inegy für diese hochdosierten Patienten führe z. T. zu einer Überversorgung, so Köbele. Er betonte zudem, dass die gesetzlichen Kassen nicht mit Einsparungen rechnen können, wenn in einer passenden Dosierung umgestellt wird – denn dann läge Sortis stets unter dem Festbetrag des hochdosierten Simvastatins. Die einzige Möglichkeit, das Problem zu lösen, sieht Köbele in einer klaren Definition der Patientengruppen, die Sortis wirklich brauchen. Sie sollen das Präparat auch weiterhin von der Kasse erstattet bekommen.

Partner-Programm: Chroniker profitieren nicht

Für einen Teil der auf Sortis angewiesenen Patienten ist zu Jahresbeginn das so genannte "Partner-Programm" angelaufen: Auf Antrag übernimmt Pfizer die Mehrkosten für Sortis für gesetzlich versicherte Patienten, die bereits die Obergrenze von zwei Prozent für ihre Zuzahlungen erreicht haben. Auch Sozialhilfeempfänger und Minderjährige können eine finanzielle Unterstützung erhalten. Die entsprechenden Antragsformulare hat das Unternehmen bereits an jede deutsche Arztpraxis und Apotheke geschickt. Ausgenommen vom "Partner-Programm" sind allerdings chronisch Kranke. Hier habe der Gesetzgeber mit der Ein-Prozent-Regelung bereits bessere Hilfestellung geleistet. Köbele rechnet damit, dass etwa zehn bis 15 Prozent der Sortis-Patienten die Voraussetzungen des "Partner-Programms" erfüllen werden. "Das wird teuer, aber das nehmen wir in Kauf", so der Pfizer-Chef.

Kritiker aus Politik, Ärzteschaft und Krankenkassen hatten Pfizer vorgeworfen, mit den Patientendaten Kundenbindungsprogramme starten zu wollen. Doch Köbele versichert, dass die Daten nur zur Abwicklung der Erstattung der Mehrkosten verwendet werden – der Datenschutz sei in jedem Fall gewährleistet.

Folgen für das Unternehmen schwer absehbar

Pfizer geht davon aus, dass sich die Umsatzeinbrüche bei Sortis im Rahmen halten werden. 20 Prozent der Sortis-Patienten sind ohnehin privat versichert. Diesen Markt würde das Unternehmen gerne weiter ausbauen. Bei den gesetzlich Versicherten ist die Situation allerdings noch schwer absehbar: In einer Umfrage aus dem vergangenen Herbst zeigten sich 20 bis 40 Prozent bereit, die Differenz zwischen Festbetrag und Abgabepreis aus eigener Tasche zu zahlen.

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