Kommentar

Der ver(un)sicherte Patient

Patient sein ist heute nicht leicht. Schon gar nicht, wenn er an einer Hyperlipidämie leidet und auf Mittel zur Cholesterinsenkung angewiesen ist. Und vor allem, wenn ihn sein Arzt auf das Pfizer-Präparat Sortis mit dem Wirkstoff Atorvastatin eingestellt hat. Dann kann die Zuzahlung in der Apotheke plötzlich nicht mehr nur zehn Euro betragen, sondern z. B. zusätzlich mehr als 57 Euro, falls die 100er mit 20 mg auf dem Rezept steht. Der Hersteller weigert sich keck, den Preis für seinen Cholesterinsenker auf Festbetragsniveau abzusenken.

Obwohl Sortis noch unter Patentschutz steht, wurde es vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GB-A), der die Festbeträge festlegt, einer "Jumbo-Gruppe" für Statine zugeordnet, da es nach seiner Auffassung eher als Nachfolgepräparat einzuordnen sei denn als echte Innovation (für die dann kein Festbetrag gelten dürfte). Die Folge für den Hersteller: Er kann den Preis für sein Präparat auf Festbetragsniveau oder darunter absenken. Oder er hält seinen hohen Preis aufrecht mit der Folge, dass der Patient die Differenz zum Festbetrag zuzahlen muss oder sich von seinem Arzt auf einen anderen Cholesterinsenker umstellen lässt.

Pfizer will den Abwärtspoker nicht mitmachen, wofür man aus unternehmerischer Sicht sogar eine gewisse Sympathie empfinden kann. Oder herrscht hier nur Profitdenken? Auf jeden Fall will es sich nicht dem Diktat eines Ausschusses beugen, der mit intransparenten Mitteln über innovativ oder weniger innovativ beschließt. Gerade wenn es um Millionenumsätze geht, kann man Beurteilungen eines G-BA schon mal in Frage stellen.

Das Gesundheitsministerium ist über die Beibehaltung des hohen Preises verärgert. Es schlägt zurück und den Patienten Alternativen zu Sortis vor. Geht diese Einmischung in den Markt nicht zu weit? Pfizer ahnt, dass einige Ärzte Patienten umstellen werden, und bietet den von der Zuzahlung Befreiten an, die Mehrkosten für Sortis nachträglich rückzuerstatten. Trotzdem: Die Verunsicherung des Patienten bleibt. Vermutlich werden "Jumbogruppen" noch öfters für Streitigkeiten sorgen.

Peter Ditzel

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