Arzneimittel und Therapie

Zulassung beantragt: Inhalatives Insulin: tief einatmen statt spritzen

Die Firmen Pfizer und Aventis haben jetzt bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMEA (European Agency for the Evaluation of Medicinal Products) einen Zulassungsantrag für das erste inhalative Insulin (vorgesehenes Warenzeichen: Exubera®) zur Behandlung von Typ-I- und Typ-II-Diabetikern eingereicht.

Nach Schätzungen der WHO leiden zurzeit weltweit knapp 150 Millionen Menschen an Diabetes. In zwanzig Jahren werden es voraussichtlich rund 300 Millionen sein. Bei nicht behandelten oder schlecht eingestellten Diabetikern treten häufig schwerwiegende Komplikationen wie Herzerkrankungen, Schlaganfälle, Niereninsuffizienz und Erblindung auf.

Applikation über die Luftwege

Bei der neuen Insulin-Darreichungsform handelt es sich um ein Insulin-Trockenpulver, das vor den Mahlzeiten über die Lunge inhaliert wird. Die Lunge besitzt eine sehr große Resorptionsoberfläche von ca. 75 m2. Über diese Oberfläche kann man mit Hilfe geeigneter Applikationssysteme Arzneistoffe in den systemischen Kreislauf bringen.

Um auf inhalativem Weg einen ausreichend hohen Insulinspiegel zu erzielen, sind allerdings relativ hohe Insulinmengen erforderlich, da nur rund 10% des inhalativ verabreichten Insulins in den systemischen Kreislauf gelangen. Die Wirkung setzt schneller ein als bei subkutan gespritztem Normalinsulin, deshalb reicht die Anwendung innerhalb von 10 Minuten vor einer Mahlzeit aus.

Inhalierbares Insulin kann die normale physiologische Insulinantwort auf Mahlzeiten weitgehend nachahmen, weil es rasch in die Blutbahn resorbiert wird. Hier kann es den durch die Mahlzeiten ausgelösten Anstieg des Blutzuckerspiegels vermindern.

Gute Ergebnisse in klinischen Studien

In mehreren Phase-III-Studien wurde die Wirkung von inhalativem Insulin untersucht. In einer dreimonatigen Studie mit 70 Typ-I-Diabetikern zeigte inhaliertes Insulin eine gleich gute Effektivität wie subkutan appliziertes Humaninsulin. Dabei hatten die Patienten ein basales Insulin mit der Spritze einmal am Tag injiziert, das auf die Mahlzeiten bezogene Insulin wurde inhaliert.

Dadurch konnten mehrere Injektionen pro Tag vermieden werden. Nach Verlängerung dieser Studie auf einen Zeitraum von einem Jahr waren die Studienteilnehmer mit der inhalativen Insulintherapie deutlich zufriedener als mit der herkömmlichen Therapie, die ein mehrfaches Spritzen am Tag erforderte.

Weitere klinische Studien bei Typ-II-Diabetikern über drei Monate hinweg zeigten ähnlich gute Ergebnisse: Eingeschlossen waren 56 Patienten, die bereits Insulin injizierten und 69 Patienten, die trotz oraler Antidiabetika schlecht eingestellt waren.

Wie bei den Typ-I-Diabetikern hatte auch bei den Typ-II-Diabetikern, die bereits Insulin spritzten, inhalatives Insulin die gleiche Effektivität wie die Insulintherapie mit mehrfachen subkutanen Injektionen. Die Patienten, die Insulin inhalierten, waren nach drei Monaten mit ihrer Therapie wesentlich zufriedener als die Vergleichsgruppe mit den häufigen Injektionen.

Bei den mit oralen Antidiabetika schlecht eingestellten Typ-II-Diabetikern konnte durch die Inhalation von Insulin vor den Mahlzeiten eine wesentlich bessere Blutzuckereinstellung (HbA1c Verbesserung von 2,3%) erreicht werden. Daten aus Verlängerungsstudien über zwei Jahre mit Typ-I- und Typ-II-Diabetikern zeigen, dass inhalatives Insulin über diesen gesamten Zeitraum effektiv war.

Eine regelmäßig durchgeführte Überprüfung der Lungenfunktionsparameter zeigte keinen Einfluss der Pulverinhalation auf das Lungengewebe. Pfizer und Aventis arbeiten bei der Entwicklung, Vermarktung und Herstellung des inhalativen Insulins zusammen. Pfizer kooperiert ferner mit Nektar Therapeutics, die das Inhalationsgerät und die Formulierung entwickelt haben. hel

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