Berichte

IGGP-Kongress: Pharmazeutisches in Museen und Archiven

Der 36. Kongress für Geschichte der Pharmazie fand vom 24. bis 27. September 2003 in Sinaēa in Rumänien am Fuß der Karpaten statt. Die Tagung, in die die Sitzung der Internationalen Akademie für Geschichte der Pharmazie integriert war, umfasste vier Plenarvorträge, knapp 80 Kurzvorträge, eine Podiumsdiskussion und die Präsentation von 20 Postern und beschäftigte sich vorrangig mit den Bereichen "Museologie", "Pharmazeutische Archäologie" sowie "Dokumentation". Über 250 Personen nahmen an der Veranstaltung teil.

Prof. Dr. Ana Carata, Präsidentin der Rumänischen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie, eröffnete den Kongress. Danach wurde ein Grußwort des rumänischen Staatspräsidenten Ion Iliescu verlesen, und es folgten weitere Grußworte von Honoratioren.

"Pharmazie-Archiv"

Dr. Constantin Iugulescu gab einen Überblick zur Geschichte der Pharmazie in Rumänien. Bis 1500 gab es praktisch nur die Volksheilkunde, danach entstanden einzelne Apotheken. Seit 1857 wurde in Rumänien Pharmazie unterrichtet, 1869 die Rumänische Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie gegründet, und seit 1880 erschienen einschlägige Zeitschriften. Quellen für die historische Forschung sind u. a. Fakultätsakten und Dossiers der Studenten, aber auch Krankenhausakten.

Prof. Dr. Christoph Friedrich, Marburg, und Prof. Dr. Wolf-Dieter Müller-Jahncke, Heidelberg, stellten das "Pharmazie-Archiv" vor, das inzwischen neun Bände mit über 500 Abbildungen umfasst und sich in fünf Kapitel gliedert:

  • "Das Arzneimittel",
  • "Der Apotheker",
  • "Die Apotheke",
  • "Apothekengeräte und -gefäße",
  • "Pharmazeutische Industrie".

Die einzelnen Albumblätter mit aufwändigen Reproduktionen zeichnen zusammen mit den ausführlichen Texterläuterungen für jedes Kapitel die historische Entwicklung von den Anfängen bis zur Gegenwart nach.

Darüber hinaus betonten die Referenten den Wert privater Quellen, wie persönliche Aufzeichnungen, Briefe, Autobiographien und Laborberichte, die eine besondere Authentizität besitzen und direkte Einblicke in das Berufsleben geben.

Pharmaziehistorische Museen in Italien

Prof. Dr. Antonio Corvi, Pavia, stellte pharmaziehistorische Ausstellungen, Museen und Sammlungen in Italien vor. Dabei handelt es sich teilweise um alte Kloster- und Krankenhausapotheken, die noch am Originalstandort erhalten geblieben sind.

Folgende Sammlungen hob er hervor: die Casa Apotecaria Dr. Bergaglio in Gavi (Alessandria), die Officina Farmaceutica Corvi in Piacenza, die Antica Spezieria di S. Giovanni Evangelista in Parma, die Spezieria dell'Orto Botanico in Padua, das Pharmaziemuseum in Brixen (s. DAZ 39, S. 146), das Pharmazeutische Museum Mazzolini Giuseppucci in Fabriano, das Aboca-Museum in Sansepolcro, das Museo Storico Nazionale dell'Arte Sanitaria in Rom und die Farmacia degli Incurabili in Neapel.

Mit vielen Bildern wurde die Schönheit der Sammlungen und der Gegenstände unterstrichen.

Zusammenschlüsse von Apothekern

Prof. Dr. Olivier Lafont, Paris, referierte über den Beginn der Zusammenschlüsse von Apothekern. Ihr Berufsbild entwickelte sich ab etwa 1200 im Mittelmeerraum vor allem durch die Abgrenzung gegenüber Ärzten, Parfümherstellern und Gewürzhändlern. In Florenz organisierten sich die Apotheker mit den Drogenhändlern in einer Gilde, in die sich auch Dante Alighieri einschrieb, um bestimmte Privilegien zu erhalten, ohne dass er Apotheker oder Händler war.

In Frankreich trennte erst Ludwig XVI. definitiv die Apotheker von den Gewürzhändlern, was u. a. zur Folge hatte, dass Gewürzhändler keine heilkräftigen Mineralien verkaufen durften.

In England hatte Jakob I. zwar 1624 die Apotheker von den Gewürzhändlern getrennt, doch existierte bis 1852 die konfuse Situation, dass die Apotheker Diagnosen stellten und die Ärzte Medikamente herstellten.

Nationalmuseum für Geschichte der Pharmazie

Das rumänische Nationalmuseum für Geschichte der Pharmazie in Bukarest wurde im Mai 2000 in den Räumen der Pharmazeutischen Fakultät an der Universität Bukarest eröffnet, nachdem ein entsprechender Beschluss schon 1936 gefasst worden war. Die Sammlung geht im Wesentlichen auf den Apotheker Aurel Scurtu (1875 – 1948) zurück, der in vielen Jahren die Apotheken und die großen Bibliotheken besuchte und die wichtigsten Objekte und Dokumente zusammentrug.

In Cluj (Klausenburg) gab es früher eine pharmaziehistorische Sammlungen des Arzt-Apothekers Julius Orient (1869 – 1940).

Zukunft der Pharmaziegeschichte

Nachdem Prof. Dr. Olivier Lafont über die (wenig hoffnungsfroh stimmenden) Ergebnisse einer weltweiten Umfrage an Universitäten zur Organisation der pharmaziehistorischen Forschung berichtet hatte, schilderten die Vertreter von 16 nationalen Gesellschaften für Geschichte der Pharmazie ihre Wünsche und Vorstellungen.

Prof. Dr. Christoph Friedrich hob hervor, dass auf den Biennalen der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie (DGGP) gute Vorträge von jungen Forschern gehalten und hervorragende Poster präsentiert werden. Die DAZ-Beilage "Geschichte der Pharmazie" steht ihnen für Veröffentlichungen zur Verfügung. Eine Arbeitsgruppe versucht, Lehraufträge für junge Pharmaziehistoriker zu vermitteln.

Oft wurde geeignetes Unterrichtsmaterial vermisst. In Frankreich erscheint in diesem Jahr ein Wörterbuch pharmaziehistorischer Fachbegriffe, das diesem Mangel abhelfen soll.

Charles Libert, der Moderator der Podiumsdiskussion, schlug vor, dass alle historischen Fächer, die das Gesundheitswesen tangieren, sich zusammentun sollten, doch meinte Lafont, dass die Geschichte der Pharmazie ihre Eigenständigkeit verteidigen müsse.

Als Problem für junge Forscher erweisen sich die Kosten für Publikationen und die Teilnahme an Kongressen. Dies könnte vor allem für den nächsten Kongress der IGGP in Edinburgh (Schottland) im Jahr 2005 gelten; die Veranstalter suchen jedoch nach finanziell günstigen Lösungen.

Mitgliederversammlung der IGGP Nach dem Grußwort und dem Bericht des Präsidenten der Internationalen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie (IGGP), Prof. Dr. François Ledermann, dem Kassenbericht von Dr. Larissa Leibrock-Plehn und weiteren vereinsrelevanten Präliminarien berichtete der Generalsekretär, Dr. Axel Helmstädter, über drei von der IGGP geförderte Projekte:

  • die Verbesserung der Literaturrecherche auf pharmaziehistorischem Gebiet. In Kooperation der Universitäten Braunschweig und Karlsruhe entstand die Online-Verfügungsstellung der "Pharmaziehistorischen Rundschau";
  • die pharmaziehistorischen Lehrveranstaltungen werden weltweit inventarisiert;
  • die pharmaziehistorischen Sammlungen, Ausstellungen und Museen werden weltweit erfasst. Entsprechende Links sollen auf der Homepage der IGGP eingerichtet werden.

Dr. Sabine Anagnostou, die ein Stipendium der IGGP erhalten hatte, berichtete über ihre Recherchen zur Geschichte der Missionspharmazie in Mexiko.

Akademiesitzung In Brasov (Kronstadt) fand die Sitzung der Internationalen Akademie für Geschichte der Pharmazie statt. Nach Begrüßungsworten des Präsidenten, Prof. Dr. Wolf-Dieter Müller-Jahncke, und dem Geschäftsbericht der Generalsekretärin, Prof. Dr. Evangelia Varella, wurden acht neue Mitglieder in die Akademie aufgenommen:

Prof. Dr. Robert A. Buerki (USA), Prof. Dr. Aysegül Demirhan Erdemir (Türkei), Dr. István Grabarits (Ungarn), Dr. Peter Hartwig Graepel (Gladenbach), Prof. Dr. Anita Magowska (Polen), Dr. László András Magyar (Ungarn), Prof. Dr. Ana Maria Perkins de Piacentino (Argentinien), Prof. Dr. Honorius Popescu (Rumänien) und Pharmazierat Marcus Olli (Finnland).

Dr. Sabine Anagnostou (Marburg) wurde für ihre Dissertation über die Missionspharmazie der Jesuiten mit dem "Prix Maria del Carmen Francés" ausgezeichnet. Die "Medaille Maria del Carmen Francés" erhielt Prof. Dr. Glenn Sonnedecker (USA).

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