Qualitätssicherung

D. NeidelPerspektive Rezeptur in Thüringer Apotheke

Täglich werden individuelle Arzneimittel in den Apotheken hergestellt. Dabei stellen sie für alle Beteiligten einen Mehrwert dar: Die Patienten erhalten ein auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnittenes Arzneimittel, und die Ärzte haben die Möglichkeit, therapeutische Lücken im Angebot der industriell hergestellten Arzneimittel zu schließen. Insbesondere bei der Therapie von Hauterkrankungen besitzt die Verordnung individueller Anfertigungen einen hohen Stellenwert. Nicht zuletzt sei darauf hingewiesen, dass durch die Apothekenrezeptur im Notfall eine eigenständige Versorgung mit Arzneimitteln vor Ort erfolgen kann. Ungeachtet dieser Vorteile ist die Rezeptur in einer Zeit, in der die Apotheken existenzbedrohenden wirtschaftlichen Belastungen ausgesetzt sind und die pharmazeutische Industrie fast alle benötigten Arzneimitteln serienmäßig und mit hohem Qualitätsstandard herstellt, kritischen Fragen ausgesetzt. Dies war Grund genug für die Landesapothekerkammer Thüringen, den Bereich Rezeptur hinsichtlich Umfang und Qualität näher zu untersuchen.

Umfrage unter Thüringer Apotheken

Laut Schätzungen der ABDA von 1998 werden pro Jahr in einer Apotheke 1200 Rezepturen hergestellt. Dies bedeutet, alle deutschen Apotheken produzieren jährlich rund 25 Millionen Rezepturen. Nachdem die Apothekerkammer Westfalen-Lippe im Jahr 2001 diese Zahlen eindrucksvoll bestätigte [1], sollte durch eine Befragung der Apotheken in Thüringen auch dort ein Überblick über den Stellenwert der Rezeptur gewonnen werden. In einem an die Apotheken versandten Dokumentationsbogen konnten Art und Menge der hergestellten Rezepturen in einem Zeitfenster von vier Wochen erfasst werden (dies entsprach durchschnittlich 21 Werktagen). Insgesamt 147 der 526 öffentlichen Apotheken beteiligten sich an der Umfrage. Damit beruhen die Ergebnisse auf den Angaben von 28% der öffentlichen Apotheken in Thüringen. Da nur eine von 18 Krankenhausapotheken Angaben zur Häufigkeit von Rezeptur und Defektur machte, war eine Analyse der Herstellungsintensität in den Thüringer Krankenhausapotheken nicht möglich. Um eine Verzerrung der Zahlen zu vermeiden, wurden diese Daten in der Auswertung nicht berücksichtigt.

Häufigkeit der ad-hoc-Rezeptur

Insgesamt stellten 147 Apotheken in 21 Werktagen 9369 Rezepturen her. Würde man dies auf das Bundesland Thüringen hochrechnen, bedeutet dies, dass pro Jahr ca. 434 000 ad-hoc-Rezepturen hergestellt werden. In den teilnehmenden Apotheken wurden entsprechend den Umfrageergebnissen etwa drei Rezepturen pro Tag produziert. Für einen Zeitraum von 21 Werktagen entspricht dies 64 Rezepturen pro Apotheke. Hochgerechnet auf ein Kalenderjahr werden demnach in einer thüringischen Apotheke 824 individuelle Arzneimittel zubereitet.

Anteile der Arzneiformen

Die größte Bedeutung in der Rezeptur besitzen die halbfesten Zubereitungen. Insgesamt 6134 (66%) Salben etc. wurden im Befragungszeitraum dokumentiert. In der Gruppe der festen Arzneiformen wurden 842 Rezepturen (9%) und bei den flüssigen Arzneiformen 1515 Rezepturen (16%) in den teilnehmenden Apotheken hergestellt. Ohne Zuordnungen der Arzneiform wurden die Zytostatika erfasst: 878 Rezepturen (9%). Da die Herstellung von Zytostatika große Investitionen erfordert und hohe organisatorische Anforderungen an die jeweilige Apotheke stellt, betätigen sich nur wenige Apotheken auf diesem Feld, während alle anderen Rezepturen in vergleichbarer Größenordnung von allen Apotheken hergestellt werden. Von den 147 beteiligten Apotheken wurden 1867 Rezepturen (22%) nach standardisierter Vorschrift, z. B. nach NRF, und 6624 Rezepturen (78%) nach einer individuellen Verordnung des Arztes als "freie" Komposition hergestellt (ohne Zytostatika). Betrachtet man die verschiedenen Arzneiformen näher (Abb. 1), so sind es die halbfesten Arzneiformen zur kutanen, rektalen und vaginalen Anwendung, wie z. B. Fieberzäpfchen und Ultraschallkontaktgel, die mit 5867 Rezepturen (63%) die größte Bedeutung besitzen. Mit 872 Rezepturen (9%) sind Emulsionen, Suspensionen und Lösungen zum Einnehmen, wie z. B. Magentropfen und Fiebersäfte, die zweitgrößte Gruppe der Zubereitungen in der Apotheke. Tees und Teemischungen, wie z. B. Erkältungs- oder Magen-Darm-Tee, erfreuen sich aufgrund eines vielfältigen Anwendungsspektrums nach wie vor großer Beliebtheit und einer guten Compliance. Sie stellen mit 478 Rezepturen (5%) die dritthäufigste ad-hoc-Rezeptur in der Apotheke dar. Neben 323 Wund- und Blasenspülungen, 287 Pulvern bzw. Pulvermischungen, 261 Nasensalben wurden durch die teilnehmenden Apotheken auch 143 Nasentropfen im Befragungszeitraum hergestellt.

Häufigkeit der Defektur

Im Rahmen der Umfrage wurde gleichzeitig die Defektur über einen festgelegten Zeitraum von vier Monaten (entsprach 91 Werktagen) anhand der Herstellungsprotokolle dokumentiert. Bei der Defektur handelt es sich um die Herstellung von Arzneimitteln im Voraus in Chargen bis zu 100 abgabefertigen Packungen oder einer entsprechenden Menge. Während alle Umfrageteilnehmer Angaben zu Art und Menge der hergestellten Rezepturen machten, beruhen die Daten zur Herstellung im Voraus auf den Angaben von nur 92 Apotheken. Diese geringere Anzahl ergibt sich zwangsläufig aus den gesetzlichen Bestimmungen, die eine Herstellung im Voraus nur erlauben, wenn nachweislich häufige ärztliche Verschreibungen vorliegen. In der Regel erfolgt die Herstellung von Defekturen, wenn in direkter Nähe der Apotheke ein intensiv verordnender Arzt praktiziert. Insgesamt wurden durch die 92 Apotheken (18% der öffentlichen Apotheken Thüringens) in vier Monaten 8377 Defekturen angefertigt. Davon entfallen in 80 Apotheken 5389 Defekturen (64%) auf die Herstellung entsprechend der 100er-Regel (Abb. 2). 28% von diesen Defekturen wurden nach einer standardisierten Vorschrift hergestellt. Auch bei den Defekturen nach der 100-er Regel besitzen die halbfesten Arzneiformen zur kutanen, rektalen und vaginalen Anwendung mit 2971 Zubereitungen (55%) die größte Bedeutung. 34 Apotheken meldeten, dass im Umfragezeitraum Defekturen gemäß Standardzulassung hergestellt wurden; unter den 1558 Defekturen waren Tees und Teemischungen mit 1045 Zubereitungen am stärksten vertreten. Nach Stada-Zulassung wurden in 17 Apotheken 1383 Zubereitungen hergestellt; die am häufigsten gemeldete Arzneiform waren Kapseln. Echte Hausspezialitäten (Fertigarzneimittel, die unter dem Namen der Apotheke in Verkehr gebracht werden) wurden in acht Apotheken zubereitet; insgesamt wurden im Umfragezeitraum 47 Zubereitungen hergestellt. Durch die Befragung wurde offensichtlich, dass "selbstgestrickte" Rezepturen noch eine große Bedeutung in der Apothekenrezeptur besitzen. Obwohl verschiedene Publikationen und das Engagement von Fachgesellschaften zumindest bei den Hautärzten zu einem steigenden Bekanntheitsgrad des NRF geführt haben und auch die Standardrezepturvorschriften (SR) in das NRF integriert wurden, ist der Anteil von standardisierten Rezepturen in Thüringen noch gering. Apothekerseitig ergeben sich bei "freien" Kompositionen häufig Probleme hinsichtlich Sicherstellung von Qualität, Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Konformität. Dies zeigen die Anfragen bei der Rezeptur-Hotline des NRF sowie den regionalen Arzneimittelinformationsstellen. Perspektivisch muss es das Ziel aller Beteiligten sein, Rezepturen aus dem NRF oder anderen offiziellen Rezeptursammlungen zu favorisieren. Hierzu können regionale Arzt-Apotheker-Qualitätszirkel einen wichtigen Beitrag leisten.

Wirtschaftlichkeit der Rezeptur

In der Frage der Wirtschaftlichkeit der Rezeptur muss sowohl die Seite des Verordners als auch die Seite des Herstellers, in diesem Fall der Apotheke, betrachtet werden. Eine Analyse des gängigen Verschreibungsverhaltens niedergelassener Dermatologen machte deutlich, dass die Magistralrezepturen mit einem Anteil von 40% an allen Verschreibungen – und von 48% an den Externa – eine wichtige Rolle spielen. Obwohl Fertigarzneimittel im Einzelfall durchaus preisgünstig und Rezepturen teurer sein können, liefert die Literatur Hinweise, dass Dermatologen über den vermehrten Einsatz von Externa-Rezepturen die Wirtschaftlichkeit ihrer Verordnung fördern können [2]. Jedoch gehen diese Einsparungen zulasten der herstellenden Apotheke, denn die Diskrepanz zwischen Arbeitsaufwand und Arbeitspreis führt zu einem Verlustgeschäft. Analysiert man die Personalkosten der Pharmazeuten nach einzelnen Tätigkeitsbereichen in der Apotheke, so entfallen ca. 15% der Kosten auf die Rezeptur [3]. Neben dem reinen Herstellungsprozess sind Ausgangsstoff- und Primärpackmittelbeschaffung, Prüfung, Hygiene, Taxation, Abgabe und Beratung sicherzustellen. Magistralrezepturen sind umsatzmäßig in den meisten europäischen Ländern mit einem Anteil von 1 bis 2% von geringer Bedeutung. Vergleicht man die Situation in Europa, so findet man eine Streuung von 1,85% (Österreich) bis 0,025% (Großbritannien). Bei einigen europäischen Nachbarländern wurde die Herstellung von individuellen Arzneimitteln in spezialisierte Zentren verlagert. Der Spekulation, dass durch einzelne spezialisierte Apotheken eine profitable Herstellung ermöglicht wird, steht die betriebswirtschaftlich ernüchternde Analyse der Firma Spirig AG, Pharmazeutische Präparate, Egerkingen, im Bereich Magistralrezeptur gegenüber [4]. Betrachtet man dagegen die Rezeptur unter dem Aspekt der Patientenorientierung, so kann bei der Anwendung von Rezepturen häufig eine erhöhte Compliance beobachtet werden, wobei die Art der Darreichungsform von Bedeutung ist [5]. Gleichzeitig binden individuell hergestellte Arzneimittel die Patienten an "ihre" Apotheke.

Qualität der Rezepturen

Aus verschiedenen Gründen entfacht sich in Fachkreisen regelmäßig eine Diskussion um die Qualität der in Apotheken hergestellten Rezepturen. Mit Aussagen wie "hier werden Rezepturen meist noch auf dem Stand der Jahrhundertwende [um 1900] hergestellt" [6] wird eine Serviceleistung infrage gestellt, die entscheidend das Bild der öffentlichen Apotheke bei den Patienten prägt. Im Jahr 2000 hatten die Bayerische Landesapothekerkammer und die Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) beauftragt, rezepturmäßig hergestellte Arzneimittel in 13 Apotheken zu untersuchen. Schwerpunkte der Untersuchung waren der Hygienestatus im Herstellungsbereich, die mikrobiologische und makroskopische Qualität sowie die Kennzeichnung des Abgabebehältnisses [7]. Seit 2001 bietet die Apothekerkammer Berlin ihren Mitgliedern die Möglichkeit, in der Apotheke hergestellte Rezepturen durch einen externen Dienstleister objektiv beurteilen zu lassen. Die rege Beteiligung der Apotheken und die positive Rückäußerung zeigen, dass ein derartiges Angebot von den Pharmazeuten akzeptiert und gewünscht wird [8]. Die Landesapothekerkammer Thüringen hat nun gemeinsam mit dem ZL ein Pilotprojekt "Ringversuch Rezeptur" mit 47 Teilnehmern durchgeführt. Ziel war es, die Apotheker/-innen bei ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen. So sollten potenzielle Fehlerquellen aufgedeckt werden, um diese im Rahmen von folgenden Fortbildungsveranstaltungen diskutieren und auf ihre Vermeidung hinwirken zu können. Kurz vor dem geplanten Herstellungstag wurden die angemeldeten Teilnehmer über den genauen Ablauf und die herzustellende Rezeptur informiert. Sie wurden aufgefordert, Hydrophiles Metronidazol-Gel (NRF 11.65) ohne Konservierungsmittel unter routinemäßigen Bedingungen herzustellen. Es sollte so verfahren werden, als ob über die Rezeptur eine Verordnung für einen Patienten vorliegen würde. Die eingesandte Rezeptur wurde anhand zahlreicher Qualitätskriterien beurteilt: Gehalt, pH-Wert, Abwesenheit des Konservierungsmittels, Keimstatus, makroskopische Beschaffenheit, Kennzeichnung des Primärpackmittels (Tab. 1).

Primärpackmittel

Die Auswahl des Primärpackmittels muss unter den Gesichtspunkten Arzneimittel- und Anwendungssicherheit erfolgen. Das gewählte Abgabebehältnis muss die erforderliche Produktqualität während der Anwendung gewährleisten und darf die Stabilität der Rezeptur nicht unzulässig beeinflussen. Gleichzeitig soll das Primärpackmittel eine hygienische Entnahme sowie eine sichere und bestimmungsgemäße Anwendung durch den Patienten ermöglichen. Zur Sicherstellung der Arzneimittelqualität sind Primärpackmittel auszuwählen, deren pharmazeutische Qualität durch ein Prüfzertifikat des Herstellers nachgewiesen ist. Gleichzeitig sollte in der Apotheke eine visuelle Prüfung auf Unversehrtheit und Sauberkeit erfolgen. Die korrekte Anwendung spezieller Primärpackmittel muss dem Patienten bei der Abgabe, ggf. durch Beigabe einer Gebrauchsanweisung, erklärt werden. Wasserhaltige halbfeste Zubereitungen sollten vorzugsweise in Tuben aus Aluminium oder Spenderdosen abgefüllt werden. Für unkonservierte halbfeste Zubereitungen sind ausnahmslos Tuben aus Aluminium oder Spenderdosen zu verwenden [9]. Der Einsatz von Schraubdeckeldosen ist aufgrund der erhöhten Gefahr einer nachträglichen Kontamination der Rezeptur bei Anwendung durch den Patienten nicht zu empfehlen. Hinweise für die richtige Auswahl der Primärpackmittel finden sich auch in den entsprechenden NRF-Monographien. Für das Hydrophile Metronidazol-Gel 0,75% werden als Verpackung Spenderdosen und Aluminiumtuben mit Innenschutzlackierung empfohlen. Insgesamt 39 Teilnehmer des Ringversuches Rezeptur verwendeten Tuben aus Aluminium mit Innenschutzlackierung oder Spenderdosen, wie beispielsweise Unguator-Kruken, aponorm Dreh-Dosier-Kruken (Abb. 3).

Mikrobiologische Qualität und Abwesenheit Konservierungsmittel

Dermatologische Rezepturen müssen hygienisch einwandfrei hergestellt werden. Mikrobiell belastete Produkte verderben und können den Anwender schädigen. In der Apotheke müssen geeignete Hygienemaßnahmen getroffen werden, um die erforderliche Qualität gewährleisten zu können [10]. Gemäß Ph. Eur. 4, 2002 Abschnitt 5.1.4 "Mikrobiologische Qualität pharmazeutischer Zubereitungen" werden Zubereitungen zur kutanen Anwendung der Kategorie 2 zugeteilt. Für diese Kategorie gilt, dass maximal 102 koloniebildende Bakterien und Pilze pro Gramm bzw. pro Milliliter Zubereitung auftreten dürfen. Spezifische Mikroorganismen (Enterobakterien und andere gramnegative Bakterien) dürfen höchstens in der Anzahl 10 vorkommen. Pathogene Keime wie Pseudomonas aeruginosa und Staphylococcus aureus dürfen nicht vorhanden sein. Bei der mikrobiellen Prüfung unter Verwendung der Membranfilter-Methode entsprachen alle untersuchten Rezepturen den Anforderungen des Arzneibuches. Die Rezeptur war nach der Vorgabe ohne Konservierungsmittel herzustellen. Die Anwesenheit des Konservierungsmittels Kaliumsorbat konnte durch Dünnschichtchromatographie bei allen 47 Rezepturen ausgeschlossen werden.

Kennzeichnung

In der Apotheke hergestellte Arzneimittel sind vor der Abgabe an den Patienten mit entsprechenden Angaben nach § 14 ApBetrO zu kennzeichnen. Dabei sind ergänzende Hinweise, die über die gesetzlich fixierten Mindestanforderungen hinausgehen, vor allem als Informationen für den Patienten zu empfehlen; sie erhöhen die Arzneimittelsicherheit. Hinweise für die patientenorientierte Kennzeichnung finden sich insbesondere in den NRF-Monographien. In jeder Apotheke muss sichergestellt werden, dass alle Mitarbeiter, die für die Herstellung von Arzneimitteln in der Apotheke verantwortlich sind, nach dem gleichen Schema Rezepturen kennzeichnen (Tab. 2). Insgesamt 33 Teilnehmer erfüllten alle Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung. Angaben zu Name und Anschrift der Apotheke sowie zu den wirksamen Bestandteilen nach Art und Menge wurden von allen Teilnehmern gemacht. Aus Gründen der Arzneimittelsicherheit sollten jedoch sowohl bei standardisierten Rezepturen als auch bei nicht standardisierten Rezepturen alle weiteren Bestandteile nach Art und Menge (Hilfsstoffe) gekennzeichnet werden (Tab. 2). Die ausführliche Aufschlüsselung aller Bestandteile wurde von 34 teilnehmenden Apotheken vorgenommen. Bei 44 der untersuchten Rezepturen wurden Angaben zum Inhalt nach Gewicht gefunden. In der Apothekenbetriebsordnung wird die Nennung des Inhalts nach Gewicht, Rauminhalt, mit entsprechender Maßeinheit, oder Stückzahl gefordert. Verbesserungspotenziale bei der Kennzeichnung von Rezepturen gibt es besonders bei den Hinweisen zur Art der Anwendung. Früher verwendete Begriffe wie "Äußerlich" sind nicht ausreichend. Eine geeignete Formulierung für die untersuchte Rezeptur stellt z. B. "Zum Auftragen auf die erkrankte Haut" dar. Ein entsprechender Hinweis fand sich auf dem Etikett von 41 Rezepturen. Für die geprüfte Rezeptur erweist es sich als sinnvoll, folgende Gebrauchsanweisung anzugeben: "2- bis 3mal täglich auf die betroffene Hautstelle auftragen". Insgesamt 39 Apotheken haben die Gebrauchsanweisung auf dem Etikett aufgeführt. Das Datum der Herstellung und der Hinweis auf die begrenzte Haltbarkeit war bei 46 der untersuchten Rezepturen auf dem Etikett zu finden. Gemäß den NRF-Tabellen (I.4.-3) sollte jedoch das Enddatum der Aufbrauchfrist hinzugefügt werden. Unkonserviert hergestelltes Hydrophiles Metronidazol-Gel 0,75% ist mikrobiell anfällig und innerhalb von 7 Tagen aufzubrauchen. Empfehlenswert im Sinne der Arzneimittelsicherheit für den Patienten sind genaue Formulierungen, wie "Zu verwenden bis …", "Aufzubrauchen bis spätestens …" sowie "Nicht mehr anwenden nach dem …". Mit der Aufbrauchfrist entsprechend den Angaben des NRF waren 40 Etiketten versehen.

Gehaltsbestimmung

Die Bestimmung des Gehaltes von 0,75-prozentigem Metronidazol-Gel ohne Konservierungsmittel erfolgt mittels HPLC gemäß Monographie BP 2002 "Metronidazole-Gel". Die Proben wurden von einer tiefen und einer oberflächennahen Stelle des Kruken- bzw. Tubeninhaltes entnommen. Als Abweichungen vom deklarierten Gehalt waren für das untersuchte Rezepturarzneimittel bis zu Ī 10 Prozent erlaubt [12]. In 50 g der Rezepturen sollte ein Gehalt von 0,375 g Metronidazol eingearbeitet werden. Die Grenzen lagen entsprechend den vorgegebenen Forderungen bei 0,413 g bzw. 0,338 g Metronidazol. Bei 42 Rezepturen entsprach der Gehalt den Anforderungen. Der mittlere Gehalt aller 47 Proben an Metronidazol betrug 0,384 g, das Maximum lag bei 0,471 g und das Minimum bei 0,339 g. Die Standardabweichung bei 47 untersuchten Proben lag bei 0,027 g.

pH-Wert

Die Bestimmung des pH-Wertes von Hydrophilem Metronidazol-Gel 0,75% (NRF 11.65) ohne Konservierungsmittel wurde anhand einer Lösung aus einem Teil Probe und neun Teilen Wasser mittels pH-Meter vorgenommen. Der pH-Wert ist aus Gründen der Stabilität und des Wirkungsoptimums von Interesse. Als rezeptierbarer Bereich ist ein pH-Wert von 4,0 bis 6,5 anzustreben. Alle 47 untersuchten Proben entsprachen den Anforderungen.

Makroskopische Beschaffenheit

Die pharmazeutische Qualität von Rezepturarzneimitteln ist im Allgemeinen durch standardisierte Herstellungsverfahren sichergestellt. Eine abschließende Qualitätsprüfung am Endprodukt sollte visuell (gleichmäßige Beschaffenheit) erfolgen. Das Gel muss gleichmäßig beschaffen und klar sein, ungelöste Bestandteile dürfen nicht zu erkennen sein. Hydrophiles Metronidazol-Gel 0,75% (NRF 11.65) darf Luftblasen enthalten und schwach gelb gefärbt sein. Alle 47 Proben entsprachen den Anforderungen.

Große Resonanz

Die große Resonanz auf das Pilotprojekt beweist, dass die Qualitätssicherung bei der rezepturmäßigen Herstellung ein zentrales Anliegen der Thüringer Apothekerschaft darstellt. Gleichzeitig sprechen die Ergebnisse für die Leistungsfähigkeit und die Leistungsbereitschaft der Apotheken (Abb. 4). Im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses wird die Landesapothekerkammer den Ringversuch Rezeptur im nächsten Jahr erneut als Dienstleistung für ihre Mitglieder anbieten. In der Vorbereitung dessen bzw. in Nacharbeit des Pilotprojektes veranstaltet die Landesapothekerkammer ein ganztägiges Seminar "Probleme in der Apothekenrezeptur", um die beim Pilotprojekt erkannten Schwierigkeiten in der Rezepturherstellung zu lösen und vermeiden zu können. Im theoretischen Teil sollen u. a. Themen wie Auswahlkriterien geeigneter Wirkstoffe und Systeme, Inkompatibilitäten in Rezepturen, Kennzeichnung von Rezepturen behandelt werden. Im praktischen Teil werden dann anhand von ausgewählten Beispielen Hilfestellungen für die tägliche Arbeit in der Apothekenrezeptur vermittelt.

Perspektive Rezeptur

Die Individualität der Patienten wird auch weiterhin individuelle Arzneimittel erforderlich machen. Betrachtet man die Entwicklungen im Bereich Biotechnologie, so ergeben sich künftig weitere Potenziale für die schnelle, individuelle Herstellung vor Ort. Die Zukunft der individuellen Rezeptur ist aber unweigerlich mit der Zukunft der öffentlichen Apotheke verbunden. Nach den ersten Entwürfen zum Gesundheitssystem-Modernisierungsgesetz will der Gesetzgeber erstmals eine (Versand-)Apotheke aus der Pflicht entlassen, Rezepturen herzustellen. Damit legalisiert man die derzeitige Praxis von Versandhändlern, die eine Herstellung von Rezepturen nicht gewährleisten können bzw. wollen [13]. Ob die öffentliche Apotheke dann weiterhin verpflichtet werden kann, eine derartige Leistung zu erbringen, darf bezweifelt werden. Damit droht für Patienten eine Reduzierung der Versorgungsqualität und für Ärzte eine Einschränkung ihres Verordnungsspielraums. Nicht zuletzt würde das Berufsbild des Apothekers eine wesentliche und tragende Säule verlieren. Aus diesen Gründen werden die Apothekerinnen und Apotheker im Rahmen der PR-Kampagne "Perspektive Apotheke" am Beispiel der Rezeptur die Konsequenzen einer "Liberalisierung" der Arzneimittelversorgung aufzeigen. Die vorliegenden Daten zur Häufigkeit von Rezeptur und Defektur sowie das Engagement der Apothekerschaft im Rahmen der Qualitätssicherung sind in besonderer Weise geeignet, in der Öffentlichkeit kommuniziert zu werden.

Literatur [1] Groppe, S.: Maßgeschneiderte Arzneimittel aus der Apotheke. Pharm. Ztg. 147 (2002), 3706–3712. [2] Altmeyer, P., et al.: Analyse magistraler Rezepturen von niedergelassenen Dermatologen. Hautarzt 48 (1997), 12 – 20. [3] Hasan-Böhme, U.: Tätigkeits- und Kostenprofile der Apothekenmitarbeiter. Pharm. Ztg. 144 (1999), 3156–3159. [4] Birrenbach, G.: Magistralrezeptur in der Apotheke. Dtsch. Apoth. Ztg. 139 (1999), 3056–3060. [5] Welzel, J.: Formulierungen im Vergleich – Mengenverbrauch und Patientenzufriedenheit in der topischen Aknetherapie. Derm (2001), 204–206. [6] N.N.: Dermatologische Rezepturen – Pro und Contra. arznei-telegramm 28 (1997), 44. [7] Eifler-Bollen, R., et al.: Qualitätssicherung in der Rezeptur. Pharm. Ztg. 146 (2001), 1138 – 1143. [8] Wind, S.: Ohne Qualität keine Zukunft. Pharm. Ztg. 148 (2003), 568–572. [9] Leitlinie der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung, Herstellung und Prüfung der nicht sterilen Rezeptur- und Defekturarzneimittel. Pharm. Ztg. 145 (2000), 105–115. [10] Reimann, H.: Dermatologische Zubereitungen, Haltbarkeit und Hygiene. Pharm. Ztg. 145 (2000), 763 – 770. [11] Reimann, H., Eifler-Bollen, R.: BtM-Rezepturen nur mit Kindersicherung. Pharm. Ztg. 145 (2000), 34–36. [12] Reimann, H.: Freigabe- und Laufspezifikationen. Pharm. Ztg. 145 (2000), 1356. [13] N.N.: Keine ertragsarmen Rezepturen aus Holland. www.pharmazie-mainz.de, 1. 6. 2003.

Die Rezeptur in der Öffentlichen Apotheke bietet Vorteile, die von Ärzten und Patienten anerkannt werden, aber sie stellt für die Apotheken auch eine betriebswirtschaftliche Belastung dar und könnte deshalb der Rationalisierung im Zuge der Gesundheitsreform zum Opfer fallen. Um sich ein Bild über den aktuellen Umfang und die Qualität der Rezeptur zu machen, hat die Landesapothekerkammer Thüringen eine Umfrage und einen Ringversuch durchführen lassen.

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