Feuilleton

Ausstellung: Der Tod ist ein Teil des Lebens

Bestattungsriten und Trauerkulturen stehen im Mittelpunkt einer Sonderausstellung, die bis zum 24. Februar im Museum Schloss Moritzburg in Zeitz zu sehen ist. Gezeigt werden unter anderem Grabbeigaben aus vorchristlicher Zeit. Zu den Exponaten, welche die christliche Sepulkralkultur ab dem 10. Jahrhundert dokumentieren, gehören auch ein Blockbuch aus dem 15. Jahrhundert sowie ein Ablassbrief aus dem Jahr 1497. Weitere herausragende Objekte sind die Beigaben zweier Kammergräber aus dem Zeitzer Dom sowie barocke Totenbilder, die erstmals öffentlich zu sehen sind.

Letzter Lebenstag eines Kaisers

Memleben, 7. Mai 973: Wie gewohnt hatte Kaiser Otto I. frühmorgens an der Andacht teilgenommen und für die Armen gespendet. Noch zur Mittagszeit sei der Kaiser fröhlich gewesen, ist in einem Bericht des Mönchs Widukind von Corvey überliefert. Während des Vespergottesdienstes habe er dann plötzlich begonnen zu fiebern und sich schwach gefühlt. Aufgrund dessen sei er in einen Sessel gesetzt worden. Das Gefolge mochte aber den 61-jährigen Monarchen nicht ohne Sakrament sterben lassen. Er wurde aus der Bewusstlosigkeit geweckt, damit ihm Hostie und Wein verabreicht werden konnten. Unter den Klängen der liturgischen Sterbegesänge verschied er friedlich. Der Leichnam des Kaisers wurde in das Schlafgemach gebracht, und am späten Abend verkündete man dem Volk seinen Tod.

Nachher entnahm man Otto I. die Eingeweide und setzte sie in der Marienkirche zu Memleben bei. Der Körper des verstorbenen Kaisers wurde vier Wochen später im Magdeburger Dom bestattet. Damals war es durchaus üblich, mehrere Orte durch die Beisetzung eines Herrschers zu ehren und zu legitimieren.

Jüngstes Gericht

Für die Menschen des Mittelalters war der Tod allgegenwärtig. Dies belegt unter anderem eine Malerei aus dem Perikopenbuch Kaiser Heinrichs II.: Am Tage des Jüngsten Gerichts werden die Toten aus ihren Gräbern erweckt. Zu beiden Seiten Christi sitzen die zwölf Apostel. Darunter verkünden zwei Engel das Urteil. Die Seligen und die Verdammten sind getrennt dargestellt. Unter den Verstorbenen, die von Dämonen in die Hölle gezerrt werden, befindet sich auch ein Adeliger. Die Illustration spiegelt die Auffassung wider, dass die ewige Seligkeit bzw. Verdammnis nicht vom Stand, sondern allein vom Lebenswandel abhängig ist.

Die Furcht vorm Fegefeuer

Die Menschen des Mittelalters fürchteten einen plötzlichen Tod. Sie glaubten, dass die Seele auf dem Weg ins Jenseits nur mit kirchlichem Beistand vor dem Einfluss dämonischer Kräfte bewahrt werden könne. Im 12. Jahrhundert verbreitete sich dann die Lehre, dass die Seelen der Verstorbenen bis zum Tag des Jüngsten Gerichts im Purgatorium für die Sünden büßen müssen. Ein frommer Lebenswandel, karitative Werke sowie Fürbitten nach dem Tod konnten den Aufenthalt im Fegefeuer verkürzen. Im Spätmittelalter wurde der Handel mit Ablassbriefen üblich: Die Gläubigen konnten sich die Vergebung ihrer Sünden erkaufen.

Friedhof-Topographie

Der unmittelbare Zusammenhang zwischen Sterben, Tod, Glaube und Kirche spiegelt sich auch in den Sakralbauten des Mittelalters wider: Kirche und Friedhof standen in enger topographischer Beziehung.

Archäologische Untersuchungen in der Umgebung des Zeitzer Doms St. Peter und Paul belegen, dass hier bereits im siebten Jahrhundert nach Christus Tote bestattet wurden. Die christliche Tradition reicht bis in das zehnte Jahrhundert zurück. Bis in das 16. Jahrhundert hinein befanden sich hier zwei räumlich getrennte Friedhöfe. Darüber hinaus wurden im Dom Tote bestattet.

Die unterschiedlichen Beisetzungsplätze erklären sich aus der Geschichte der Stadt. Von 968 bis 1028 war Zeitz Bischofssitz. Danach befand sich hier bis 1564 ein Kollegiatsstift. Ab der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts bis 1564 wohnten in Zeitz die Naumburger Bischöfe, und nach der Reformation war die Stadt von 1564 bis 1657 Verwaltungssitz. Aufgrund dessen war die soziale Differenzierung der Menschen sehr ausgeprägt. Ob hohe geistliche Würdenträger oder weltliche Adelige, Stiftsherren mit ihren Familien oder Mönche und einfache Bedienstete: Ihre gesellschaftlichen Unterschiede blieben über den Tod hinaus erkennbar.

Näher am Altar, schneller im Himmel

Blieb die Bestattung in einer Kirche im hohen Mittelalter Klerikern, Stiftern und Wohltätern vorbehalten, wurden ab dem 13. Jahrhundert auch zusehends weltliche Adelige in Sakralräumen zur letzten Ruhe gebettet. Dieser Brauch entwickelte sich aus dem Wunsch der Menschen heraus, in der Nähe eines heilbringenden Orts den Zeitraum bis zum Jüngsten Gericht zu verkürzen und somit schneller das Seelenheil zu erlangen. Für eine Beisetzung in der Nähe eines Altars oder einer Reliquie wurden hohe Geldsummen an Kirchen und Klöster gestiftet.

Kammergräber mit persönlichen Grabbeigaben

Zwischen 1657 und 1664 wurde der Zeitzer Dom zur herzoglichen Schlosskirche St. Trinitatis umgebaut. In dieser Zeit endete die Nutzung des Friedhofs. Waren in dem Sakralbau die Toten der christlichen Tradition entsprechend in Körpergräbern bestattet worden, so wurde es ab dem 16. Jahrhundert üblich, Verstorbene mit hoher sozialer Stellung in Kammergräbern zur letzten Ruhe zu betten. Die Grabkammern wurden aus Ziegeln gemauert und nach der Beisetzung mit einem Tonnengewölbe verschlossen. Grabschächte dienten zur Aufnahme der Grabplatten.

Die Beigaben aus zwei Zeitzer Kammergräbern des 17. Jahrhunderts sind auf wenige persönliche Gegenstände beschränkt, jedoch repräsentativ für christliche herrschaftliche Beisetzungen der Neuzeit: Bekleidung, Schmuck und Utensilien wie etwa Sporen, Rasierpinsel und Kämme. Zeugnisse christlichen Glaubens sind ein silbernes Kruzifix im Männergrab sowie eine mit kunstvollen Initialen versehene Bibel im Frauengrab.

Gedruckte Leichenpredigt als posthume Würdigung

Nachdem Martin Luther 1517 das Bußwesen der Kirche erstmals öffentlich kritisiert hatte, entwickelte sich ein neues Glaubensverständnis. Die Gedenkschrift über den Tod und die Beisetzung des Herzogs Moritz von Sachsen-Zeitz veranschaulicht die barocke Bestattungskultur: Von einer Reise war der jüngste Sohn des sächsischen Kurfürsten Johann Georg I. am 1. Februar 1681 nach Zeitz zurückgekehrt. Nach einem körperlichen Zusammenbruch verbesserte sich zwar sein Gesundheitszustand allmählich wieder. Doch war die Genesung für den 62-Jährigen Anlass genug, sein Testament zu verfassen.

Im November erkrankte Moritz abermals und erholte sich nicht mehr. In Gegenwart seiner Gemahlin, zweier Söhne sowie der Leibärzte und des Hofstaats verschied er "sanft und selig" am 4. Dezember. Die Beisetzung in der Krypta der Schlosskirche, die für dreizehn Familienmitglieder als Bestattungsort diente, erfolgte jedoch erst am 23. März des folgenden Jahres.

Ausführlich werden in der gedruckten "Leichenpredigt" die Vorbereitungen des Leichnams für die Bestattung beschrieben: Am Todestag wurde der Verstorbene im Tafelgemach auf einem mit schwarzem Tuch verhüllten Tisch aufgebahrt. Fünf Tage später erfolgte die Einsargung. Bis zur Überführung in den Chorraum der Schlosskirche am 12. Dezember blieb der hölzerne Sarg offen. Erst am 6. Februar des darauffolgenden Jahres wurde der Holzsarg in den Zinnsarg geschoben und dieser vergossen, verlötet und vergoldet.

Kastentext: Ausstellungsdaten

Bis zum 24. Februar im Museum Schloss Moritzburg, Schlossstraße 6, 06712 Zeitz, Tel. (0 34 41) 21 25 46, Fax (0 34 41) 21 40 40 E-Mail: moritzburg@zeitz.de Geöffnet: dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr

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