DAZ aktuell

Arbeitsgemeinschaft Influenza: Infektionsprophylaxe gegen Influenza verstärken

(mw). Obwohl die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) die Influenza-Impfung für alle Personen über 60 Jahre empfohlen hat, waren in Deutschland 1999 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes nur 28,5% der über 60-jährigen Personen geimpft. Die 60- bis 65-Jährigen waren zu 21,9%, die 65- bis 70-Jährigen zu 28,1%, die 70- bis 75-Jährigen zu 31,3% und die über 75-Jährigen zu 33,5% durchgeimpft. Mit diesen ernüchternden Ergebnissen einer Befragung von 380 000 Haushalten liege erstmals ein genaues Bild über die Verteilungsmuster der Influenza-Impfung in Deutschland vor, dessen Aussagekraft weit höher sei als die von repräsentativen Umfragen. Dies erklärte Dr. Johannes F. Hallauer vom Universitätsklinikum Charité, Gesundheitssystemforschung, Berlin, auf der Jahrespressekonferenz der Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) Ende August in Berlin.

Bei stringentem Handeln der Gesundheitspolitik und der Beteiligten im Gesundheitswesen könnten laut Hallauer weit bessere Ergebnisse erzielt werden. So waren die Durchimpfungsraten in den USA 1999 bei den 65- bis 74-Jährigen 63,4% und bei den über 75-Jährigen 72,5%. Ähnliches gelte für die Pneumokokkenimpfung, mit der in den USA bereits 50% der 65 bis 74-Jährigen und 60,9% der über 75-Jährigen erreicht wurden.

Trotz Aufklärung: wenig gebesserte Lage

Obwohl in den letzten Jahren verstärkt auf die Influenza-Impfempfehlung der STIKO für "Personen mit erhöhter Gefährdung, zum Beispiel medizinisches Personal" hingewiesen wurde, hat sich die Lage laut Hallauer nicht wesentlich gebessert: "In einer Studie im Herbst 2000 haben wir die Situation in 25 Krankenhäusern in Deutschland untersucht. Die Stichprobe umfasste Kliniken mit insgesamt 17 500 Betten, dies entspricht 3% der Bettenkapazität in Deutschland.

Bezogen auf alle 42 000 Krankenhaus-Mitarbeiter wurden 1999/2000 durch die Arbeitsmedizinischen Dienste nur 7,2% geimpft." Von keiner teilnehmenden Klinik wurden mehr als 21,2% erreicht und in einer Reihe von Krankenhäusern wurde die Influenza-Impfung den Mitarbeitern gar nicht angeboten, kritisierte Hallauer: "Hier ist dringend ein Umdenken in den Kliniken notwendig und eine Einhaltung der Vorschriften und Empfehlungen zu fordern."

Aktiv Impfungen anbieten

Zur Verdeutlichung zitierte Hallauer die aktuellen Empfehlungen des US-amerikanischen Advisory Committee on Immunization (ACIP) vom April 2001 als Übersetzung aus dem Englischen: "Vor der Influenzasaison sollen die Gesundheitseinrichtungen Influenzaschutzimpfungen allen Mitarbeitern, einschließlich Nacht- und Wochenendpersonal, anbieten.

Besondere Aufmerksamkeit sollte darauf gelegt werden, Personen die Impfung anzubieten, die Angehörige von Risikogruppen betreuen. Es sind Anstrengungen zu unternehmen, Mitarbeiter im Gesundheitswesen über die Vorteile der Impfung und die möglichen Konsequenzen einer Influenzaerkrankung für sie selbst und ihre Patienten zu unterrichten. Es sind Maßnahmen zu ergreifen, um allen Beschäftigten im Gesundheitswesen leichten Zugang zur kostenfreien Influenzaimpfung am Arbeitsplatz als Teil des arbeitsmedizinischen Gesundheitsprogramms zu bieten."

Impfempfehlung lohnt sich

Dass sich eine Befolgung der Impfempfehlungen lohnt, zeige eine randomisierte, kontrollierte Studie in 20 Krankenhäusern der Geriatrie in Schottland mit insgesamt 1437 Patienten, aus der Hallauer zitierte. Während in der Kontrollgruppe die Impfraten der Patienten bei 33% und des Personals bei 4,8% lagen, konnte die Impfbeteiligung in den Krankenhäusern, in denen die Impfung forciert wurde, bei den Patienten auf 48% und beim Personal auf 50,9% gesteigert werden. Die Mortalität ging dadurch im Beobachtungszeitraum von Ende November 1996 bis Ende März 1997 gegenüber der Kontrolle drastisch von 22,4% auf 13,6% zurück.

AGI hat viel erreicht

Bei aller Kritik sollte aber auch nicht übersehen werden, dass sich in den vergangenen Jahren viel zur Verbesserung der Impfbeteiligung in Deutschland getan habe. Darauf machte Dr. Brunhilde Schweiger vom RKI, Nationales Referenzzentrum für Influenza, Berlin, aufmerksam. Einen entscheidenden Anteil hieran habe die AGI, seit deren Bestehen die Anzahl der jährlich geimpften Personen von 3,5 Millionen im Jahre 1992 auf mittlerweile 15 Millionen angestiegen sei.

Im Zuge des Inkrafttretens des neuen Infektionsschutzgesetzes (IfSG) Anfang dieses Jahres wird die AGI laut Schweiger nun neu formiert. Nach § 13 des lfSG soll schließlich die Überwachung von Infektionskrankheiten durch so genannte Sentinelsysteme, wie es die AGI darstellt, unter dem Dach des RKI gebündelt werden, um eine einheitliche Struktur, Verknüpfung und Rückmeldung zu gewährleisten.

Festgehalten werde dabei an der bewährten Zusammenarbeit der bisher an der AGI beteiligten Partner. Auf der einen Seite seien dies die Sponsoren Aventis Pasteur MSD GmbH, Chiron Behring GmbH & Co., Niddapharm GmbH, SmithKline Beecham Pharma GmbH - ein Unternehmen der Glaxo-SmithKline-Gruppe - und Solvay Arzneimittel GmbH. Auf der ausführenden Seite stünden das Deutsche Grüne Kreuz (DGK), das Nationale Referenzzentrum für Influenza (NRZ) mit den Standorten Hannover (Niedersächsisches Landesgesundheitsamt) und Berlin sowie das Robert Koch-Institut (RKI) mit seinem Zentrum Infektionsepidemiologie.

Ein erster Schritt der federführenden Mitarbeit des RKI, so Schweiger, war eine Bestandsaufnahme der AGI in ihrer bisherigen Struktur. Die Evaluation habe ergeben, dass die bei der AGI eingegangenen Informationen sehr rasch bearbeitet wurden, sodass eine zeitgerechte Information der Öffentlichkeit über das Influenzageschehen in Deutschland möglich war. Somit konnte stets die Zeit bis zum Beginn der Influenzawelle genutzt werden, um den Impfschutz der Risikogruppen zu vervollständigen.

Verbesserungen sind geplant

Zur Optimierung der Arbeit der neu organisierten AGI werde das RKI ab der Saison 2001/2002 neben der epidemiologischen Gesamtleitung auch die Meldedaten des IfSG, die seit Januar beim RKI eingehen, mit in die AGI einbringen. Außerdem soll die Polymerasekettenreaktion (PCR) generell für die virologische Schnelldiagnostik eingesetzt werden, um die zeitnahe Analyse der epidemiologischen Situation noch weiter zu verbessern. Parallel dazu werde weiterhin die Anzüchtung und Charakterisierung der zirkulierenden Influenzaviren durchgeführt.

Ferner sollen in Zukunft alle vom Nationalen Referenzzentrum, vom DGK und vom RKI erhobenen Daten auf einem zentralen Server zusammengeführt werden, wobei auch eine automatische Auswertung und Erstellung von Graphiken geplant ist. Um das Ziel zu erreichen, der Bevölkerung unter intensivierte epidemiologische Überwachung zu stellen, soll die Zahl der Meldepraxen von derzeit 525 auf 600 und die Zahl der Sentinelärzte mit virologischer Meldung von 130 auf 180 erhöht werden, erklärte Schweiger.

Die vorangegangene Influenzawelle bezeichnete Dr. Helmut Uphoff von der AGI, Marburg, als eher moderat. Aus der Auswertung von über 100 000 Patientenkontakten Woche für Woche ergaben sich für den Zeitraum von der 52. KW 2000 bis zur 7. KW 2001 in der gesamten Bundesrepublik etwa 2 bis 2,5 Millionen zusätzliche Arztkontakte auf Grund akuter respiratorischer Erkrankungen (ARE).

In Deutschland verlief die Saison wie in vielen Nachbarländern zwar mit einer hohen Morbidität bei den Klein- und Schulkindern, und in der Altersgruppe der 5- bis 15-Jährigen wurden die höchsten Erkrankungszahlen seit 9 Jahren beobachtet. Die Erkrankungen wurden aber überwiegend als unkomplizierte Infekte der oberen Atemwege mit mäßiger Allgemeinsymptomatik beschrieben. Dennoch seien auch Einzelfälle mit schweren Verläufen und Todesfälle beobachtet worden, so Uphoff.

Während der Influenzawelle waren die im Sentinel registrierten Hospitalisierungen auf Grund von Atemwegsinfekten bei den Kleinkindern (0 bis 4 Jahre) etwas erhöht und bei den älteren Menschen (> 60 Jahre) nur geringfügig gesteigert. In beiden Altersgruppen könne anhand der Daten auf 5000 Hospitalisierungen über das normale Maß hinaus geschlossen werden, die während der Influenzawelle aufgetreten seien.

Kastentext: Zusammensetzung des aktuellen Impfstoffs

Da im vergangenen Winter laut Dr. Dr. Rolf Heckler vom Nationalen Referenzzentrum für Influenza, Hannover, zu 95 % Influenza A (H1N1) für die Virusgrippewelle verantwortlich war und Influenza A (H3N2) sowie Influenza B kaum eine Rolle gespielt haben, sei in der kommenden Saison eher mit einem verstärkten Auftreten von Influenza B und Influenza A (H3N2) zu rechnen. Die A-Komponenten des neuen Influenza-Impfstoffes blieben gemäß der WHO-Empfehlung unverändert, lediglich die B-Komponente werde ausgetauscht. Die Zusammensetzung des aktuellen Impfstoffes laute somit

  • A/Moskau/10/99 (H3N2) - like
  • A/New Caledonia/20/99 (H1N1) - like
  • B/Sichuan/379/99 - like

  • Das könnte Sie auch interessieren

    Arbeitsgemeinschaft Influenza

    Die Influenza-Impfsaison ist eingeläutet

    Effekt vor allem bei Älteren sichtbar

    Regelmäßige Impfungen schützen vor Grippe

    Influenzasaison 2017/18

    Wirkt die aktuelle Grippeimpfung?

    RKI schätzt Impfstoff-Wirksamkeit der vergangenen Saison höher als je zuvor

    Influenza-Impfung auf Erfolgskurs

    Grippeimpfstoff-„Mismatch“ für die kommende Influenzasaison befürchtet

    Wird B-Victoria zum Problem?

    0 Kommentare

    Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.