Pharmazeutisches Recht

Apotheke und Transfusionsgesetz: Auswirkungen des TFG auf den Apothekenbetrieb

Am 7. Juli 1998 ist das Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (Transfusionsgesetz, TFG) in Kraft getreten [1, 2]. Es enthält einige wichtige Vorschriften, die auch Bedeutung für die Apotheken haben. Das gilt sowohl für die öffentliche Apotheke als auch für die Krankenhausapotheke. Nachfolgend werden diese Vorschriften skizziert und die zu beachtenden Zusammenhänge dargestellt.

Dokumentation Der 3. Abschnitt des Transfusionsgesetzes "Anwendung von Blutprodukten" ist ein zentraler Regelungsbereich. Er enthält Dokumentationsvorschriften, die eine patienten- und auch produktbezogene Nutzung der Daten über die Anwendung von Blutprodukten sowie von gentechnisch hergestellten Plasmaproteinen zur Behandlung von Hämostasestörungen in den Einrichtungen der Krankenversorgung ermöglichen sollen. In §14 TFG sind die Zwecke und die Inhalte der Dokumentation festgelegt. Die Dokumentation dient vor allem der Rückverfolgung (§19) im Falle von Blutprodukten, bei denen der begründete Verdacht besteht, daß sie Infektionserreger übertragen, und der Risikoerfassung nach dem Arzneimittelgesetz. §14 Abs. 2 TFG verlangt folgende Dokumentationsinhalte: 1.Patientenidentifikationsnummer oder entsprechende eindeutige Angaben zu der zu behandelnden Person, wie Name, Vorname, Geburtsdatum und Adresse. 2.Chargenbezeichnung. 3.Pharmazentralnummer oder -Bezeichnung des Präparates, -Name oder Firma des pharmazeuti- schen Unternehmers, -Menge und Stärke. 4.Datum und Uhrzeit der Anwendung. Dokumentiert werden muß die Gabe aller Blutprodukte von Antithrombin III über Blutgerinnungsfaktor VIII, Gefrorenes Frischplasma und Plasmaproteinlösung bis hin zu den zellhaltigen Blut- und Blutbestandteilpräparaten. Das gilt auch für Albumin, sofern es als arzneilich wirksamer Bestandteil angewendet wird. Als Hilfsstoff in anderen Arzneimitteln muß es nicht dokumentiert werden. Die patientenbezogene Nutzung der Dokumentationsdaten wird regelmäßig dadurch sichergestellt, daß die Daten in der Krankenakte dokumentiert werden. Das kann handschriftlich geschehen, aber auch durch Klartext- oder Barcode-Vignetten, die auf den Behältnissen oder äußeren Umhüllungen der Produkte angebracht sind. Nähere Einzelheiten hierzu ergeben sich aus einem Votum des Arbeitskreises Blut des Bundesministeriums für Gesundheit [3], das die Arbeit der Einrichtungen der Krankenversorgung erleichtern soll. Die produktbezogene Nutzung der Daten wird durch eine zentrale Dokumentation sichergestellt. Auch hierbei können selbstklebende Vignetten die Dokumentation wesentlich unterstützen. Das genannte Votum des Arbeitskreises Blut gibt hierüber Auskunft und äußert sich auch dazu, wo im Krankenhaus die zentrale Dokumentation erfolgen kann. Dies ist grundsätzlich der Entscheidung des Trägers der Einrichtung der Krankenversorgung vorbehalten. Die Entscheidung kann zugunsten der Krankenhausapotheke oder der das Krankenhaus versorgenden Apotheke fallen, wenn dort ohnehin umfassende EDV-gestützte Erfassungssysteme vorhanden sind. Es kann aber auch eine andere Stelle im Krankenhaus bestimmt werden. Das Transfusionsgesetz läßt diese Frage offen. Zur Entscheidungsfindung gibt es außer dem genannten Votum des Arbeitskreises Blut bereits auch andere Literatur [4]. Sollte die Krankenhausapotheke oder die das Krankenhaus versorgende Apotheke die zentrale Dokumentation durchführen, so müssen die genannten Angaben nach §14 Abs. 2 TFG zwingend erfaßt werden. Die dokumentierende Stelle muß sich darüber klar sein, welche Folgeaktivitäten nach dem Transfusionsgesetz zu besorgen sind. Einige der wesentlichen Pflichten ergeben sich aus der nachfolgenden Darstellung.

Rückverfolgung §19 TFG regelt ein detailliertes Rückverfolgungsverfahren. Wenn Blutprodukte (z.B. Erythrozytenkonzentrate, Faktor-VIII-Präparate) auffallen, weil der begründete Verdacht besteht, daß sie Infektionserreger übertragen, so muß anhand der mitgeteilten Chargennummer unverzüglich der Kreis der Patienten identifiziert werden, der Produkte dieser Charge erhalten hat. Denn die Patienten sind von einem Arzt zu unterrichten, und es muß schnell gehandelt werden können. Die zu veranlassende Recherche kann nur durch die zentrale Dokumentationsstelle rasch und erfolgreich durchgeführt werden. Recherchepflichten fallen auch an, wenn ein Patient als infiziert erkannt wird. Diese Pflichten dürften zumeist die Krankenhausabteilung treffen, die die Krankenakte oder die Daten des Patienten verfügbar hat. Es könnte aber auch die zentrale Dokumentationsstelle im Krankenhaus in Betracht kommen, wenn sie die bei dem Patienten angewendeten Produkte ermitteln kann und ihr derartige Rechercheaufgaben zugewiesen worden sind.

Nicht angewendete Blutprodukte Nach §17 Abs. 2 TFG muß der Verbleib nicht angewendeter Blutprodukte in der Einrichtung der Krankenversorgung dokumentiert werden. Hierfür könnten verschiedene Stellen in Betracht kommen, wie z.B. die Krankenhausabteilung (Station), das transfusionsmedizinische Institut oder auch die Krankenhausapotheke. Auch in diesem Zusammenhang kann Informations- und Recherchebedarf entstehen, wenn die Charge eines Blutproduktes rückverfolgt wird.

Koordiniertes Meldewesen Nach §21 Abs. 1 TFG haben die Einrichtungen der Krankenversorgung jährlich die Zahlen zum Verbrauch von Blutprodukten sowie Plasmaproteinen, die gentechnisch hergestellt und zur Behandlung von Hämostasestörungen angewendet worden sind, der zuständigen Bundesoberbehörde zu melden. Hiermit ist in jeder dieser Einrichtungen Aufwand verbunden, der organisiert werden muß. Für die Datenerhebung kommt die zentrale Dokumentationsstelle für die Anwendung von Blutprodukten in Betracht. Dies kann die Krankenhausapotheke sein, wenn das im Krankenhaus so entschieden worden ist.

Datenschutz, Datennutzung Wird die Krankenhausapotheke oder die das Krankenhaus versorgende Apotheke in das Dokumentationsgeschehen bei der Anwendung von Blutprodukten einbezogen, so hat sie die Datenschutzvorschriften von §14 Abs. 3 und 4 TFG ebenso einzuhalten wie der Arzt, der Patientendaten in die Krankenakte einträgt oder nutzt. Sie hat insbesondere dafür zu sorgen, daß die Daten unverzüglich verfügbar sind und mindestens 15 Jahre lang aufbewahrt werden. Darüber hinaus wäre die Apotheke verpflichtet, die Daten zur Verfügung zu stellen, soweit dies zur Verfolgung von Straftaten, die im engen Zusammenhang mit der Anwendung von Blutprodukten stehen, oder zur Risikoerfassung nach dem Arzneimittelgesetz (dann allerdings anonymisiert) erforderlich ist.

Qualitätssicherungssystem Die Grundsätze der Dokumentation sind nach §15 Abs. 2 TFG im Rahmen des Qualitätssicherungssystems für die Anwendung von Blutprodukten festzulegen. Die Bundesärztekammer hat hierzu nach §18 Abs. 1 Nr. 2 TFG Richtlinien zu erarbeiten. Auf der Basis dieser Richtlinien legen die Einrichtungen der Krankenversorgung das Qualitätssicherungssystem fest. Hierbei kommt der Transfusionskommission im Krankenhaus eine tragende Rolle zu und damit auch dem Krankenhausapotheker, der Mitglied in der Transfusionskommission sein soll [5].

Apothekenbetriebsordnung Das Transfusionsgesetz ändert in seinem §36 die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO). Durch §36 Nr. 1 TFG wird in §17 ApBetrO ein neuer Absatz 6a eingefügt, der vorschreibt, daß bei Erwerb und Abgabe von Blutzubereitungen, Sera aus menschlichem Blut und gentechnisch hergestellten Plasmaproteinen zur Behandlung von Hämostasestörungen chargenbezogene Aufzeichnungen zu machen sind. Zweck der Regelung ist die Rückverfolgung der genannten Arzneimittel, wenn gravierende Nebenwirkungen auftreten. Während bei dem Erwerb der genannten Arzneimittel außer den ohnehin üblichen Angaben zum Arzneimittel auch die Chargenbezeichnung zu dokumentieren ist, gilt dies bei der Abgabe dieser Arzneimittel grundsätzlich auch für das Datum der Abgabe, für Name und Anschrift des verschreibenden Arztes und für Name, Vorname, Geburtsdatum und Adresse des Patienten. Letzteres erübrigt sich, wenn die Abgabe nicht unmittelbar an den Patienten erfolgt, sondern die Lieferung für eine Abteilung (Station) des Krankenhauses oder für die Arztpraxis bestimmt ist. Dort werden die Daten des Patienten bei der Anwendung des Arzneimittels dokumentiert. Doppelte Dokumentation ist nicht erforderlich. Das gilt erst recht auch für die Krankenhausapotheke, die die genannten Verpflichtungen grundsätzlich ebenfalls trifft. Das ergibt sich aus §36 Nr. 3 TFG, der §31 Abs. 4 ApBetrO entsprechend ändert. Danach gelten die Dokumentationsvorschriften für die öffentliche Apotheke "entsprechend" auch für die Krankenhausapotheke. Sie müssen also sinngemäß angewendet werden. Da die Patienten zumeist nicht unmittelbar in die Krankenhausapotheke kommen, um dort die für sie bestimmten Arzneimittel in Empfang zu nehmen, brauchen ihre Daten dort auch nicht dokumentiert zu werden. Das geschieht regelmäßig auf der Station. Das genügt. Die Krankenhausapotheke hat auch die Vorschriften zur Aufbewahrung/Speicherung der Aufzeichnungen (mindestens 15 Jahre) und die Vorschriften zur Vernichtung oder Löschung der Daten zu beachten, die durch §36 Nr. 2 TFG in §22 Abs. 4 ApBetrO eingefügt worden sind. Nach §26 Abs. 2 ApBetrO gelten die Vorschriften des §22 ApBetrO für den Betrieb von Krankenhausapotheken entsprechend. Sofern die Krankenhausapotheke oder die das Krankenhaus versorgende Apotheke auch die Dokumentation nach §14 Abs. 2 TFG wahrnehmen, haben sie außerdem die Datenschutzvorschriften des §14 Abs. 3 und 4 TFG zu beachten.

Abgabe im Rahmen der ärztlich kontrollierten Behandlung von Blutern §34 Nr. 7 TFG ändert §47 Abs.1 Nr. 2a des Arzneimittelgesetzes [6] dahingehend, daß der hämostaseologisch qualifizierte Arzt im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern Arzneimittel unmittelbar an seine Patienten abgeben darf, soweit es sich dabei um Gerinnungsfaktorenzubereitungen handelt. Es geht bei dieser Therapie um eine in ihrer Art einzigartige Behandlungsmethode, die seit langem gut eingespielt ist und sich bewährt hat. Die Praxis der unmittelbaren Überlassung der genannten Arzneimittel an die Patienten ist allgemein als wichtiges Element der Behandlungsmethode anerkannt. Sie ist jetzt mit dem Transfusionsgesetz klarstellend gesetzlich abgesichert worden. Die Vorschrift macht allerdings deutlich, daß diese Praxis nur hämostaseologisch qualifizierten Ärzten vorbehalten ist. Im übrigen ist es nach wie vor unbenommen, daß derartige Arzneimittel von den Apotheken an die Patienten abgegeben werden.

Schlußbemerkungen Die vorstehenden Ausführungen zeigen, daß die Apotheken auch im Hinblick auf die Abgabe und Anwendung von Blutprodukten erhebliche Verantwortung tragen. Dies gilt um so mehr, wenn sie in die chargenbezogene Dokumentation der Anwendung von Blutprodukten einbezogen sind. Die Krankenhausapotheker werden insoweit auch dazu beitragen, das Qualitätssicherungssystem in den Einrichtun- gen der Krankenversorgung festzulegen und zu gestalten. Es kommt ihnen somit die wichtige Aufgabe zu, zur Sicherheit der Blutprodukte und zum Wohle der Patienten beizutragen. Das ist eine Aufgabe, die Fachwissen und Engagement verlangt.

Literatur [1]Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (Transfusionsgesetz - TFG) vom 1. Juli 1998. Bundesgesetzblatt I, Seite 1752. Abgedruckt in Dtsch. Apoth. Ztg. 138, 2753-2761 (1998). [2]Fresenius, W.: Transfusionsgesetz - Gewinnung und Anwendung von Blut und Blutbestandteilen. Dtsch. Apoth. Ztg. 138, 2531-2535 (1998). [3]Bundesgesundheitsblatt 7/96, Seite 276. [4]Seibt, Iris A.: Das neue Transfusionsgesetz und seine Auswirkungen. Krankenhauspharmazie 19, 375-377 (1998). [5]Hanfland, Götz, Kretschmer: Anästhesiologie und Intensivmedizin 12/95, S. 343, 345. [6]Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Oktober 1994 (Bundesgesetzblatt I, Seite 3018), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 25. Februar 1998 (Bundesgesetzblatt I, Seite 374).

Anschrift des Verfassers: Reg.-Dir. Friedger von Auer, Bundesministerium für Gesundheit, Am Propsthof 78a, 53121 Bonn

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.