Pharmazeutisches Recht

Transfusionsgesetz: Gewinnung und Anwendung von Blut und Blutbestandteilen

Von Werner Fresenius,Wiesbaden Der Deutsche Bundestag hat am 7.Mai 1998 das Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (Transfusionsgesetz, TFG) beschlossen. Der Bundesrat hat diesem Gesetz am 29. Mai 1998 zugestimmt. Mit Beschluß vom 20. Januar 1995 hatte der Deutsche Bundestag den vom 3. Unterschungsausschuß (HIV-Infektionen durch Blut und Blutprodukte) vorgelegten Schlußbericht vom 25. Oktober 1994 zur Kenntnis genommen. In dem Schlußbericht brachte der Untersuchungsausschuß seine Erwartung zum Ausdruck, daß in der laufenden Legislaturperiode ein überschaubares, in sich geschlossenen Transfusionsgesetz verabschiedet wird.

Das Blut- und Plasmaspendewesen stützt sich in der Bundesrepublik Deutschland im wesentlichen auf drei Säulen:
• Blutspendedienst des Deutschen Roten Kreuzes,
• Staatliche und kommunale Blut- und Plasmaspendedienste,
• Plasmapheresezentren der pharmazeutischen Industrie. Darüber hinaus gibt es Blutspendedienste der Bundeswehr sowie privatrechtlich organisierte Plasmapheresezentren und Institute, die Blut, Plasma oder andere hochwertige Blutbestandteile gewinnen. In der Bundesrepublik Deutschland werden jährlich ca. 4 Mio. Blutspenden von bis zu 2 Mio. Spendern und zusätzlich knapp 400000 Liter Plasma durch Plasmaspenden entnommen.

Bedarf an Blutprodukten Bei der medizinischen Versorgung der Bevölkerung werden etwa 21 Präparategruppen aus Blut und Plasma angewendet. Die bekanntesten sind die Gerinnungsfaktoren, gefrorenes Frischplasma, Immunglobuline und zellhaltige Blut- und Blutbestandteilzubereitungen. Das den Plasmabedarf bestimmende Blutprodukt ist der aus menschlichem Plasma hergestellte Faktor VIII zur Behandlung der Hämophilie A. Etwa 3000 Bluter sind in der Bundesrepublik Deutschland auf die Verfügbarkeit dieses Arzneimittels angewiesen. Dementsprechend ist der Verbrauch an Faktor VIII in der Bundesrepublik Deutschland hoch. 1995 wurden rund 350 Mio. internationale Einheiten (I.E.) Faktor VIII angewendet, davon ca. 90 Mio. I.E. gentechnisch hergestellter Faktor VIII. Für 260 Mio. I.E. wurden etwa 1,56 Mio. Liter Humanplasma benötigt. Davon sind rund 1,35 Mio. Liter in der Bundesrepublik aufgebracht worden; zum größten Teil aus Vollblutspenden, zum anderen Teil aus unmittelbaren Plasmaspenden (Plasmapherese). Um den Grad der Selbstversorgung der Bundesrepublik Deutschland mit Plasma zu erhöhen, wird das Aufkommen an Plasma gesteigert werden müssen, wenn auch die zunehmende Anwendung des gentechnisch hergestellten Faktors VIII bereits zu einer deutlichen Entlastung geführt hat. Ein zusätzlicher Bedarf an Plasma (ca. 100000 l) besteht für die Herstellung von speziellen Immunglobulinen (z.B. gegen Tetanus, FSME, Hepatitis A oder zur Anti-D-Prophylaxe). Neben der Hämophiliebehandlung spielt der Einsatz von Blutprodukten vor allem in der Chirurgie und der Onkologie eine Rolle. Darüber hin- aus werden in der Bundesrepublik Deutschland Krankenhäuser und transfusionsmedizinische Institute zunehmend im Bereich der Blutstammzellseparationen tätig. Mit dieser Technik werden aus dem peripheren Blut Stammzellpräparate gewonnen, die vor allem zur Behandlung der Leukämie eingesetzt werden. Die Herstellungsverfahren unterliegen ebenso wie die Verfahren zur Gewinnung des Plasmas für spezielle Immunglobuline besonderen fachlichen und ethischen Anforderungen, die im Transfusionsgesetz Beachtung finden.

Rationale Anwendung der Blutprodukte Die Frage der Selbstversorgung mit Humanplasma in der Bundesrepublik Deutschland ist in dem Gesetz direkt angesprochen. Durch ein koordiniertes Meldewesen werden die Grundvoraussetzungen zur Erfassung und Bewertung des Grades der Selbstversorgung geschaffen. Durch Richtlinien der Bundesärztekammer soll eine streng rationale und optimale Behandlung mit Blutprodukten erreicht werden. Hierdurch wird nicht nur mehr Sicherheit bei der Anwendung von Blutprodukten, sondern auch eine Reduzierung des Verbrauchs von Blutprodukten auf das notwendige Maß angestrebt. In einem nationalen Programm zur Selbstversorgung mit Blut und Blutprodukten sollen überdies Empfehlungen zur Beschränkung des Verbrauchs von Blutprodukten und zur Steigerung des Aufkommens an Blut und Plasma aufgenommen werden. Das Programm wird nach Abstimmung mit den Fachkreisen, den Ländern, den Bundesressorts und den Spitzenverbänden der Krankenkassen der Fachöffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Der Bund und die Ländern sollen die Aufklärung der Bevölkerung über die Blut- und Plasmaspende unterstützen, damit durch mehr spendende Personen das Aufkommen an Blut und Plasma gesteigert werden kann.

Das Transfusionsgesetz im Rahmen bestehender Vorschriften Die derzeitigen rechtlichen und fachlichen Grundlagen des Blut- und Plasmaspendewesens und des Transfusionswesens verteilen sich auf verschiedene gesetzliche Vorschriften, Verordnungen, internationale und nationale Empfehlungen, Richtlinien und Leitlinien der EU-Kommission, des Europarates, der Weltgesundheitsorganisation, der Pharmazeutischen Inspektions-Convention, der Bundesärztekammer, des Bundes und der Länder. Das Transfusionsgesetz basiert auf diesen Materialien. Er regelt die wesentlichen Grundsätze zur Blut- und Plasmaspende und zum Transfusionswesen und legt unerläßliche Pflichten fest. Soweit sie nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt sind, bleiben die fachlichen Anforderungen insbesondere Richtlinien der Bundesärztekammer vorbehalten, die im Einvernehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde nach Anhörung von Sachverständigen bekannt gemacht werden. Aber auch Empfehlungen der Länder und des Arbeitskreises Blut des Bundesministeriums für Gesundheit können Maßstab sein. Die Vorschriften des Arzneimittelrechts bleiben grundsätzlich unberührt und finden neben den Vorschriften des Transfusionsgesetzes und seiner Verordnungen Anwendung. Das folgt daraus, daß die Entnahme von Blut oder Blutbestandteilen aus dem menschlichen Körper Arzneimittel- oder Wirkstoffgewinnung ist. Ebenfalls finden die Vorschriften des Bundes-Seuchenrechts daneben Anwendung, insbesondere die Vorschriften über die Meldepflicht. Auch das Medizinprodukterecht bleibt unberührt. Das Gesetz folgt systematisch dem Grundsatz, durch gesetzliche Regelungen nur so viel wie notwendig zu regeln, die fachlichen Einzelheiten soweit wie möglich der Regelung durch die Fachkreise zu überlassen. Dieses aufeinander abgestimmte Konzept trägt Aspekten der Sicherheit unter Bekräftigung der fachlichen Grundlagen in einem Gesetz einerseits sowie der ständigen Entwicklung der wissenschaftlichen Erkenntnisse andererseits gleichermaßen Rechnung. Es werden die wesentlichen Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Blutspende- und Transfusionswesen geregelt, wie
• Anforderungen an die Spendereinrichtungen und die Auswahl der spendenden Personen,
• Anforderungen an die Entnahmen der Spenden und Spenderdokumentation,
• Anforderungen an die Durchführung der Anwendung von Blutprodukten,
• chargenbezogene Dokumentation der Anwendung von Blutprodukten,
• Qualitätssicherung der Transfusionen,
• Unterrichtungspflichten der Ärzte bei schwerwiegenden Komplikationen,
• das Verfahren zur Rückverfolgung,
• Mitteilungspflichten der Behörden und
• Sachkenntnisvorschriften durch Änderung des Arzneimittelgesetzes. Dem Anliegen der Selbstversorgung mit Blutprodukten wird unter anderem mit einer Vorschrift zur Förderung der Blut- und Plasmaspende in der Bevölkerung Rechnung getragen.

Zweck des Transfusionsgesetzes Zweck des Transfusionsgesetzes ist es, für eine sichere Gewinnung von Blut- und Blutbestandteilen und für eine gesicherte und sichere Versorgung der Bevölkerung mit Blutprodukten zu sorgen und deshalb die Selbstversorgung mit Blut und Plasma zu fördern (§1).

Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen (§ 3-§ 12) Spendeeinrichtungen haben die Aufgabe, Blut- und Blutbestandteile zur Versorgung der Bevölkerung mit Blutprodukten zu gewinnen. Sie sollen zusammenarbeiten und sich im Falle des Auftretens von Versorgungsengpässen gegenseitig unterstützen. Hierzu sind Vereinbarungen zu treffen. Bund und Länder sollen die Aufklärung der Bevölkerung über die Blut- und Plasmaspende fördern (§ 3). Die Spendeeinrichtungen müssen über eine ausreichende personelle, bauliche, räumliche und technische Ausstattung verfügen. Sie müssen von einer approbierten ärztlichen Person, die die erforderliche Sachkunde nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft besitzt, geleitet werden (§ 4). Zur Spendeentnahme dürfen nur Personen zugelassen werden, deren Spendetauglichkeit durch eine approbierte ärztliche Person festgestellt worden ist. Die spendende Person ist vor Freigabe der Spende nach dem Stand der medi- zinischen Wissenschaft und Technik auf Infektionsmarker, mindestens auf HIV-, Hepatitis-B- und Hepatitis-C-Virus-Infektionsmarker, zu untersuchen (§5). Eine Spendeentnahme darf nur durchgeführt werden, wenn die spendende Person umfassend aufgeklärt wurde und in die Spendeentnahme und die Untersuchungen schriftlich eingewilligt hat. Die spendende Person ist auch datenschutzrechtlich aufzuklären (§ 6). Die Entnahme der Spende darf nur durch eine ärztliche Person oder durch ein anderes qualifiziertes Personal unter Verantwortung einer approbierten ärztlichen Person erfolgen (§ 7). Eine für die Gewinnung von Plasma zur Herstellung von speziellen Immunglobulinen erforderliche Spenderimmunisierung darf nur durchgeführt werden, wenn und solange sie im Interesse einer ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit diesen Arzneimitteln geboten ist. Die Immunisierung ist nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik durchzuführen. Die Risiken für die an einem Immunisierungsprogramm beteiligten Personen müssen ärztlich vertretbar sein. Die beteiligten Personen müssen umfassend aufgeklärt sein und ihre Einwilligung schriftlich erteilt haben. Die Durchführung eines Immunisierungsprogrammes ist bei der zuständigen Landesbehörde anzuzeigen, ein zustimmendes Votum einer nach Landesrecht gebildeten Ethik-Kommission muß vorliegen. Unerwünschte Ereignisse sind von der verantwortlichen ärztlichen Person der Ethik-Kommission, der zuständigen Behörde und dem pharmazeutischen Unternehmer des zur Immunisierung verwendeten Arzneimittels unverzüglich mitzuteilen (§8). Jede Spendeentnahme und die damit verbundenen Maßnahmen sind unbeschadet ärztlicher Dokumentationspflichten für die im Transfusionsgesetz geregelten Zwecke, für Zwecke der ärztlichen Behandlung der Spendenperson und für Zwecke der Risikoerfassung nach dem Arzneimittelgesetz zu protokollieren. Die Aufbewahrungszeiten liegen zwischen 15 und 20 Jahren (§ 11). Die Bundesärztekammer stellt im Einvernehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde (Paul-Ehrlich-Institut) und nach Anhörung von Sachverständigen unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Europäischen Union, des Europarates und der Weltgesundheitsorganisation zu Blut und Blutbestandteilen in Richtlinien den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik fest. Dies gilt insbesondere für die Sachkenntnis des Personals der Spendeeinrichtung, die Auswahl der spendenden Personen und die Durchführung der Auswahl, die Identifizierung und Testung der spendenden Personen, die durchzuführenden Laboruntersuchungen, die ordnungsgemäße Entnahme der Spende, die Eigenblutentnahme, die Gewinnung von Plasma für die Herstellung spezieller Immunglobuline (insbesondere die Spenderimmunisierung), die Separation von Blutstammzellen und anderen Blutbestandteilen (insbesondere die Vorbehandlung der spendenden Personen) und die Dokumentation der Spendeentnahme (§ 12).

Anwendung von Blutprodukten (§ 13-§ 18) Blutprodukte sind nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik anzuwenden. Die ärztlichen Personen, die eigenverantwortlich Blutprodukte anwenden, müssen ausreichende Erfahrung in dieser Tätigkeit besitzen (§ 13). Die behandelnde ärztliche Person hat jede Anwendung von Blutprodukten und von gentechnisch hergestellten Plasmaproteinen zur Behandlung von Hämostasestörungen für Zwecke der ärztlichen Behandlung der von der Anwendung betroffenen Person und für Zwecke der Risikoerfassung nach dem Arzneimittelgesetz zu dokumentieren oder dokumentieren zu lassen. Die Dokumentation hat die Aufklärung und die Einwilligungserklärung, das Ergebnis der Blutgruppenbestimmung, soweit die Blutprodukte blutgruppenspezifisch angewendet werden, die durchgeführten Untersuchungen sowie die Darstellung von Wirkungen und unerwünschten Ereignissen zu umfassen. Unter anderem sind zu dokumentieren die Patientenidentifikationsnummer oder entsprechende eindeutige Angaben zur Person, die Chargenbezeichnung, die Pharmazentralnummer oder die Bezeichnung des Präparates, der Name des pharmazeutischen Unternehmers, die Menge und Stärke sowie Datum und Uhrzeit der Anwendung. Bei Eigenblut ist die Dokumentation entsprechend durchzuführen. Bei der Dokumentation ist sicherzustellen, daß die Daten patienten- und produktbezogen genutzt werden können. Die Aufzeichnungen müssen mindestens 15 Jahre lang aufbewahrt werden und zu Zwecken der Rückverfolgung unverzüglich verfügbar sein (§ 14). Einrichtungen der Krankenversorgung, die Blutprodukte anwenden, haben ein System der Qualitätssicherung für die Anwendung von Blutprodukten einzurichten. Es ist eine approbierte ärztliche Person zu bestellen, die für die transfusionsmedizinischen Aufgaben verantwortlich und mit den dafür erforderlichen Kompetenzen ausgestattet ist (transfusionsverantwortliche Person). Für jede Behandlungseinheit, in der Blutprodukte angewendet werden, ist zudem eine approbierte ärztliche Person zu bestellen, die in der Krankenversorgung tätig ist und über transfusionsmedizinische Grundkenntnisse und Erfahrungen verfügt (transfusionsbeauftragte Person). Verfügt die Einrichtung der Krankenversorgung über eine Spendeeinrichtung oder ein Institut für Transfusionsmedizin oder handelt es sich um eine Einrichtung der Krankenversorgung mit Akutversorgung, so ist zusätzlich eine Kommission für transfusionsmedizinische Angelegenheiten zu bilden (Transfusionskommission). Im Rahmen des Qualitätssicherungssystems sind die Qualifikation und die Aufgaben der Personen, die im engen Zusammenhang mit der Anwendung von Blutprodukten tätig sind, festzulegen. Zusätzlich sind die Grundsätze für die patientenbezogene Qualitätssicherung der Anwendung von Blutprodukten, insbesondere der Dokumentation und des fachübergreifenden Informationsaustauschs, die Überwachung der Anwendung, die anwendungsbezogenen Wirkungen und die Nebenwirkungen und zusätzlich erforderliche therapeutische Maßnahmen festzulegen (§ 15). Bei unerwünschten Ereignissen hat die behandelnde ärztliche Person unverzüglich die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und die transfusionsbeauftragte und transfusionsverantwortliche Person zu unterrichten. Bei Verdacht auf Nebenwirkungen eines Blutproduktes ist unverzüglich der pharmazeutische Unternehmer und im Falle des Verdachts einer schwerwiegenden Nebenwirkung eines Blutproduktes zusätzlich die zuständige Bundesoberbehörde zu unterrichten. Von dieser Meldepflicht unberührt bleiben die berufsrechtlichen Mitteilungspflichten (§ 16). Der Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik zur Anwendung von Blutprodukten wird von der Bundesärztekammer im Einvernehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde und nach Anhörung von Sachverständigen unter Berücksichtigung der einschlägigen Empfehlungen der Europäischen Union, des Europarates und der Weltgesundheitsorganisation festgestellt. Dies gilt insbesondere für die Anwendung von Blutprodukten, die Testung auf Infektionsmarker sowie die Anforderungen an die Rückstellproben. Es sind Regelungen zur Qualitätssicherung der Anwendung von Blutprodukten sowie zur Überwachung durch die Ärzteschaft zu treffen, gleichermaßen zur Qualifikation und den Aufgaben der im engen Zusammenhang mit der Anwendung von Blutprodukten tätigen Personen sowie zum Umgang mit nicht angewendeten Blutprodukten (§ 18).

Rückverfolgung (§§ 19, 20) Das Transfusionsgesetz legt auch ein Verfahren zur Rückverfolgung (Look back) fest: Wird von einer Spendeeinrichtung festgestellt oder hat sie den begründeten Verdacht, daß eine spendende Person mit HIV, mit Hepatitis-Viren oder anderen Erregern, die zu schwerwiegenden Krankheitsverläufen führen können, infiziert ist, ist die entnommene Spende auszusondern und dem Verbleib vorangegangener Spenden nachzugehen. Die besonderen Sorgfaltspflichten werden im Gesetz näher bestimmt. Sind Blutprodukte, bei denen der begründete Verdacht besteht, daß sie Infektionserreger übertragen, angewendet worden, so ist die Einrichtung der Krankenversorgung verpflichtet, die behandelnden Personen unverzüglich zu unterrichten und ihnen eine Testung zu empfehlen. Die behandelte Person ist eingehend zu beraten. Die Einrichtung der Krankenversorgung, die Spendeeinrichtung und die pharmazeutischen Unternehmer haben mit den zuständigen Behörden des Bundes und der Länder zusammenzuarbeiten. Sie sind insbesondere verpflichtet, die für diesen Zweck erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Das Transfusionsgesetz enthält eine Verordnungsermächtigung für das Bundesgesundheitsministerium, Regelungen der Einzelheiten des Verfahrens der Rückverfolgung zu erlassen, sofern dies zur Abwehr von Gefahren für die Gesundheit von Menschen oder zur Risikovorsorge erforderlich ist (§ 20).

Meldewesen (§ 21-§ 23) Mit dem Transfusionsgesetz wird ein koordiniertes Meldewesen eingeführt. Die Träger der Spendeeinrichtungen, die pharmazeutischen Unternehmer und die Einrichtungen der Krankenversorgung haben jährlich die Zahlen zu dem Umfang der Gewinnung von Blut- und Blutbestandteilen, der Herstellung, des Imports und des Exports und des Verbrauchs von Blutprodukten sowie die Anzahl der behandelten Personen mit angeborenen Hämostasestörungen der zuständigen Bundesoberbehörde zu melden. Die zuständige Bundesoberbehörde stellt die gemeldeten Daten anonymisiert in einem Bericht zusammen und macht diesen bekannt. Die Spendeeinrichtungen erstellen vierteljährlich unter Angabe der Gesamtzahl der getesteten Personen eine Liste über die Anzahl der spendenden Personen, die auf einen Infektionsmarker bestätigt positiv getestet worden sind. Die Zahlenangaben sind nach den verschiedenen Infektionsmarkern, auf die getestet wird, nach Erstspendewilligen, Erst- und Wiederholungsspendern, nach Geschlecht und Alter zu differenzieren. Die Liste ist quartalsweise der für die Epidemiologie zuständigen Bundesoberbehörde (Robert-Koch-Institut) zuzuleiten.

Sachverständige (§ 24) Das Bundesministerium für Gesundheit richtet einen Arbeitskreis von Sachverständigen für Blutprodukte und das Blutspende- und Transfusionswesen ein (Arbeitskreis Blut). Der Arbeitskreis berät die zuständigen Behörden des Bundes und der Länder. Die Mitglieder des Arbeitskreises werden durch das Bundesministerium für Gesundheit berufen. Vorschlagsberechtigt sind die Berufs- und Fachgesellschaften, Standesorganisation der Ärzte, die Fachverbände der pharmazeutischen Unternehmer, einschließlich der staatlichen und, kommunalen Bluttransfusionsdienste, der Arbeitsgemeinschaft Plasmapherese und der Blutspendedienste des Deutschen Roten Kreuzes, überregionale Patientenverbände, insbesondere die Hämophilieverbände, das Bundesministerium der Verteidigung und die Länder.

Änderungen anderer Rechtsvorschriften Durch das Transfusionsgesetz werden das Arzneimittelgesetz, die Betriebsverordnung für pharmazeutische Unternehmer, die Apothekenbetriebsordnung sowie die Betriebsverordnung für Arzneimittelgroßhandelsbetriebe geändert:

Arzneimittelgesetz Es werden die Kennzeichnungsvorschriften (§ 10 AMG) für Plasmazubereitungen und Zubereitungen aus Blutzellen ergänzt. Entsprechend auch die Bestimmungen über die Packungsbeilage (§ 11 AMG) und die Fachinformation (§ 11a AMG). Die leitende ärztliche Person in einer Spendeeinrichtung kann zugleich Herstellungs- oder Kontrolleiter (§14 AMG) sein. Die Anforderungen an die Sachkenntnis (§ 15 AMG) werden dahingehend geändert, daß für Blutzubereitungen aus Blutplasma zur Fraktionierung eine mindestens dreijährige Tätigkeit in der Herstellung oder Prüfung in plasmaverarbeitenden Betrieben mit Herstellungserlaubnis und zusätzlich eine mindestens sechsmonatige Erfahrung in der Transfusionsmedizin oder der medizinischen Mikrobiologie, Virulogie, Hygiene oder Analytik vorgeschrieben ist. Für Blutzubereitungen aus Blutzellen, Zubereitungen aus Frischplasma und für Wirkstoffe zur Herstellung von Blutzubereitungen ist eine mindestens zweijährige transfusionsmedizinische Erfahrung, die sich auf alle Bereiche der Herstellung und Prüfung erstreckt, oder im Falle eines Kontrolleiters, der Arzt für Laboratoriumsmedizin oder Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie ist, eine mindestens sechsmonatige transfusionsmedizinische Erfahrung gefordert. Für autologe Blutzubereitungen ist eine mindestens sechsmonatige transfusionsmedizinische Erfahrung oder eine einjährige Tätigkeit in der Herstellung autologer Blutzubereitungen vorgeschrieben, für Blutstammzellzubereitungen zusätzlich zu ausreichenden Kenntnissen mindestens ein Jahr Erfahrungen in dieser Tätigkeit, insbesondere in der zugrundeliegenden Technik. Zur Vorbehandlung von Personen zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen muß die verantwortliche ärztliche Person ausreichende Kenntnisse und eine mindestens zweijährige Erfahrung in dieser Tätigkeit nachweisen. Die Bestimmungen über den Vertriebsweg (§ 47 AMG) werden, orientiert an der seit Jahren geübten Praxis, dahingehend ergänzt, daß Blutgerinnungsfaktoren von hämostasiologisch qualifizierten Ärzten im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern an Patienten abgegeben werden dürfen.

Betriebsverordnung für pharmazeutische Unternehmer Die Verordnung wird zum Zweck der Rückverfolgung spezifisch ergänzt bei den Bestimmungen über die Dokumentation (§15 PharmBetrV). Die Aufzeichnungen über den Erwerb, die Herstellung, Prüfung, Lagerung, Einfuhr, Ausfuhr und das Inverkehrbringen von Blutzubereitungen, Sera aus menschlichem Blut und gentechnisch hergestellten Plasmaproteinen zur Behandlung von Hämostasestörungen sind mindestens 15 Jahre aufzubewahren.

Apothekenbetriebsordnung Es werden hinsichtlich Erwerb und Abgabe von Blutzubereitungen, Sera aus menschlichem Blut und gentechnisch hergestellten Plasmaproteinen zur Behandlung von Hämostasestörungen detailliertere Aufzeichnungen (§ 17 ApBetrO) gefordert (Bezeichnung des Arzneimittels, Chargenbezeichnung, Datum der Abgabe, Name und Anschrift des verschreibenden Arztes, Name, Vorname, Geburtsdatum, Adresse des Patienten oder bei Praxisbedarf Name und Anschrift des verschreibenden Arztes). Diese Aufzeichnungen müssen mindestens 15 Jahre aufbewahrt oder gespeichert werden (§ 22 ApBetrO).

Betriebsverordnung für Arzneimittelgroßhandelsbetriebe Die Änderungen betreffen die Dokumentationsvorschriften zum Zweck der Rückverfolgung. Die Aufbewahrungsdauer beträgt ebenfalls mindestens 15 Jahre.

Anschrift des Verfassers: Dr. Werner Fresenius, Pommernstraße 29 65205 Wiesbaden

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