Spatenstich mit Scholz und Co.

Eli Lilly: Bau neuer Produktionsstätte in der Pfalz beginnt im Sommer

Berlin - 08.04.2024, 17:15 Uhr

Das US- Unternehmen Eli Lilly steht wegen seiner Abnehmspritzen hoch im Kurs. ( Foto: IMAGO / SOPA Images)

Das US- Unternehmen Eli Lilly steht wegen seiner Abnehmspritzen hoch im Kurs. ( Foto: IMAGO / SOPA Images)


Im rheinland-pfälzischen Alzey entsteht eine neue Produktionsstätte der Pharmaindustrie. Das US-Unternehmen Eli Lilly will hier vor allem Diabetes-Arzneimittel herstellen, die den Großteil seines Umsatzes ausmachen. Bundes- und Landespolitiker waren beim Spatenstich zugegen und zeigten sich hocherfreut.

Der US-amerikanische Pharmaproduzent Eli Lilly feierte an diesem Montag-Nachmittag den Spatenstich für eine neue Produktionsstätte im pfälzischen Alzey. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und andere hochkarätige Gäste waren geladen. Ab 2027 soll die Produktion in Alzey beginnen, die Kosten für das neue Werk sollen sich auf 2,3 Milliarden Euro belaufen. Die Bauarbeiten werden nach Aussage des Unternehmens in diesem Sommer beginnen. Bis zu 1.000 neue Arbeitsplätze sollen in dem Werk in Alzey entstehen. Die Ansiedelung erfolgt ohne staatliche Subventionen. Insgesamt plant der US-Konzern sechs neue Produktionsstätten weltweit.

In dem Werk in Alzey will der Konzern zukünftig vor allem die Produktion seiner Diabetes-Arzneimittel ausbauen – diese werden verstärkt auch bei Übergewicht eingesetzt. „Deutschland ist ein hochattraktiver und stark wachsender Markt in diesem Segment“, betonte Dirk Dohse, Wachstumsforscher am Institut für Weltwirtschaft in Kiel, gegenüber der Tagesschau.

Für die Leitung des Firmenstandorts in Alzey wurde Paul Holohan ernannt, der bisher für die Leitung des Standorts in Japan verantwortlich ist.

Politiker sehen Meilenstein für Pharmastandort

Bundeskanzler Scholz begrüßte die Entscheidung von Eli Lilly: „Die Ansiedlung von Eli Lilly and Company in Alzey ist ein erfreuliches Signal für die Attraktivität des Pharma- und Industriestandorts Deutschland. Pharma und Biotech haben eine sehr hohe Bedeutung für Wertschöpfung, Beschäftigung und Innovationen. Mit der Pharmastrategie arbeitet die Bundesregierung daran, die gesundheits-, forschungs- und wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen für den Pharmastandort weiter zu verbessern. Die Ansiedlung in Alzey steht für den Erfolg dieser Anstrengungen.“

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Neben Scholz und Lauterbach waren auch Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung, die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sowie Eli Lilly-CEO Dave Ricks bei dem Spatenstich anwesend, darüber berichtet das Unternehmen in einer Pressemitteilung.

Dreyer würdigte die Fortschritte in ihrer Heimregion: „Der heutige Spatenstich ist eine wegweisende Entscheidung für den Pharmasektor der Region und markiert einen Meilenstein für den Biotechnologie- und Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz. Die Investition von 2,3 Milliarden Euro und die Schaffung von 1.000 Arbeitsplätzen zeigen deutlich das Vertrauen in die Wirtschaft unserer Region. Und es ist ein Beleg dafür, dass unsere Strategie, Rheinland-Pfalz zu einem weltweit sichtbaren Biotechnologie-Standort auszubauen, erfolgreich ist. Es ist auch ein Vertrauensbeweis in die guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unseres Industriestandortes. Ich freue mich über diese Entwicklung und bin stolz darauf, diesen wichtigen Schritt für die Zukunft unseres Landes zu gehen.“

Eli Lilly CEO Dave Ricks dankte den anwesenden Regierungsvertretern: „Wir schätzen die Unterstützung der deutschen Behörden in diesem Projekt und das Interesse der hiesigen Politik daran, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die Innovationen wertschätzen und Menschen einen schnellen Zugang zu neuen Therapieoptionen ermöglichen.“

Weltmarktführer in der Pfalz

Derzeit ist Eli Lilly mit einer Marktkapitalisierung von 730 Milliarden weltweit das wertvollste Pharmaunternehmen – Haupteinnahmequelle sind Arzneimittel gegen Diabetes. Platz zwei der wertvollsten Pharmakonzerne besetzt mit 559 Milliarden Novo Nordisk, der Produzent des Diabetes-Mittels Wegovy. Der dänische Pharmakonzern hatte 2023 eine Deutschlandzentrale in Mainz eröffnet.

Die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP) wertete die Ansiedlung von Eli Lilly gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa) als politischen Erfolg: „Unsere Wirtschafts- und Innovationspolitik in Rheinland-Pfalz trägt Früchte.“ Das Bundesland entwickelt sich zum Schwerpunkt der deutschen Pharmaproduktion.

Produktionskapazitäten für Abnehmspritzen

Der Hautgrund für den massiven Ausbau der Produktion bei Eli Lilly ist die stark gestiegene Nachfrage nach sogenannten Abnehmspritzen. Der Gesamtmarkt für diese Arzneimittel wird bis 2030 auf 50 Milliarden Euro geschätzt.

Die Diabetes-Mittel Trulicity (7,13 Milliarden) und Mounjaro (5,16 Milliarden) generierten 2022 den höchsten Umsätze für das Unternehmen. Laut Handelsblatt sei zu erwarten, dass Mounjaro zukünftig zur Haupteinnahmequelle von Eli Lilly wird. Das Mittel mit dem Wirkstoff Tirzepatid war ursprünglich für die Behandlung von Diabetes entwickelt worden.

Patien:innen verlieren durch die Einnahme bis zu 20 Prozent ihres Körpergewichtes, weshalb Mounjaro – wie andere Diabetes-Mittel – auch zur Behandlung bei Übergewicht eingesetzt wird. In Deutschland ist eine Behandlung zur Gewichtsreduktion ab einem Body-Mass-Index von 30 zugelassen.

Krankenkassen sollen Kosten übernehmen

Bisher wird eine Anwendung von Diabetes-Mitteln zur Gewichtsreduktion hierzulande nicht von den Kassen erstattet. Sie werden als sogenannte „Lifestyle-Medikamente“ eingestuft. Das könnte sich bald ändern – geht es nach Andrew Ullmann, dem gesundheitspolitischen Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag:

„Abnehmspritzen sollten nicht als Lifestyle-Medikament betrachtet werden, sondern als Teil eines umfassenden Ansatzes zur Behandlung schwerer Adipositas und zur Verhinderung ihrer Folgeerkrankungen“, sagte Ullmann gegenüber dem Handelsblatt. Sofern die Effektivität und Sicherheit der Mittel belegt seien und eine ärztliche Verschreibung erfolgt sei, sollten Krankenkassen die Kosten übernehmen.

Ähnlich sieht das der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion Tino Sorge. Wenn die Diabetes-Mittel auch zur Behandlung anderer schwerer Erkrankungen geeignet sind – beispielsweise kardiovaskuläre Erkrankungen – sollten die Krankenkassen die Kosten übernehmen. Das würde die Kurse von Eli Lilly und Novo Nordisk weiter beflügeln.

Angst vor Kostenexplosion

Allerdings hat der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im März die Anwendung des Abnehmmittels Wegovy von Novo Nordisk als Lifestyle-Behandlung eingestuft. Laut Berechnungen des AOK-Bundesverbandes würden im Falle einer Erstattung der Abnehmspritzen Kosten in Höhe von 45,8 Milliarden Euro für die gesetzlichen Krankenkassen entstehen – damit würden dich die Arzneimittelausgaben der GKV nahezu verdoppeln. In der Schweiz übernehmen die Krankenkassen seit diesem März die Kosten bei der Therapie von starker Adipositas.

Die SPD hält nichts von den Vorstößen von FDP und Union. Ihre gesundheitspolitische Sprecherin Heike Baehrens sagte gegenüber dem Handelsblatt: „Angesichts der schwierigen finanziellen Situation der GKV ist es schwer vorstellbar, aktuell an den gesetzlichen Regelungen etwas zu verändern.“


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


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