Monat März im Zeichen der Darmkrebsvorsorge

Früherkennung rettet Leben

01.03.2024, 09:15 Uhr

Unter dem Motto „Tierisch gute Wahl“ macht die Felix Burda Stiftung zum diesjährigen Darmkrebsmonat mit 3D-animierten Tieren auf Vorsorgeuntersuchungen aufmerksam. Verschiedene Motive sind als Flyer und Plakate erhältlich [1]. (Bild: Felix Burda Stiftung)

Unter dem Motto „Tierisch gute Wahl“ macht die Felix Burda Stiftung zum diesjährigen Darmkrebsmonat mit 3D-animierten Tieren auf Vorsorgeuntersuchungen aufmerksam. Verschiedene Motive sind als Flyer und Plakate erhältlich [1]. (Bild: Felix Burda Stiftung)


Dieses Jahr jährt sich der Darmkrebsmonat März, der von der Felix Burda Stiftung ins Leben gerufen wurde, nun zum 23. Mal in Deutschland. Die Kampagne hat zum Ziel, ein stärkeres Bewusstsein für die Notwendigkeit von Vorsorge und Früherkennung in der Bevölkerung zu schaffen [1]. Auch Apotheken können sich aktiv beteiligen und mit niederschwelligen Beratungs­angeboten unbegründete Ängste vor einer Darmspiegelung (Koloskopie) nehmen. Was gibt es dabei zu beachten?

Darmkrebs zählt in Deutschland zu den häufigsten Krebsarten. Im Jahr 2020 erkrankten 54.770 Menschen, fast 24.000 starben daran. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Mehr als die Hälfte der Patienten erhalten die Diagnose nach dem 70. Lebensjahr, etwa 10% der Darmtumore treten vor dem 55. Lebensjahr auf [2, 3]. Zu den wichtigsten Risiko­faktoren für Darmkrebs zählen Übergewicht und Rauchen. Auch Bewegungsmangel, ballaststoffarme Ernährung, regelmäßiger Alkoholkonsum und der häufige Genuss von rotem Fleisch steigern die Erkrankungswahrscheinlichkeit. Verwandte ersten Grades (Eltern und Kinder) von betroffenen Patienten erkranken häufiger [3].

Den Stellenwert der Darmkrebsfrüh­erkennung zeigen die Ergebnisse einer Langzeitstudie, in der die Wirksamkeit von Vorsorge-Darmspiegelungen analysiert wurde. Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums werteten dazu die Daten von mehr als 9000 Probanden aus, die im Rahmen der ESTHER-Studie rekrutiert und über 17 Jahre beobachtet wurden. Das Risiko einer Neuerkrankung war bei Studienteilnehmern, die eine vorsorgliche Koloskopie in Anspruch genommen hatten, um nahezu 60% reduziert. Auch das Darmkrebs-assoziierte Sterberisiko war um 70% geringer [4].

Koloskopie wird ab 50 bzw. 55 Jahren erstattet

Darmkrebs entsteht in der Regel aus zunächst gutartigen Vorstufen im Dickdarm, den Darmpolypen. Diese können im Laufe der Zeit entarten und bösartig werden. Bei einer ambulant durchgeführten Darmspiegelung werden Darmpolypen erkannt und unkompliziert entfernt. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen ermöglichen also nicht nur eine Früherkennung von Tumoren, sondern verhindern auch das Entstehen von Darmkrebs. Ist das Erkrankungsrisiko durch erb­liche Vorbelastung nicht erhöht, haben Männer ab 50 Jahre und Frauen ab 55 Jahre Anspruch auf eine Darmspiegelung zulasten der gesetzlichen Krankenkasse. Bei unauffälligem Befund ist die nächste Vorsorgeuntersuchung erst nach zehn Jahren zu wiederholen.

Auch ein Stuhltest auf okkultes Blut basierend auf einem immunologischen Testverfahren ist jährlich zwischen 50 und 54 Jahren möglich, ab 55 Jahren dann alle zwei Jahre, wenn keine Darmspiegelung gemacht wurde [3, 5]. Der sogenannte immunologische fäkale Okkultbluttest (iFOBT) weist Hämoglobin im Stuhl nach und zeigt eine deutlich höhere Sensitivität als der bis 2017 übliche Guajak-Test. Die Probenentnahme erfolgt aus nur einem Stuhlgang und erfordert keine spezielle vorherige Diät. Bei positivem Ergebnis ist eine anschließende Koloskopie erforderlich [6].

Gut vorbereitet zur Darmspiegelung

Die zuverlässigste Methode, um Darmkrebs möglichst frühzeitig zu erkennen, ist die Darmspiegelung [7]. Un­abdingbar für eine erfolgreich durchgeführte Koloskopie ist die vorherige Darmreinigung mit Laxanzien. Ist der Dickdarm nicht vollständig entleert, verhindert verbleibender Reststuhl, dass die Schleimhaut vollständig untersucht werden kann. Das gilt besonders für das rechte Kolon, wo sich eher flache und rascher entartende Polypen finden, die durch Restverschmutzung häufig übersehen werden. Wesentlich für eine effektive Reinigung ist nicht nur die korrekte Anwendung von Abführmitteln, sondern auch deren Verträglichkeit. Das Apothekenteam hat daher bei der Abgabe von Präparaten zur Darmvorbereitung eine besondere Beratungsverantwortung [8, 9].

Tipps für die Darmvorbereitung

  • Vorbereitungslösungen gut gekühlt oder eiskalt trinken
  • vor dem Trinken an einer Zitronenscheibe lutschen
  • langsam und schluckweise trinken
  • abwechslungsreiches Geträn­keangebot für die zusätzliche Trinkmenge schaffen
  • bei Hungergefühl Bonbons oder Traubenzucker lutschen
  • Cave: Abführmittel können die Wirkung oraler Kontrazeptiva beeinträchtigen

(Quellen [16, 17])

Womit abführen?

Zur Verfügung stehen verschiedene laxierend wirkende Trinklösungen, die abhängig von Vorerkrankungen und individuellen Patientenbedürfnissen zum Einsatz kommen:

  • Sulfate (Eziclen®) und Phosphate (Phospho-soda®) sind unvollständig oder schwer resorbierbare Substanzen, die im Darmlumen zu einem osmotisch bedingten Einstrom von Wasser führen. Dadurch wird ein Eindicken des Fäzes verhindert [10]. Für eine ausreichende Darmreinigung, jedoch auch um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen, müssen zwei Liter klare Flüssigkeit zusätzlich getrunken werden. Elektrolytverschiebungen führen selten zu Komplikationen, stellen jedoch bei Herz- und Niereninsuffizienz Kontraindikationen dar [8, 9].
  • Das hochmolekulare Macrogol 3350 wird nicht resorbiert und zeigt eine hohe Wasserbindungskapazität. Dadurch wird das Stuhlvolumen erhöht und auf neuromuskulärem Weg eine gesteigerte Motilität des Kolons ausgelöst. Zur Darmreinigung kommen Macrogol-Elektrolytlösungen (z. B. Endofalk®, VistaPrep®) zum Einsatz, die aufgrund ihrer iso­osmolaren Zusammensetzung keinen Einfluss auf den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt haben. Durch das große Volumen der insgesamt aufzunehmenden Trinkmenge von drei bis maximal vier Litern wird die Darmwand freigespült [8, 11, 12]. Macrogol-Elektrolytlösungen sind ebenso effektiv wie Sulfate und Phosphate, werden jedoch aufgrund der hohen Trinkmenge schlechter vertragen. Übelkeit und Erbrechen können auftreten [8]. Bei Macrogol-Präparaten, die als weitere Komponenten hoch dosierte Ascorbinsäure oder Natrium­sulfat beinhalten (z. B. Moviprep®, Plenvu®, Clensia® [enthält auch Simeticon]), reduziert sich das Gesamtvolumen aufgrund der zusätzlichen osmotischen Wirksamkeit auf zwei Liter [8, 9, 11].
  • Natriumpicosulfat (Picoprep®, Citra­Fleet®) wird nach bakterieller Spaltung im Dickdarm in seine Wirkform Bis-(p-hydroxyphenyl)-­pyridyl-2-methan überführt. Diese stimuliert im Darmlumen die Wasser- und Elektrolytsekretion und beschleunigt über eine Peristaltikerhöhung die Darmentleerung. Zusätzlich enthaltenes osmotisch wirksames Magnesiumcitrat verstärkt den Effekt [8, 10]. Aufgrund des kleinen Volumens der fertigen Trinklösung (2 × 150 ml) und des angenehmen Geschmacks werden Präparaten auf Natriumpico­sulfat-Basis die beste Verträglichkeit zugeschrieben. Anschließend müssen zwei weitere Liter klare Flüssigkeit getrunken werden. Eine verlässliche Aussage zur Effektivität im Vergleich zu den anderen Laxanzien ist aufgrund der uneinheitlichen Datenlage nicht möglich [8].

Was gibt es zu beachten?

Präparate zur Darmvorbereitung mit Ausnahme von Macrogol-Elektrolyt­lösungen erfordern wie oben beschrieben eine zusätzliche Flüssigkeits­­­zufuhr. Erlaubt sind Wasser, Tee oder Filterkaffee (ohne Milch), kohlensäurehaltige oder -freie Erfrischungs­getränke (Softdrinks), nicht rote Fruchtsäfte ohne Fruchtfleisch und klare Brühe ohne Feststoffe [11, 13].

In der Praxis hat sich gezeigt, dass eine „zweigeteilte“ Darmvorbereitung, die auf den Vorabend und auf den Morgen vor der Untersuchung aufgeteilt wird, zu einer besseren Verträglichkeit und damit einer besseren Darmreinigung führt [8, 9]. Die Abführ­maßnahme war erfolgreich, wenn nur noch „gelbes Wasser“ den Darm verlässt („wie Kamillentee“) [9].

Die Darmvorbereitung beginnt jedoch nicht erst mit der Einnahme eines Abführmittels. Mehrere Tage vor der geplanten Untersuchung sollten Patienten auf Körner sowie kernhaltige oder ballaststoffreiche Nahrungsmittel verzichten. Die letzte Mahlzeit wird spätestens am Vortag zur Mittagszeit eingenommen [8].

„Bahnbrechender“ Bluttest

Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) hat einem Bluttest für die onkologische Diagnostik den Status eines „bahnbrechenden Produkts“ erteilt. Das Medizinprodukt PreveCol® des spanischen Biotech­-Unternehmens Amadix dient der Früherkennung von Dickdarmkrebs. Mit dem Bluttest werden bestimmte Biomarker im Blut erkannt, die mit kolorektalen Neoplasien assoziiert sind und einen Hinweis auf das Vorhandensein von Darmkrebs oder fortgeschrittenen präkanzerösen Läsionen geben. Ein positives Testergebnis sollte durch eine Koloskopie abgesichert werden. Die Einstufung als Breakthrough Device ermöglicht in den USA eine beschleunigte Entwicklung und Zulassung von Medizinprodukten [18].

Eingriff verschlafen

Obwohl einfache Vorsorgeuntersuchungen auch ohne Sedierung durchgeführt werden können, haben Patienten das Recht, die Darmspiegelung „zu verschlafen“. Aufgrund des raschen Wirkeintritts bei kurzer Wirkdauer und geringeren Nebenwirkungen hat Propofol (z. B. Disoprivan®) das früher übliche Sedativum Mida­zolam (z. B. Dormicum®) in der Dia­gnostik weitestgehend abgelöst. Beide Wirkstoffe adressieren den GABA-A-Rezeptor. Anders als bei Propofol kann die Wirkung von Midazolam jedoch durch den Antagonisten Fluma­zenil (z. B. Anexate®) aufge­hoben werden [14].

Auf Vorerkrankungen achten

Häufig nehmen Patienten Thrombo­zytenaggregationshemmer oder orale Antikoagulanzien ein. Werden bei der Darmspiegelung Gewebeproben entnommen oder Polypen entfernt, kann dies zu Blutungen führen. Der Arzt muss folglich im Vorgespräch das individuelle Blutungsrisiko gegen das individuelle Thromboembolierisiko durch das Pausieren der Medikation abwägen [9].

Die Darmvorbereitung bei Diabetes­patienten stellt eine weitere Herausforderung dar. Ein schlecht eingestellter Blutzucker kann zu einer verzögerten gastrointestinalen Motilität führen, wodurch das erforderliche Trinkvolumen nicht bewältigt wird. Die Folge ist eine unzureichende Darmreinigung. Zweigeteiltes Abführen mit Macrogol-Elektrolytlösungen erzielte in Studien gute Ergebnisse. Die fehlende Nahrungsaufnahme erfordert eine Anpassung der antidiabetischen Therapie, die in Absprache mit dem Diabeto­logen erfolgt [15]. |

Literatur

[1] Darmkrebsmonat März. Informationen der Felix Burda Stiftung, www.felix-burda-stiftung.de/unsere-projekte/darmkrebsmonat?gad_source=1&gclid=EAIaIQobChMI0tT8sLathAMVDD0GAB2oiQGdEAAYASAAEgKQTfD_BwE, Abruf am 15. Februar 2024

[2] Krebsarten. Informationen des Zentrums für Krebsregisterdaten am Robert Koch-Institut, Stand: 07. Dezember 2023, www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/krebsarten_node.html, Abruf am 15. Februar 2024

[3] Darmkrebs. Informationen des Zentrums für Krebsregisterdaten am Robert Koch-Institut, Stand: 07. Dezember 2023, www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Darmkrebs/darmkrebs_node.html

[4] Kohlstädt S. 70 Prozent weniger Darmkrebs-Todesfälle nach Vorsorge-Darmspiegelung. Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums, 26. Februar 2021, www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2021/dkfz-pm-21-11-70-Prozent-weniger-Darmkrebs-Todesfaelle-nach-Vorsorge-Darmspiegelung.php#:~:text=70%20Prozent%20weniger%20Darmkrebs-Todesf%C3%A4lle%20nach%20Vorsorge-Darmspiegelung

[5] Weil früher besser ist – die wichtigsten Fragen zur Darmkrebs-Vorsorge. Informationen des Bundesministeriums für Gesundheit, Stand: 20. Februar 2024, www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/frueherkennung-vorsorge/fragen-zur-darmkrebs-vorsorge

[6] Schepp W, Probst A. Stuhltests. In: Messmann H (Hrsg). Klinische Gastroenterologie. 2. Auflage, Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, 2021

[7] Sierocinski E, Truthmann J. SOP Beratung zur Darmkrebs-Früherkennung. Allgemeinmedizin up2date 2023;04(01):9-13, doi: 10.1055/a-1761-8626

[8] Aus Klinik & Praxis – Darmvorbereitung maßgeschneidert: eine Übersicht. Endo-Praxis 2011;27(02):81-83

[9] Persicke T, Albert J, Grün K. SOP Vorbereitung zur Koloskopie. Gastroenterologie up2date 2019;15(01):11-16, doi: 10.1055/a-0768-6168

[10] Aktories K et al. Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. 11. Auflage, Elsevier Urban & Fischer München, 2013

[11] Fachinformation Moviprep®. Stand: November 2022

[12] Fachinformation Endofalk Classic®, Stand: September 2021

[13] Fachinformation Eziclen® Konzentrat, Stand: Januar 2024

[14] Sedierung in der gastrointestinalen Endoskopie. S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), AWMF-Registernr. 021/014, Stand: 01. Juni 2023

[15] Adamek HE, Bergmann L, Müssig K. Koloskopievorbereitung bei Patienten mit Diabetes mellitus: Entwicklung einer Handlungsempfehlung. Z Gastroenterol. 2022;60(05):784-789, doi: 10.1055/a-1791-1627

[16] Vorbereitung zur Darmspiegelung. Patienteninformation des Magen Darm Zentrums Wiener Platz, Stand: 21. Dezember 2022, www.mdz-koeln.de/wp-content/uploads/F12.2_MDZ_Picoprep_Info_21_12_22.pdf

[17] Ernährungsumstellung vor der Darmspiegelung. Patienteninformation des Magen Darm Zentrums Wiener Platz, Stand: 21. Dezember 2013, www.mdz-koeln.de/wp-content/uploads/F61_MDZ_Erna%CC%88hrungsumstellung_21_12_13.pdf

[18] FDA grants Breakthrough Device Designation to PreveCol®. Pressemitteilung von Amadix, 23. Januar 2024, https://amadix.com/news/fda-grants-breakthrough-device-designation-to-prevecol/

[19] Virtuelles Darmmodell. Informationen der Felix Burda Stiftung, Abruf am 22. Februar 2024, www.felix-burda-stiftung.de/virtuellesDarmmodell


Apothekerin Judith Esch, DAZ-Autorin
redaktion@daz.online


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