Beratungs-Quickie

Ein Laxans zur Vorbereitung auf eine Koloskopie

München - 21.04.2016, 19:30 Uhr

Abführmittel haben einen hohen Beratungsbedarf in Apotheken. (Foto: william87 / Fotolia)

Abführmittel haben einen hohen Beratungsbedarf in Apotheken. (Foto: william87 / Fotolia)


Welche Punkte sind bei der Beratung wichtig? Was für Zusatzinformationen kann man geben? Welche Formalien sind zu beachten? Diesmal geht es um eine Verordnung über Moviprep Pulver für einen Mann mittleren Alters zur Vorbereitung auf eine Darmspiegelung.

Ein knapp 50-jähriger Herr legt zwei Wochen nach Rezeptausstellung die Verordnung in der Apotheke vor. Leicht skeptisch erkundigt er sich, was er denn jetzt mit dem Präparat machen solle. Sein Hausarzt habe ihm als Routinecheck eine Darmkrebsvorsorge bei einem Facharzt empfohlen. 

Formalien-Check       

Verordnet ist eine Packung Moviprep® Pulver N1, ein apothekenpflichtiges Arzneimittel. Abführmittel sind nach OTC-Ausnahmeliste bei bestimmten Untersuchungen und Erkrankungen verordnungsfähig, wenn sie als Therapiestandard gelten.

Nach Anlage I zum Abschnitt F (OTC-Ausnahmeliste) der Arzneimittel-Richtlinie des G-BA werden Abführmittel unter anderem vor diagnostischen Eingriffen von der Krankenkasse erstattet.

Die Diagnose muss nicht angegeben sein, die Apotheke hat auch keine Prüfpflicht, ob das in Anlage I gelistete Arzneimittel im vorliegenden Fall verordnungsfähig ist. Wenn jedoch eine Indikation auf dem Rezept vermerkt ist, muss diese auch in der Anlage I genannt sein. Die Apotheke hat dann eine sogenannte „erweiterte Prüfplicht”.  Aus der Verordnung geht hervor, dass Moviprep® zur Vorbereitung auf eine Koloskopie, also vor einem diagnostischen Eingriff, verwendet werden soll.

Das Arzneimittel kann zulasten der Krankenkasse abgegeben werden.

Auch bei nicht verschreibungspflichtigen  Arzneimitteln sind vorrangig rabattierte Arzneimittel und dann preisgünstige Reimporte abzugeben, beide sind jedoch im aktuellen Fall nicht vorhanden. Die Verordnung wird somit mit einer Packung Moviprep® Pulver zur Herstellung einer Lösung zum Einnehmen (N1) beliefert. Das Arzneimittel ist mit den Geschmacksvarianten neutral oder Orange im Handel, die Wahl ist dem Kunden überlassen.

Der Kunde ist gebührenpflichtig und leistet die gesetzliche Zuzahlung von fünf Euro.

Ab Ausstellungsdatum ist das Rezept einen Monat gültig.

Beratungs-Basics

Moviprep® Pulver ist ein Laxans, das zur Darmvorbereitung vor klinischen Maßnahmen, die einen sauberen Darm erfordern, eingesetzt wird. Beispielsweise vor endoskopischen oder radiologischen Untersuchungen. Im aktuellen Fall zur Vorbereitung auf eine Darmspiegelung im Rahmen der Darmkrebsvorsorge.

Die abführende Wirkung wird über den osmotischen Effekt von Macrogol, Natriumsulfat und hohe Dosen von Ascorbinsäure induziert. Macrogol erhöht das Stuhlvolumen, was neuromuskulär die Peristaltik des Darms fördert. Durch die in der Formulierung vorliegenden Mineralsalze und die zusätzliche Zufuhr von reichlich Flüssigkeit soll das Dehydratationsrisiko verringert werden.

Das Arzneimittel enthält zwei Beutel A und zwei Beutel B mit Pulver zur Herstellung einer Lösung zum Einnehmen. Eine Darmvorbereitung besteht aus der Verabreichung von zwei Litern des zubereiteten Arzneimittels. Für die Herstellung eines Liters wird der Inhalt von je einem Beutel A und Beutel B in ein Zubereitungsgefäß gegeben und nachfolgend ein Liter Wasser zugefügt. Das Auflösen kann bis zu fünf Minuten dauern. Der Patient sollte die gebrauchsfertige Lösung innerhalb von einer bis zwei Stunden trinken. Falls gewünscht, kann die Lösung vor der Anwendung gekühlt werden.

Die Verabreichung der gebrauchsfertigen Lösung erfolgt entweder als Einmalgabe von zwei Litern am Vorabend der Untersuchung oder am Morgen des Untersuchungstages. Möglich ist auch die geteilte Gabe - ein Liter der gebrauchsfertigen Lösung am Vorabend und ein weiterer Liter der gebrauchsfertigen Lösung am frühen Morgen des Tages, an dem die klinische Maßnahme erfolgen soll.

Für das Trinken der Lösung und die Darmentleerung sind jeweils drei Stunden einzuplanen.

Bei Anwendung als geteilte Gabe sowie bei der Einmalgabe am Vorabend sollte mindestens eine Stunde Abstand zwischen der letzten Flüssigkeitseinnahme (Moviprep®  oder klare Flüssigkeit) und der Untersuchung liegen.

Erfolgt die Einnahme erst am Morgen der Untersuchung, sollten zwei Stunden zwischen dem Beenden der Einnahme von Moviprep® und mindestens eine Stunde zwischen dem Beenden der Einnahme von klarer Flüssigkeit und dem Beginn der Koloskopie liegen.

Auch noch wichtig

Durchfall ist im Rahmen einer Darmvorbereitung eine erwünschte Wirkung. Bei den meisten Patienten treten zusätzlich unerwünschte Reaktionen wie Übelkeit, Erbrechen, Blähungen, Bauchschmerzen, anale Irritationen und Schlafstörungen auf.

Kommt es zu Symptomen, die das Fortsetzen der Darmvorbereitung erschweren (schwerer Meteorismus, Bauchschmerzen o.ä.), sollte der Kunde das Trinken der gebrauchsfertigen Lösung verlangsamen oder vorübergehend unterbrechen und den behandelnden Arzt konsultieren.

Aufgrund der laxierenden Wirkung von Moviprep® kann die Resorption von anderen oral einzunehmenden Arzneimitteln vermindert sein. Alle weiteren Medikamente sollten entweder zwei Stunden vor oder mindestens eine Stunde nach Verabreichung der Lösung eingenommen werden.

Der DAZ.online-Beratungsquickie

Jede Woche präsentieren wir einen kurzen Fall, wie er im Apothekenalltag vorkommen könnte. Die Fälle und die Beratungshinweise basieren auf dem Rezepttrainer 1, dem Rezepttrainer 2 und dem HV-Trainer, des Deutschen Apotheker Verlags.
Die Beispiele geben Anregungen zur Beratung und anderen Dingen, die bei der Abgabe zu beachten sind:

  • Formalien-Check: unter anderem Informationen zur Verordnungsfähigkeit sowie Gültigkeit des Rezeptes
  • Beratungs-Basics: die wichtigsten Informationen zur Anwendung
  • Auch noch wichtig: Infos zu häufigen Nebenwirkungen und anderen Anwendungsproblemen, Wechselwirkungen mit der Selbstmedikation, Warnzeichen für Komplikationen, …
  • Darf`s ein bisschen mehr sein? Weitergehende Informationen und mögliche Zusatzempfehlungen
Fehlt was?
Haben wir etwas Wichtiges übersehen, haben Sie noch eine weitere Idee oder gar einen ganz anderen Ansatz? Nutzen Sie die Kommentarfunktion und lassen Sie es uns wissen.

 Darf´s ein bisschen mehr sein?

  • Die Einnahme der zubereiteten Lösung ersetzt nicht die reguläre Flüssigkeitszufuhr. Es wird nachdrücklich empfohlen, während der Darmvorbereitung zusätzlich mindestens einen Liter klare Flüssigkeit, beispielsweise Wasser, klare Suppe, Fruchtsaft (ohne Fruchtfleisch), Softdrinks oder Tee und/oder Kaffee (ohne Milch) zu sich zu nehmen. Die letzte Flüssigkeitszufuhr sollte mindestens eine Stunde Abstand zur Untersuchung haben.

  • Ab Beginn der Einnahme der Lösung bis zum Ende der klinischen Maßnahme darf der Patient keine feste Nahrung zu sich nehmen.

  • Beratungsinformationen für Ihre Kunden zum Thema Darmkrebsvorsorge finden Sie hier.


Manuela Kühn, Apothekerin
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Quick-Feedback

von Reinhild Berger am 22.04.2016 um 12:33 Uhr

Also, wenn ich die Patientin wäre, ich hätte jetzt nicht kapiert, wie ich das korrekt einnehmen muss.

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