Neues Leitbild

Diese Schwerpunkte setzt die SPD in der Gesundheitspolitik

Berlin - 29.08.2023, 12:45 Uhr

Die SPD hat ein neues Leitbild für ihre Gesundheitspolitik veröffentlicht. (Foto: imago images / Panama Pictures)

Die SPD hat ein neues Leitbild für ihre Gesundheitspolitik veröffentlicht. (Foto: imago images / Panama Pictures)


Die SPD-Bundestagsfraktion hat ein aktuelles Positionspapier für eine solidarische Gesundheits- und Pflegepolitik vorgelegt. Im Fokus stehen unter anderem Gemeinwohlorientierung, Fachpersonal, eine nachhaltige Finanzierung, die Krankenhausreform, Digitalisierung und pflegerische Versorgung. Der Arzneimittelversorgung widmen sich die Sozialdemokraten dabei nur am Rande. Die Apotheken spielen in dem Papier keine Rolle.

Was ist der SPD-Bundestagsfraktion in der Gesundheitsversorgung in Deutschland wichtig? Die Eckpfeiler hält die Fraktion jetzt in einem fünfseitigen Positionspapier fest, das sie bei ihrer Klausurtagung am gestrigen 28. August 2023 beschlossen hat.

Gemeinwohlorientierung statt freier Marktkräfte

„Für uns stehen die Menschen im Zentrum unserer Politik – für die Patientinnen und Patienten sowie für die Menschen mit Pflegebedarf gestalten wir unsere Gesundheitsversorgung“, stellt die Fraktion in ihrem Leitbild zunächst klar. Zwar sei das Niveau der Gesundheitsversorgung hierzulande hoch, allerdings auch vergleichsweise teuer und in vielen Bereichen ineffizient. Die Beitragszahlerinnen und -zahler erwarteten einen verantwortungsvollen Umgang mit ihrem Geld. Daher gelte es, die Gemeinwohlorientierung im System hervorzuheben. „Eine starke Orientierung an Marktkräften, verbunden mit Gewinnmaximierung und dem Abschöpfen von Renditen führt nicht zu einer besseren Versorgung von Patientinnen und Patienten und pflegebedürftigen Menschen“, konstatiert die SPD-Bundestagsfraktion.

Um die Finanzierung der Sozialversicherung für Gesundheit und Pflege sicherzustellen, müssen dem Papier zufolge „Effizienzreserven gehoben und nachhaltige Finanzierungswege beschritten werden“. Bedarfsnotwendige Leistungen wollen die Sozialdemokraten dabei nicht streichen. Zudem bekennen sie sich ausdrücklich zur Umlagefinanzierung in der Kranken- und Pflegeversicherung. Sie erinnern an die Einigung im Koalitionsvertrag, Beiträge für Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger sowie die Rentenbeiträge für pflegende Angehörige und einen Ausgleich für pandemiebedingte Zusatzkosten der Pflegeversicherung aus Steuermitteln zu finanzieren. „Grundsätzlich sollen alle versicherungsfremden Leistungen aus Steuermitteln finanziert werden“, heißt es. Um die Kranken- und Pflegeversicherung krisenfest und unabhängiger von der wechselnden Lage des Bundeshaushaltes zu machen, will die SPD überdies die Beitragsfinanzierung stärken. An ihrer Idee einer Bürgerversicherung hält die Fraktion fest.

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Auch mit dem Fachkräftemangel im Gesundheitswesen beschäftigt sich die SPD in ihrem Leitbild. „Einem stetig wachsenden Bedarf an Personal steht eine zukünftig zurückgehende Zahl an Erwerbspersonen gegenüber“, stellt sie zunächst fest. „Wir müssen Tätigkeiten im Gesundheitswesen und in der Pflege daher noch attraktiver machen, von Bürokratie entlasten und nachhaltig aufwerten. Dazu gilt es, die interprofessionelle Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe zu stärken und für einen guten Personalmix in den verschiedenen Versorgungsbereichen zu sorgen, der auch zur Entlastung der Beschäftigten beiträgt.“ Die Fraktion verspricht, für eine neue Verteilung der Aufgaben und Verantwortungen zwischen den Berufen zu sorgen und Qualifizierung- und Weiterbildungsangebote zu fördern.

Um die wohnortnahe Grund- und Notfallversorgung zu sichern, gelte es, die Rollenverteilung zwischen ambulantem und stationärem Sektor neu zu ordnen, Sektorengrenzen zu überwinden, dadurch ressourcenschonend zu agieren und die Versorgung vor Ort zu stärken. Zudem bereite man zusammen mit den Ländern und dem Gesundheitsminister eine tiefgreifende Reform für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung vor. Städte, Gemeinden und Regionen sollen darüber hinaus eine Art Baukastensystem an die Hand bekommen, mit dem sie die medizinische Versorgung anhand der regionalen Besonderheiten optimal gestalten können. Die Löhne der Beschäftigten in der Pflege sollen steigen und die soziale Pflegeversicherung perspektivisch zu einer Pflegebürgerversicherung weiterentwickelt werden.

Arzneimittelversorgung: Balance zwischen Innovation und Bezahlbarkeit

Die Apotheken tauchen im Papier nicht auf – lediglich das Thema Arzneimittelversorgung streift die Fraktion. „Von besonderer Bedeutung ist zudem eine qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung, die auch bei globalen Krisen gesichert ist“, ist im Leitbild zu lesen. In Deutschland profitieren Patientinnen und Patienten demnach davon, dass innovative Arzneimittel bereits unmittelbar nach der Zulassung in der Versorgung verfügbar sind. „Damit das so bleiben kann, gilt es, eine gute Balance zwischen Innovation und Bezahlbarkeit zu gewährleisten.“ Um unabhängig von der Störung globaler Lieferketten zu werden und Lieferengpässe zu vermeiden, habe man den deutschen Generikamarkt bereits wieder attraktiver gemacht als bisher – gemeint sind offenbar die kürzlich mit dem Engpassgesetz (ALBVVG) beschlossenen Schritte. „Auch wirtschaftspolitische Maßnahmen sind notwendig, um nicht nur die Produktion von versorgungskritischen Arzneimitteln wieder zurück nach Europa zu verlagern, sondern auch gezielt neue Innovationen zu fördern.“

Ein eigenes Kapitel widmet die SPD derweil der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Diese sei „kein Selbstzweck, sondern Ausdruck anhaltender und notwendiger Modernisierung. Wir werden deshalb die Potenziale der Telemedizin in der Versorgung konsequent nutzen und eine leistungsstarke elektronische Patient:innenakte für alle schaffen.“ Auch das Arbeitsleben der Beschäftigten im Gesundheitswesen könne die Digitalisierung deutlich erleichtern, glauben die Sozialdemokraten.

Das Positionspapier können Sie hier in voller Länge abrufen.


Christina Grünberg (gbg), Apothekerin, Betriebswirtin (IWW), DAZ-Redakteurin
cgruenberg@daz.online


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2 Kommentare

Reine Lyrik

von Karl Friedrich Müller am 29.08.2023 um 14:56 Uhr

Wolkiges Geschwätz ohne Inhalt oder Verbindlichkeit. So geht Politik heute.
An der Realität vorbei und auch ohne Absicht, sich danach zu richten. Es wird kalt das Gegenteil angestrebt.
Freundlich nach außen, Wahlkampf oder was weiß ich.
In Wahrheit knallhart gegen die Versorgung, den Kranken, die Leistungserbringer.
Es profitieren Funktionäre, Bürokraten, Anleger. Missbrauch des Gesundheitswesens.

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.

von Anita Peter am 29.08.2023 um 14:21 Uhr

Liebe ABDA, jetzt endlich verstanden, dass man mit Postkarten in einem SPD geführten BMG nicht 1 mm nach vorne kommt?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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