S2k-Leitlinie Gastroösophageale Refluxkrankheit und eosinophile Ösophagitis (1)

Leitliniengerechte Therapie von GERD – PPI für alle?

Stuttgart - 21.03.2023, 07:00 Uhr

Sodbrennen ist ein Leitsymptom der gastroösophagealen Refluxkrankheit. (Foto: eddows / AdobeStock)

Sodbrennen ist ein Leitsymptom der gastroösophagealen Refluxkrankheit. (Foto: eddows / AdobeStock)


Die S2k-Leitlinie Gastroösophageale Refluxkrankheit von der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten aus dem Jahr 2014 wurde aktualisiert. In der neuen Version heißt es „PPI werden nicht selten ohne adäquate Indikation, zu hoch dosiert und zu lange verordnet.“ Welchen Stellenwert PPI in der neuen Leitlinie haben, erfahren Sie in diesem ersten Teil des Artikels.

Fließt saurer Mageninhalt in die Speiseröhre zurück, kann dies zu lästigen Symptomen wie Sodbrennen, aber auch zu Schäden und Entzündungen der Speiseröhre und daraus resultierenden Folgekomplikationen führen. Dieses als Gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) bezeichnete Leiden zählt mit einer Prävalenz von 15 bis 25 Prozent zu den häufigen Erkrankungen. Es umfasst dabei leichte Formen ohne Speiseröhrenentzündung (NERD – non erosive reflux disease) als auch solche mit (ERD – erosive reflux disease). Aber auch thorakale Schmerzen, der hypersensitive Ösophagus, bei welchem Beschwerden trotz normalem Refluxgeschehen auftreten und Manifestationen außerhalb der Speiseröhre (bspw. Zahnschäden durch Magensäurebelastung, Husten) werden unter dem Begriff GERD subsummiert.

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Laut der aktualisierten Leitlinie, verfolgt eine medikamentöse Therapie der GERD die drei Ziele der Symptomkontrolle, der Abheilung einer bestehenden Entzündung der Speiseröhre und dem Vorbeugen von Komplikationen. An die Akuttherapie von 4 bis 8 Wochen, kann bei Notwendigkeit eine Langzeittherapie angeschlossen werden. Diese muss aber nicht bedeuten, dass jeden Tag Arzneimittel eingenommen werden müssen. Auch eine einzelne Einnahme nur bei Bedarf oder die Wiederholung der Akuttherapie bei Bedarf können brauchbare Langzeittherapieschemata darstellen. Nur: Welche Arzneimittel sollen jeweils zum Einsatz kommen?

Ein wirksames Mittel zur Reduktion der Magensäure stellen Protonen-Pumpen-Inhibitoren (PPI) dar. Jedoch machen immer wieder Berichte über Nebenwirkungen, gerade bei der Langzeiteinnahme, Schlagzeilen. Professor Joachim Labenz, Mitautor der neu erschienen Leitlinie, kündigte daher bereits auf dem 44. Heidelberger WEB-Kongress einen „Downgrade“ der Rolle der PPI in der neuen Leitlinie an. Für die meisten Patient:innen bleiben sie aber dennoch die Standardtherapie.

Therapie leichter, unkomplizierter Formen

Bei Erstvorstellung mit klassischen Refluxbeschwerden oder bei Exazerbation einer bekannten GERD ohne zusätzlich vorliegende Risikofaktoren oder Alarmsymptome sollte laut Leitlinie eine Therapie mit PPI in Standarddosis begonnen werden. Alternativ können aber auch andere Wirkstoffe (H2-Rezeptorantagonisten, Alginate, Antazida) eingesetzt werden, wenn dies aus Patientensicht die Symptome ausreichend kontrolliert. Bei leichten, unkomplizierten Formen, wie sie bei der Mehrzahl der Patient:innen vorliegen, sollte die langfristige Therapie symptomorientiert erfolgen und eine Übertherapie vermieden werden. Für diese Patientengruppen kommen also Therapieschemata infrage, bei denen nur bei Bedarf Arzneimittel eingenommen werden. Werden diese nicht mehr benötigt soll die Behandlung beendet werden.

GERD in der Schwangerschaft

In der Schwangerschaft wird ein Step-up-Management mit folgenden Stufen empfohlen: 

  1. Allgemeinmaßnahmen,
  2. Antazida,
  3. Alginate,
  4. Sucralfat,
  5. H2-Rezeptoranatagonisten,
  6. PPI

Therapie komplizierter Verläufe

Liegt hingegen ein komplizierter Verlauf vor, sollte eine PPI-Dauertherapie begonnen werden. Mit Hinblick auf die bereits erwähnten diskutierten Nebenwirkungen einer solchen Behandlung heißt es in der Leitlinie: „Das absolute Nebenwirkungsrisiko für PPI ist gering. Bei einer GERD überwiegt der Nutzen das Risiko“. Zwar seien einige der zuletzt beobachteten Nebenwirkungen mechanistisch plausibel, jedoch stammten die Daten zu den Sicherheitsrisiken in erster Linie aus Kohorten- bzw. Fallkontrollstudien und diese Studientypen ließen eine Unterscheidung zwischen Assoziation und Kausalität nicht zu.

Insgesamt wurde die Bedeutung von PPI für die Therapie der GERD im Vergleich zu der nun abgelösten Leitlinie von 2014 etwas herabgestuft. Beispielsweise hieß es in letzterer noch, dass bei typischen Refluxbeschwerden eine PPI-Akuttherapie angesetzt werden soll, 2023 heißt es nun sollte. Ihre Rolle als Standardtherapie behalten PPI jedoch bei – für die Mehrzahl der Patient:innen aber nur als Akut- oder Bedarfstherapie ohne dauerhafte Einnahme. 


Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Leitlinien bei GERD

von Dorf-Apothekerin am 21.03.2023 um 11:53 Uhr

Das hört sich alles hübsch wissenschaftlich an. Das verbreitete Problem läßt sich aber ganz unspektakulär und ohne Gewinn für Industrie und Apotheke lösen: Blutgruppe A hat von Haus aus zu wenig Magensäure. Bei Nahrungsaufnahme schießt die Säure dann über. Zu jeder Mahlzeit Wasser und Zitrone oder einen Kaffee oder einen Rotwein und das Problem ist gelöst. Retterspitz für Innen kann auch eine Hilfe sein. Bestenfalls für den Rest der hin und wieder auftretenden Attacken können noch Antacida oder PPI eingesetzt werden. Eine Langzeittherapie verstärkt das Problem, wie Kundenberichte es bestätigten.
Aber das hört sich ja nicht wissenschaftlich an und ist wohl auch nicht Leitlinien geeignet. Nur trifft es die Realität wohl eher.

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