BAH-Podiumsdiskussion

Gesundheitspolitiker erwarten Änderungen am Spargesetz

Berlin - 28.09.2022, 10:45 Uhr

Über das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz diskutierten Andrew Ullmann (FDP), Martina Stamm-Fibich (SPD), Tino Sorge (CDU). Paula Piechotta (Grüne) und BAH -Hauptgeschäftsführer Hubertus Cranz. (Foto: BAH / Pietschmann)

Über das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz diskutierten Andrew Ullmann (FDP), Martina Stamm-Fibich (SPD), Tino Sorge (CDU). Paula Piechotta (Grüne) und BAH -Hauptgeschäftsführer Hubertus Cranz. (Foto: BAH / Pietschmann)


Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat schon oft betont, dass er sein GKV-Finanzstabilisierungsgesetz trotz aller Kritik möglichst unverändert durch den Gesetzgebungsprozess bringen will. Bei einer Podiumsdiskussion des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller äußerten sich Abgeordnete der Ampelfraktionen jedoch zurückhaltender: Sie wollen erst einmal die heutige Anhörung im Gesundheitsausschuss abwarten – und versprechen eine weitere Prüfung.

Heute um 14 Uhr startet im Bundestags-Gesundheitsausschuss die öffentliche Anhörung zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz. Angesichts der umfassenden Kritik, die seit Bekanntwerden des Referentenentwurfs laut wurde, ist auch heute zu erwarten, dass die Vertreter:innen der betroffenen Verbände und Organisationen ihren Unmut nicht zurückhalten werden. Was sie damit bei den Abgeordneten bewirken können, wird sich zeigen.

Klar ist: Nicht nur die Apotheken, auch die Pharmabranche ist alles andere als glücklich mit dem Gesetzentwurf. Bei ihr soll gleich an zahlreichen verschiedenen Stellen gespart werden. Nicht nur sollen – wie im Koalitionsvertrag der Ampel vorgesehen – das Verfahren der frühen Nutzenbewertung (AMNOG-Verfahren) überarbeitet und das Preismoratorium verlängert werden. Auch der Herstellerabschlag für patentgeschützte Arzneimittel für das Jahr 2023 soll um 5 Prozentpunkte erhöht werden. Im Einzelnen ist unter anderem geplant, die Umsatzschwelle, bis zu deren Erreichen bei Orphan Drugs der Zusatznutzen als belegt gilt, von 50 Millionen Euro auf 20 Millionen Euro abgesenkt wird. Zudem soll es für Kombi-Arzneimittel einen neuen Kombinationsabschlag von 20 Prozent auf den ausgehandelten Erstattungsbetrag geben.

Und all dies soll in einer Zeit kommen, da die Energiepreise und die Inflation die Unternehmen belasten und die Lieferketten fragiler werden. Transporte, Verpackung – alles wird teurer. Die Pharmaverbände werden nicht müde, die Politik vor einer Gefährdung des Standortes Deutschland und einer Verschlechterung der Patientenversorgung zu warnen.

Anlässlich seiner Mitgliederversammlung lud der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) gestern Abend zu einer Podiumsdiskussion mit Gesundheitspolitiker:innen. Gekommen waren die Berichterstatterin für Arzneimittel der SPD-Bundestagsfraktion Martina Stamm-Fibich, der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Andrew Ullmann, die arzneimittelpolitische Sprecherin der Grünen Paula Piechotta und der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion Tino Sorge. Sie alle wussten natürlich, worauf sie sich einlassen. Der BAH-Vorsitzende Jörg Wieczorek wies schon in seinem Eingangsstatement darauf hin, dass die Branche in der schwierigsten Situation seit 50 Jahren stecke. Nach der Pandemie habe man von der Politik erwartet, dass sie „vernünftige Entscheidungen“ treffe und Innovationen stärke. Nun lautet seine Mahnung: „Wer ständig unter Druck gesetzt wird, dem geht irgendwann die Luft aus.“

Sorge: „völlig sinnlose Einzelvorschläge“

Auch BAH-Hauptgeschäftsführer Hubertus Cranz machte als Moderator der Podiumsdiskussion deutlich, wo den Herstellern das Verständnis an den Gesetzesplänen fehlt. Während Tino Sorge es als einziger Oppositionspolitiker leicht hatte, die kurzfristigen und „völlig sinnlosen Einzelvorschläge“ des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes rundweg abzulehnen und stattdessen Planbarkeit und Verlässlichkeit auch für die Pharmabranche einzufordern, mussten die Ampel-Vertreter:innen etwas mehr erklären.

Stamm-Fibich betonte, dass man nach zweieinhalb Jahren Pandemie vor riesigen Herausforderungen im Gesundheitswesen stehe und es schwierig sei, die Balance zu finden. Sie sei gespannt auf die Anhörung im Gesundheitsausschuss. Sie machte auch deutlich, dass sie nicht davon ausgeht, dass das Gesetz genau so bleibt, wie es derzeit vorliegt. Man werde sich den Gesetzentwurf nochmals im Detail ansehen, versprach sie. Auch Ullmann beteuerte erneut, dass ihm das Gesetz „keine Freude“ mache und Sparen immer wehtue. Er bekräftigte ebenfalls, dass ein „Gesetz aus der Exekutive“ noch nicht so in den Bundestag rausging, wie es hereinkam. Der FDP-Politiker betonte aber auch, dass man die Strukturen angehen werde.

Piechotta: Verfügbarkeit erhalten

Paula Piechotta verwies darauf, dass es gerade darum gehe, das Gesundheitswesen 2023 finanzierbar zu halten – und das in der gegenwärtigen schwierigen geopolitischen Lage. Man müsse nicht alles gut finden, was Karl Lauterbach sage. Doch hier gehe er nun etwas an, das im Koalitionsvertrag angekündigt sei, und man könne ihm nicht vorhalten, er würde nicht handeln. In der Sache lasse sich nun streiten – auch Piechotta will die heutige Anhörung abwarten. Große Einigkeit gibt es der Grünen-Politikerin zufolge aber darüber, dass man die aktuelle Inflation ausgleichen und sicherstellen wolle, Arzneimittel verfügbar zu halten.

Der Tenor war letztlich: Die Gesundheitspolitiker:innen sagten zu, sich das Gesetz nochmal genau anzuschauen und bei der heutigen Anhörung gut zuzuhören. Mit welchem Ergebnis – auch für die Apotheken –, das wird sich voraussichtlich im November bei der Verabschiedung des Gesetzes entscheiden.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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