DAZ aktuell

Spargesetz erreicht den Bundestag

Plenardebatte und Ausschuss-Anhörung / Bayern stellt sich an die Seite der Leistungserbringer

ks | Der Bundestag hat am 23. September den Entwurf für das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz erstmals beraten: Während Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)und Abgeordnete der Ampelfraktionen die Sparpläne verteidigten, hagelte es seitens der Opposition Kritik. Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU), der als Vertreter der Länder im Bundestag sprach, bezeichnete die Vorlage als „Versorgungsdestabilisierungsgesetz“. Diese Woche Montag stellte er sich bei einem Gesundheits-„Gipfeltreffen“ in seinem Ministerium nochmals demonstrativ an die Seite der Leistungserbringer.

Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz ist im Parlament angekommen (siehe auch AZ 2022, Nr. 39, S. 1). Nach der ersten Lesung im Bundestag fand am Mittwoch, dem 28. September – nach Redaktionsschluss der DAZ – die öffentliche Anhörung im dortigen Gesundheitsausschuss statt.

Lauterbach beteuerte bei der Plenardebatte, dass mit dem Gesetz keine Leistungskürzungen vorgenommen würden. In Krisenzeiten müssten sich die Menschen auf eine sichere Gesundheitsversorgung verlassen können. Zudem beschwor der Minister erneut die „Effizienzreserven“, die man hebe, ehe auch die Beiträge – moderat und unter Beteiligung der Arbeitgeber – erhöht würden. Er betonte überdies: „Nach der Reform ist vor der Reform“. Klar sei, dass eine langfristige Strukturreform folgen müsse. Dann kämen auch die Dynamisierung des Bundeszuschusses und auskömmliche Beiträge für Arbeitslosengeld-II-Empfänger.

Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hat einen anderen Blick auf die Dinge: Er meint, dass das Gesetz durchaus zu Leistungskürzungen und einer schlechteren Versorgung führen werde. Er warf Lauterbach vor, auf einen „Kassencrash“ zuzusteuern. Da nütze es nichts, wenn weitere Reformen angekündigt würden. „Jetzt müssen Sie vorlegen!“, appellierte er an den Bundesminister. Dass die jetzt vorgesehenen Maßnahmen nicht nachhaltig seien und mit weiteren Reformen nicht gewartet werden dürfe, war auch der Tenor weiterer Oppositionspolitiker im Bundestag. Die Belastungen für die Apotheken sprach jedoch niemand an.

Kein spürbarer Widerstand bei Ampel-Abgeordneten

Wenig Hoffnung verbreiteten auch die Redner der Regierungsfraktionen. So sagte Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, zwar, dass ihm das „keine Freude“ mache. Es gefalle ihm nicht, zu Leistungserbringern zu gehen, um ihnen zu sagen, dass man trotz ihrer hochwertig erbrachten Leistungen Einsparungen vornehmen müsse. „Aber was ist die Alternative?“, fragte Ullmann. Der SPD-Abgeordnete Christos Pantazis war der einzige, der kurz die Apotheken nannte – zusammen mit den anderen Leistungserbringern, die ihren Beitrag zur Stabilisierung der Kassenfinanzen leisten würden. Auch aus seiner Sicht ist es richtig, die Lasten solidarisch auf alle Schultern zu verteilen.

Hubmann und Scharpf beim Gipfel mit Holetschek

Am vergangenen Montag öffnete Holetschek dann die Türen seines Hauses für weitere Kritiker: Der bayerische Minister traf sich mit zahlreichen Funktionären der Leistungserbringer. Darunter der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, und der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Klaus Reinhardt. Ebenfalls mit von der Partie waren der Vorsitzende des Bayerischen Apothekerverbands (BAV), Hans-Peter Hubmann, und die Vizepräsidentin der Landesapothekerkammer Franziska Scharpf.

Holetschek betonte nach dem „Gipfeltreffen“, dass Lauterbach die Kritik und Vorschläge aus den Reihen der Verbände und der Länder ernst nehmen müsse. Wenn die Reserven der Krankenkassen abgeschöpft und die Versorgung der Menschen verschlechtert, aber notwendige Reformen nicht angepackt würden, dann sei „das falsch und absolut kontraproduktiv“. Konkret fürchtet Holetschek insbesondere durch die geplante Streichung der Neupatientenregelung Verschlechterungen. Dem konnten der KBV- und der BÄK-Chef nur zustimmen.

Hubmann erklärte anlässlich des Treffens in München: „Wir weisen die neuen Sparpläne der Bundesregierung an der lokalen Arzneimittelversorgung scharf zurück und fordern stattdessen Planungssicherheit und eine angemessene Vergütungsanpassung aufgrund drastisch gestiegener Kosten. Die Apotheken vor Ort haben bewiesen, dass sie für ein krisenfestes Gesundheitswesen unverzichtbar sind. Das muss politisch jetzt endlich honoriert werden.“

Scharpf betonte, dass das Gesetz die angespannte personelle und wirtschaftliche Situation der Apotheken verschärfe – nachdem es schon seit Jahren keine Honoraranpassungen für sie gegeben habe. „Höhere Tariflöhne, steigende Energiekosten und die all­gemeine Inflation bedeuten enorme finanzielle Belastungen für die Apotheken, die nicht einfach an Patientinnen und Patienten weitergegeben werden können“, unterstrich Scharpf. „Dadurch werden voraussichtlich weitere Apotheken schließen müssen, wodurch sich die wohnortnahe Arzneimittelversorgung verschlechtern würde.“

Welche Wirkung die mahnenden Worte aus Bayern auf die Parlamentarier haben werden, muss sich nun zeigen. |

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