Bevorstehender Patentablauf

Weitere Generikahersteller bringen Lenalidomid-Präparate auf den Markt

Berlin - 18.02.2022, 12:15 Uhr

In Kürze verliert Revlimid seinen Patentschutz. (c/ Bild: Celgene)

In Kürze verliert Revlimid seinen Patentschutz. (c/ Bild: Celgene)


Revlimid läuft aus dem Patent und die ersten Generika-Anbieter stehen bereits in den Startlöchern. Nach Ratiopharm / ABZ bringen nun auch zum Beispiel Stada, AL sowie Accord Nachahmerprodukte mit dem Wirkstoff Lenalidomid auf den Markt. Um den Markteintritt zu erleichtern, hat erst in der vergangenen Woche der Bundesrat grünes Licht für eine Anpassung der T-Rezept-Formulare gegeben. Worauf müssen die Apotheken jetzt achten?

In diesem Jahr verlieren nach Angaben des Informationsdienstleisters Insight Health hierzulande insgesamt 31 Wirkstoffe ihren Patentschutz. Die im Jahr 2021 umsatzstärkste Substanz war demnach das Krebsmittel Lenalidomid: Mit fast 673 Millionen Euro legte Revlimid® (Celgene) im Vergleich zum Vorjahr noch einmal um 11 Prozent zu.

Nun erobern Nachahmerpräparate den Markt. Ab dem heutigen Freitag sind den Herstellern zufolge zum Beispiel Präparate von Stada, der Stada-Tochter Aliud Pharma (AL) sowie Accord Healthcare verfügbar. Die Rote Liste führt zudem bereits Lenalidomid-Generika von Ratiopharm und ABZ Pharma.

Early Entry

Damit bringen die Generikaspezialisten solche Produkte für Menschen mit Knochenmarkkrebs nach einer Freigabe des Originators bereits vor Patentablauf, betont Stada in einer Pressemitteilung. AL-Geschäftsführerin Ingrid Blumenthal sagt dazu: „Wir freuen uns sehr, dass wir Lenalidomid als sogenanntes ‚Early-Entry‘-Produkt noch vor Patentablauf einführen können. Damit erleichtern wir Patienten einen schnelleren Zugang zu alternativen lebensverlängernden Therapien und tragen darüber hinaus zu Einsparungen von Kosten im Gesundheitssystem bei.“ Den Angaben zufolge sind Lenalidomid-haltige Fertigarzneimittel bereits über den Großhandel erhältlich.

Verordnet wird Lenalidomid bekanntlich auf T-Rezepten. Um den Nachahmerprodukten den Weg in den Markt zu erleichtern, hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) eine Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) auf den Weg gebracht, der am vergangenen Freitag schließlich auch der Bundesrat zustimmte. Demnach erhalten Patientinnen und Patienten die Packungsbeilage künftig bei T-Rezept-Verordnungen nicht mehr von der Ärztin oder vom Arzt, sondern wie gewohnt in der Apotheke beim Aushändigen des Medikaments.

Streichung erlaubt

Bisher musste der Verordnende dem Anwender nach § 3a Absatz 2 Satz 1 AMVV unter anderem eine aktuelle Gebrauchsinformation des Fertigarzneimittels, das dieser erhalten soll, aushändigen und dies auf dem T-Rezept auch bestätigen. Allerdings sind Apotheken bekanntermaßen dazu verpflichtet, anstelle des verordneten Arzneimittels ein preisgünstiges Arzneimittel abzugeben, das mit dem verordneten in Wirkstärke und Packungsgröße identisch ist, für ein gleiches Anwendungsgebiet zugelassen ist und die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzt. „Vor diesem Hintergrund wird durch die Neuregelung vermieden, dass die verschreibende Person dem Patienten oder der Patientin eine bestimmte Gebrauchsinformation auszuhändigen hat, obwohl sie nicht weiß, welches Fertigarzneimittel in der Apotheke aufgrund der genannten sozialrechtlichen Bestimmungen abgegeben werden wird“, heißt es im Besonderen Teil der Verordnung zur Änderung der AMVV.

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Nötig wird daher eine Anpassung der T-Rezept-Formulare: Denn auf dem aktuell gültigen Formular bestätigt der Verordnende noch, unter anderem die Gebrauchsanweisung ausgehändigt zu haben. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte erhält den Auftrag, die Formulare an die neuen Anforderungen anzupassen. Bis dahin dürfen Ärztinnen und Ärzte den Satzteil „… sowie die aktuelle Gebrauchsinformation des entsprechenden Fertigarzneimittels …“ einfach streichen. Die Änderung der AMVV wird am Tag nach ihrer Verkündung wirksam.

Unterschiede bei der Zulassung

Der Immunmodulator Lenalidomid ist strukturell verwandt mit den Wirkstoffen Thalidomid und Pomalidomid. Laut Revlimid®-Fachinformation ist er als Mono- und Kombinationstherapie zugelassen zur Behandlung von Menschen mit bestimmten Krebsarten, darunter multiples Myelom, Mantelzell-Lymphom, follikuläres Lymphom und myelodysplastische Syndrome. Bei den Generika gibt es jedoch aktuell noch Unterschiede, was die Zulassungen betrifft. Während etwa Lenalidomid AL bereits für das gesamte Indikationsspektrum zugelassen ist, darf Lenalidomid Stada zunächst nur zur Behandlung des multiplen Myeloms und des follikulären Lymphoms eingesetzt werden, informiert der Hersteller. Voraussichtlich im März soll auch die Zulassung für die beiden anderen Indikationen erfolgen. 



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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