Studie des Fraunhofer-Instituts

Weniger Röntgenkontrastmittel in der Umwelt durch Auffangmöglichkeiten

Diessen am Ammersee - 06.09.2021, 07:00 Uhr

Unter anderem bei CT-Untersuchungen kommen iodhaltige Röntgenkontrastmittel zum Einsatz. (Foto: nimon_t /dobeStock)

Unter anderem bei CT-Untersuchungen kommen iodhaltige Röntgenkontrastmittel zum Einsatz. (Foto: nimon_t /dobeStock)


Iodhaltige Röntgenkontrastmittel (RKMi) gelangen über den Urin nahezu unverändert in Gewässer. Wie es gelingen kann, die Menge der für radiologische Untersuchungen notwendigen Mittel in der Umwelt zu reduzieren, haben mehrere Pilotprojekte erforscht. Eine vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) durchgeführte Studie fasst die Ergebnisse dieser Projekte zusammen und gibt Empfehlungen für eine breite Umsetzung.

Derivate triiodierter Benzoesäuren werden in großen Mengen im Bereich der Röntgendiagnostik als Kontrastmittel eingesetzt. Laut einer Studie des Forschungsinstituts (RKM-Studie - Fraunhofer ISI) liegt die Verkaufsmenge iodierter Kontrastmittel (RKMi) hierzulande bei rund 630 Tonnen und rund 309 Tonnen Iod pro Jahr. Die applizierten Mittel würden innerhalb weniger Stunden fast vollständig und unverändert über den Urin der Patient:innen ausgeschieden. Da die RKMi biologisch schwer abbaubar seien, würden sie auch in den Kläranlagen kaum zurückgehalten und gelangten in relativ großen Mengen in die Gewässer, heißt es in der Studie. Auch weitere Forschungen haben ergeben, dass der Verbleib im Wasser zu einer kontinuierlichen Anreicherung in Flüssen, Seen sowie im Grund- und Trinkwasser führt. Zwar werden die als biologisch inaktive Stoffe entwickelten Röntgenkontrastmittel, laut eines Berichts der Internationale Kommission zum Schutz des Rheins, bisher nur gering ökotoxologisch eingeschätzt. Doch es sei bekannt, dass unter bestimmten Umweltbedingungen Transformationsprodukte entstünden, deren Toxizität bisher noch nicht bewertet seien. Diese RKMi-Einträge zu reduzieren ist daher auch ein Ziel der „Spurenstoffstrategie des Bundes“, für die das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI unter anderem einen Stakeholder-Dialog umgesetzt hat.

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Bisherige Pilotprojekte erforschten Möglichkeiten, den Urin der Patient:innen gesondert, etwa durch spezielle Urinbeutel für zu Hause oder separate Toiletten in den medizinischen Einrichtungen, aufzufangen. Die jetzt veröffentlichte Studie des Fraunhofer ISI gibt eine Marktübersicht, schätzt die ökologischen Wirkungen und kreislaufwirtschaftlichen Chancen von Urin-Sammelmaßnahmen ab, bewertet Kosten und Wirtschaftlichkeit, stellt Erkenntnisse zur Integration in das Gesundheitssystem vor und zeigt auf, welche Herausforderungen es bei der Umsetzung gibt.

Erfolg auch von der Unterstützung durch die medizinischen Leistungserbringer abhängig

Der Erfolg der Maßnahmen sei vor allem von der Akzeptanz und Umsetzung der Patient:innen und der Unterstützung durch die medizinischen Leistungserbringer abhängig, heißt es in der Studie. Immerhin seien in den Pilotprojekten rund 30 Prozent der Patient:innen aufgrund persönlicher Interessen an Umweltthemen bereit, nach ihrer Untersuchung Urinbeutel zu nutzen. Um die Akzeptanz dieser Methode zu erhöhen, schlagen die Autor:innen der Studie vor, dass Ärzte und Ärztinnen die Patient:innen beim Aufklärungsgespräch zugleich auffordern, diese Methode anzuwenden. Um die Routinen zu vereinfachen, sollte Informationsmaterial zur Verfügung gestellt werden.

Auch die Praktikabilität, separate Sammeltoiletten in den Gesundheitseinrichtungen zu installieren, wird in der Studie beleuchtet. Herausforderungen seien hier insbesondere die hohen Kosten, für die allerdings laut Studie verschiedene Förder- und Erstattungsmaßnahmen infrage kommen.

Bundesweite Pilotstandorte als Studienfazit

Die Autor:innen der Studie empfehlen auf der Basis ihrer zusammengetragenen Erkenntnisse, die Pilotstandorte bundesweit auszuweiten, um das Thema bekannt zu machen und länderspezifisch viele Akteur:innen einzubinden. Um valide Ergebnisse zu erhalten, bräuchte es zudem ein geeignetes Gewässermonitoring sowohl in den Einrichtungen als auch an den Kläranlagen und in Gewässern. Außerdem sprechen sich die Autor:innen der Studie zu RKMi dafür aus, die Pilotprojekte in einem wissenschaftlichen Begleitvorhaben zusammenzuführen. So ließe sich das in einzelnen Projekten gesammelte Wissen aufeinander abstimmen und für alle nutzbar machen.



Mareike Spielhofen, Autorin, DAZ.online
daz-online@deutscher-apotheker-verlag.de


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