Verbraucherzentrale warnt vor krebserregendem Formaldehyd

Finger weg von Bambus-Plastikgeschirr

Stuttgart - 03.08.2021, 10:45 Uhr

Beim Kontakt mit heißen Getränken und Speisen kann von Kunststoffprodukten, denen Bambusfasern zugesetzt sind, potenziell krebserregendes Formaldehyd abgegeben werden. (b/Foto: IMAGO / MiS)

Beim Kontakt mit heißen Getränken und Speisen kann von Kunststoffprodukten, denen Bambusfasern zugesetzt sind, potenziell krebserregendes Formaldehyd abgegeben werden. (b/Foto: IMAGO / MiS)


Der Verbraucherzentrale Bundesverband warnt vor kombiniertem Plastikgeschirr mit Bambusfasern: Hitze durch heiße Getränke oder Gerichte kann laut vzbv und BfR krebserregende Stoffe wie Formaldehyd aus dem Geschirr lösen. Sie fordern den Rückruf der illegalen Ware. Produkte aus reinem Bambusmaterial seien hingegen weiterhin zulässig.

Plastikgeschirr mit Bambus – klingt erst einmal, zumindest in Teilen, nachhaltig. Allerdings täuscht dieser Eindruck. Darauf weist der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Verbraucherzentralen hin: Sie warnen vor potenziellen Gesundheitsgefahren, wenn Kunststoffgeschirr oder To-Go-Artikel mit Bambus-, Reis- oder Weizenfasern versetzt sind, „diese Produkte sind nicht für den Kontakt mit Lebensmitteln zugelassen“, erinnern sie, dennoch würden sie seit Jahren illegalerweise verkauft. Was ist das Problem?

BfR warnte bereits 2019

So sei von Kunststoffprodukten, denen Bambusfasern zugesetzt sind, bekannt, dass sie beim Kontakt mit heißen Getränken und Speisen potenziell krebserregendes Formaldehyd abgeben könnten, schreibt der Verbraucherzentrale Bundesverband. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hält Geschirr aus Kunststoff und Bambus als ungeeignet für heiße Speisen und Getränke und warnte bereits im November 2019: Bei höheren Temperaturen könnten „gesundheitlich bedenkliche Mengen an Melamin und Formaldehyd aus dem Geschirr in Lebensmittel übergehen“. Zudem seien Kunststoffgegenstände aus einem weiteren Grund nicht für heiße Flüssigkeiten wie Kaffee, Tee oder Babyfolgenahrung geeignet, da Langzeittests des BfR zeigten, dass der Kunststoff im Kontakt mit heißen Flüssigkeiten angegriffen werde. Häufig lösten sich aus „Bambusware“ sogar mehr gesundheitsschädliches Formaldehyd und Melamin als aus „herkömmlichen Melaminharz-Bechern“, erklärte das BfR damals, und die gesundheitlichen Richtwerte seien im Einzelfall bis zu 120-fach überschritten worden. 

Das BfR erinnert zudem daran, dass Bambusware zwar häufig als umweltfreundlich, biologisch abbaubar oder ausschließlich aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt beworben würden. Doch blieben Kunststoffe biologisch nicht abbaubar, selbst wenn natürliche Füllstoffe zugesetzt seien. Bei sogenannter „Bambusware“ handelt es sich laut BfR um Geschirr aus Melamin-Formaldehyd-Harz (MFH), das als Füllstoff Bambusfasern enthält.

Verbraucherzentrale fordert Rückruf der illegalen Produkte

Der vzbv und die Verbraucherzentralen fordern nun erneut Behörden und die Bundesregierung auf, Verbraucher bundesweit zu informieren und diese illegalen Produkte zurückzurufen. Zwar seien vereinzelt bereits Produkte vom Markt genommen worden, doch reichten die Ressourcen der amtlichen Lebensmittelüberwachung nicht aus, um die Vielzahl an Produkten zu untersuchen und vom Markt zu nehmen.


Es ist ein Skandal, dass der Handel Verbraucherinnen und Verbrauchern weiterhin illegales und potenziell krebserregendes Plastik-Geschirr mit Bambus-, Reis- oder Weizenfasern anbietet. Der Bundesregierung und den Bundesländern ist spätestens seit Juni 2020 bekannt, dass der Verkauf illegal ist.“

Klaus Müller, vzbv-Vorstand


Im Juni 2020 hatte laut vzbv eine Expertengruppe der Europäischen Kommission Bambus und andere natürliche Materialien in Kunststoffgeschirr für nicht verkehrsfähig erklärt, unabhängig vom Vorliegen gemessener Grenzwertüberschreitungen. Das bedeute, dass diese Produkte nicht in den Umlauf gebracht werden dürften, erklärt der vbzb. Doch: „Es gibt bisher weder einen bundesweiten Rückruf der betroffenen Produkte noch klare öffentliche Informationen dazu. Das ist ein Versäumnis, das die Gesundheit der Verbraucher gefährdet. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sollte schnellstens koordinierend tätig werden“, so Klaus Müller. Insbesondere im Online-Handel seien weiterhin Kunststoffgeschirr mit Naturfasern erhältlich.

Reines Bambusgeschirr nicht betroffen

Das Problem: Verbraucher gehen davon aus, dass in Verkehr befindliches Bambusplastik-Geschirr oder To-Go-Artikel mit Bambus-, Reis-, Weizenfasern unbedenklich sind. Und es gibt durchaus dafür zugelassene Stoffe, die Lebensmittelkontaktmaterialien aus Kunststoffen zugesetzt werden dürfen – nur: Eine solche Zulassung lag für Bambus und andere natürliche Materialien nie vor. Produkte aus reinem Bambusmaterial seien hingegen weiterhin zulässig.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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