COVID-19-Impfstoffbelieferung der Praxen

Abrechnungsgebühren: ARZ Haan korrigiert nach unten

Stuttgart - 28.04.2021, 12:15 Uhr

Das ARZ Haan ist bei der Abrechnungsgebühr für die Coronaimpftstoffe erstmal zurückgerudert. (Foto: ARZ Haan)

Das ARZ Haan ist bei der Abrechnungsgebühr für die Coronaimpftstoffe erstmal zurückgerudert. (Foto: ARZ Haan)


Für die gemeinsame Abrechnung der Apotheken- und Großhandelsvergütungen bei der Belieferung der Arztpraxen mit COVID-19-Impfstoffen können Rechenzentren Extra-Gebühren verlangen. Das ARZ Haan hatte seine Kunden bereits über einen konkreten Betrag informiert. Doch laut einer aktuellen Kundeninformation wird diese Gebühr den Apotheken erstmal nicht in voller Höhe in Rechnung gestellt, um „transparent und fair auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren“.

Die Vergütung der Apotheken für die Belieferung der Arztpraxen mit COVID-19-Impfstoffen ist äußerst knapp bemessen: Für ein Vial erhalten sie 6,58 Euro netto. Der pharmazeutische Großhandel hingegen erhält laut Coronavirus-Impfverordnung vorläufig für jede abgegebene kühlpflichtige Durchstechflasche 9,65 Euro netto plus 1,65 Euro netto für Impfbesteck und -zubehör – das entspricht einem Gesamtbetrag von 11,30 Euro. Je ultra- oder tiefkühlpflichtiger Durchstechflasche ist für die Großhändler sogar eine Vergütung von 11,55 Euro netto plus 1,65 Euro netto vorgesehen, also insgesamt 13,20 Euro. 

Ungerecht aus Sicht der Apotheken ist die Tatsache, dass sie diejenigen sind, die die Abrechnung übernehmen und den Großhändlern ihren Anteil an der Vergütung weiterleiten. Denn die Abrechnung über die Apothekenrechenzentren verursacht Kosten. Und einige Wettbewerber – wie das ARZ Haan – hatten ihre Kunden in der vergangenen Woche bereits darüber informiert, dass für die Bearbeitung der Verordnungen eine Bearbeitungsgebühr fällig wird. Pro Beleg sollte den Apotheken eine Extra-Gebühr von 4,80 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt werden. Das entspricht rein rechnerisch der Vergütung der Apotheken für ein Vial. Apotheken, die also aktuell noch vergleichsweise wenige Impfstoffbestellungen für die umliegenden Arztpraxen bearbeiten, würden somit einer unverhältnismäßig hohen Belastung ausgesetzt. Ein Ärgernis, weil bei den Abrechnungsgebühren bisher einzig die Apotheken in die Pflicht genommen werden, und der Großhandel außen vorbleibt, obwohl er aktuell sogar eine deutlich höhere Vergütung erhält.

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Das ARZ Haan hat auf die Marktsituation reagiert und senkt die Bearbeitungsgebühren nun deutlich. Laut einer aktualisierten Kundeninformation, die DAZ.online vorliegt, sollen den Apotheken nun bei der Belegverarbeitung ein temporärer Discount in Höhe von 75 Prozent abgezogen werden. Das entspricht einer aktuellen Gebühr von 1,20 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer pro Beleg.

Wie wurde die Extra-Gebühr kalkuliert?

Dass die Apothekenrechenzentren überhaupt Extra-Gebühren verlangen müssen, erklärt das ARZ Haan gegenüber seinen Kunden folgendermaßen: „Wir haben unter Hochdruck zusätzliche Softwarelösungen implementiert sowie für die Belegerfassung und -verarbeitung, Kundenkommunikation und Fehlerklärung kurzfristig entsprechende Kapazitäten geschaffen.“ Die Erfahrungen in den ersten Tagen der Impfstoffbelieferungen der Arztpraxen zeigten aber, dass „abweichend von bisherigen Annahmen nur geringe Impfstoffmengen geliefert und somit auch abgerechnet werden können“, erklärt das Apothekenrechenzentren weiter. Trotz des „anfangs beschriebenen Aufwands zur Bearbeitung und Archivierung dieses Sonderbeleges“ werde man den Kunden daher nun einen Discount von 75 Prozent in der Abrechnung einstellen.

Von einer Mindestabrechnungssumme in Höhe von 700 Euro pro Beleg ausgegangen

Auf Nachfrage von DAZ.online erklärt ein ARZ Haan-Vertreter, dass man bei der Kalkulation dieser Extra-Bearbeitungsgebühr ursprünglich von einer Mindestabrechnungssumme in Höhe von 700 Euro pro Beleg ausgegangen sei. Das bedeute im Umkehrschluss aber nicht, dass der temporäre Discount ab dieser Schwelle entfalle. Wann genau wieder die ursprünglich veranschlagte Gebührenhöhe greife, stehe zum aktuellen Zeitpunkt nicht fest.

Unter Umständen könnten die Apotheken eine Erhöhung ihrer Vergütung erfahren: Im Facebook Live-Talk kündigte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening Anfang letzter Woche an, dass man an einer Anpassung des Apothekenhonorars für die Impfstoffverteilung arbeite. In der Coronavirus-Impfverordnung ist der 17. Mai als Stichtag festgehalten – bis dahin muss die Standesvertretung dem Bundesministerium für Gesundheit eine Aufstellung vorlegen, die den tatsächlichen Aufwand für die Offizinen darstellt. Dazu befrage die ABDA derzeit Apotheken in der Hoffnung, dann mit schlagkräftigen Argumenten für eine Erhöhung der Vergütung aufwarten zu können.

Bisher war auch vorgesehen, dass die Vergütungen der Großhändler am 10. Mai an das Apothekenhonorar angeglichen werden. Dann soll es für die Grossisten je Vial, egal welche Kühlung, 6,55 Euro netto plus 1,65 Euro für das Zubehör, also insgesamt 8,20 Euro geben. Doch nach Informationen von DAZ.online könnte das höhere Großhandelshonorar auch erstmal bestehen bleiben. Als neuer Stichtag ist dem Vernehmen nach nun der 30. Mai im Gespräch.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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