Rote-Hand-Brief

Kein Andexanet alfa vor Heparin

Stuttgart - 06.11.2020, 13:45 Uhr

Die Anwendung von Andexanet alfa vor einer Heparinisierung (z. B. während eines chirurgischen Eingriffs) führt zum Nicht-Ansprechen auf die gerinnungshemmende Wirkung von Heparin. (p / Foto: SciePro / stock.adobe.com)

Die Anwendung von Andexanet alfa vor einer Heparinisierung (z. B. während eines chirurgischen Eingriffs) führt zum Nicht-Ansprechen auf die gerinnungshemmende Wirkung von Heparin. (p / Foto: SciePro / stock.adobe.com)


Kein Andexanet alfa (Ondexxya) vor Heparin, informiert ein Rote-Hand-Brief der EMA, des Paul-Ehrlich-Instituts und des Zulassungsinahbers Portola Netherlands. Grund ist, dass Andexanet zum Wirkverlust von Heparin führt.

Andexanet alfa soll nicht vor einer Heparinisierung, zum Beispiel während eines chirurgischen Eingriffs, angewendet werden. Das kommunizieren die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) mittels eines Rote-Hand-Briefs. Die Gefahr ist, dass Heparin nicht wirkt und die Blutgerinnung nicht gehemmt wird. 

Andexanet alfa ist das „Antidot“ für Faktor Xa-Inhibitoren. Die Europäische Kommission ließ im April 2019 das rekombinante Protein, das Apixaban und Rivaroxaban im Blut bindet und so deren gerinnungshemmende Wirkung neutralisiert, auch in der EU zu. Laut Fachinformation kommt Ondexxya dann zur Anwendung, wenn bei erwachsenen Patienten, die mit einem direkten Faktor-Xa-Inhibitor (Apixaban oder Rivaroxaban) behandelt werden, aufgrund lebensbedrohlicher oder nicht kontrollierbarer Blutungen eine Aufhebung der Antikoagulation erforderlich ist.

Daten zur Aufhebung der Wirkung von Edoxaban fehlen, weswegen die Anwendung von Andexanet bei mit Edoxaban behandelten Patienten nicht empfohlen wird. Auch hat Ondexxya keine Zulassung zur Vorbehandlung bei Operationen.

Dennoch liegen Berichte über Off-Label-Anwendungen von Andexanet alfa zur Aufhebung einer Faktor-Xa-Antikoagulation vor einem chirurgischen Eingriff vor, bei dem eine Antikoagulation durch Heparin beabsichtigt war und dies sodann zum Verlust der Wirkung von Heparin führte. In-vitro-Daten weisen dem Rote-Hand-Brief zufolge auf eine Bindung von Andexanet alfa an den Heparin-Antithrombin-III (ATIII)-Komplex und eine Neutralisierung der gerinnungshemmenden Wirkung von Heparin hin. Zur Erinnerung: Heparin hemmt im Blut zirkulierendes Antithrombin III. Letzteres bindet normalerweise die aktivierten Gerinnungsfaktoren Thrombin (Faktor IIa) und Faktor Xa und hemmt sie. Im Komplex mit Heparin läuft diese Reaktion deutlich schneller ab als üblich.

Rote-Hand zu Andexanet alfa: Was ist zu beachten?

  • Vermeiden Sie die Anwendung von Andexanet alfa vor einer Heparinisierung (z. B. während eines chirurgischen Eingriffs)
  • Andexanet alfa führt zum Nicht-Ansprechen auf die gerinnungshemmende Wirkung von Heparin
  • Wenn Andexanet alfa und Heparin in kurzem Abstand zueinander gegeben werden, können die Ergebnisse von Gerinnungstests verfälscht werden. Die Überwachung der Wirkung von Andexanet alfa in Gegenwart von aktivem Heparin wurde nicht validiert
  • Die Anwendung von Andexanet alfa zur Anti-FXa-Aufhebung vor einem dringenden chirurgischen Eingriff wurde nicht untersucht

Rote-Hand-Brief zu kommerziellen Anti-FXa-Aktivitätstests

Erst vor Kurzem warnten der Zulassungsinhaber von Ondexxya, Portola Netherlands, in Abstimmung mit der EMA und PEI in einem weiteren Rote-Hand-Brief davor, dass kommerzielle Anti-Faktor-Xa-Aktivitätstests nach der Verabreichung von Andexanet alfa für die Messung der Anti-Faktor-Xa-Aktivität ungeeignet sind. Die Überwachung der Behandlung von Andexanet alfa sollte nicht auf der Anti-Faktor-Xa-Aktivität beruhen, da es in diesen Tests zur Dissoziation des Faktor-Xa-Inhibitors von Andexanet alfa kommt, was dazu führt, dass fälschlicherweise erhöhte Anti-Faktor-Xa-Aktivitätsniveaus ermittelt werden. Die Folge: Die Aufhebungsaktivität von Andexanet alfa werde dadurch unterschätzt.


Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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