AMK: Verstopfte Düsen bei Foster, Inuvair, Trimbow

Dosieraerosole mit Zählwerk – erhöhte Gefahr der Atemnot

Stuttgart - 14.10.2020, 14:00 Uhr

Verstopfte Düsen bei Foster, Inuvair und Trimbow: Steckt das Dosiszählwerk dahinter? (Foto: ia_64 / stock.adobe.com)

Verstopfte Düsen bei Foster, Inuvair und Trimbow: Steckt das Dosiszählwerk dahinter? (Foto: ia_64 / stock.adobe.com)


Woher weiß man, wie viele Dosen zur Inhalation das Dosieraerosol noch enthält? Manche Hersteller lösen diese Frage mittels Dosiszählwerken. Nun informiert die AMK allerdings über das Risiko einer schlechteren Symptomkontrolle – bei Asthma oder 
COPD –, wenn Patienten mit den Inhalatoren Foster, Inuvair oder Trimbow mit Dosiszählwerk inhalieren. Der Grund: Die Düsen verstopfen. Wie kommt es dazu? Und was rät die AMK? Insbesondere sollten Apotheker auf die maximale Verwendbarkeitsdauer hinweisen.

Bei Pulverinhalatoren kennt man sie schon lange: Zählwerke, die angeben, wie viele Dosen der Asthma- oder COPD-Inhalator noch enthält. Bei Dosieraerosolen waren Patienten hingegen lange Zeit auf ihre Erfahrung, ihr Gefühl oder eine sorgfältige Dokumentation angewiesen, um abzuschätzen, wie oft sie noch inhalieren können und wann sie sich um Nachschub in der Apotheke kümmern müssen. Mittlerweile haben manche Hersteller auch Zählwerke bei Dosieraerosolen realisiert – seit Vermarktung von Foster®, Inuvair® und Trimbow® als Dosieraerosol mit Dosiszählwerk beobachtet die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) jedoch vermehrt Spontanberichte aus Apotheken. Der Grund: eine verschlechterte Symptomkontrolle der Patienten durch verstopfte Düsen beim Dosieraerosol. Bei Pulverinhalatoren ist der AMK bereits bekannt, dass eine sensorische Rückmeldung eine höhere Spontanberichtsrate bedingen könnte, bei Dosieraerosolen hat die AMK dies jedoch eigenen Angaben zufolge nicht erwartet.

Mehr Meldungen seit Einführen des Zählwerks

Die AMK erreichten im Zeitraum von 2013 bis Ende 2019 insgesamt 
478 Verdachtsfälle über Risiken zu den Dosieraerosolen Foster®, Inuvair® und Trimbow®, einschließlich ihrer Importe (11 Prozent). Foster® und Inuvair® mit den Wirkstoffen Beclometason und Formoterol werden zur Behandlung von Patienten mit Asthma und COPD (nur Foster® 100/6 Mikrogramm Druckgasinhalation und Inuvair® 100/6 Mikrogramm Druckgasinhalation) eingesetzt. Trimbow® dient der Behandlung einer COPD, es ist das erste Dosieraerosol, das eine fixe Dreierkombi aus Glycopyrroniumbromid, Formoterol und Beclometason kombiniert.

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Über die Hälfte der Meldungen (277), die bei der AMK eingingen, bezogen sich auf einen gestörten Auslösemechanismus. Insgesamt entfielen 64 Berichte auf Nebenwirkungsverdachtsfälle, wobei diese in 18 Fällen (13 allein in 2019) im engen zeitlichen Zusammenhang mit einer Fehlfunktion des Dosieraerosols auftraten. Die Patienten beobachteten Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Funktionsproblemen, wenn die Dosieraerosole durchschnittlich noch 53 Sprühstöße enthielten. Dreimal wurde der Zählerstand nicht berichtet.

Anfang des Jahres hatte bereits das Arzneitelegramm in „Unvollständige Wirkstoffabgabe aus Foster (Formoterol plus Beclometason)-Inhalat“ über ein Nachlassen der Wirkung des Foster Dosieraerosols berichtet, obwohl vom Zählwerk noch mehr als zehn Restdosierungen angezeigt werden. Bei Anzeige von fünf Restdosierungen sei keine Wirkstoffabgabe mehr auslösbar gewesen.

Welche Nebenwirkungen traten auf?

Am häufigsten berichteten die Patienten der AMK zufolge über Luft- und Atemnot oder gaben eine verminderte Wirkung der Arzneimittel an. Um die Atemnot zu lindern, erhöhten drei Patienten die Dosis oder nutzten zusätzliche Arzneimittel. Eine Patientin berichtete über einen Asthmaanfall aufgrund einer verlegten Düse, und dass das Spray „unerwartet leer“ gewesen sei, obwohl das Zählwerk noch 29 Hübe anzeigte. Nach Prüfung enthielt das Dosieraerosol jedoch noch Lösung, setzte diese nur nicht frei.

Weiße Ablagerungen und verstopfte Düse

Weiterhin wurden am häufigsten weiße Ablagerungen an der Austrittsöffnung (12), keine oder zu schwache Sprühstöße (11), erfolglose Reinigungsversuche (4) sowie bei zwei Patienten ein stehendes Zählwerk berichtet. Die AMK weist an dieser Stelle darauf hin, dass eine Therapiepause und längeres Nichtbenutzen des Dosieraerosols als erhöhtes Risiko für verstopfte Düsen bekannt sei, doch wurde dies laut AMK in keinem Fall berichtet. Acht Patienten nutzten ihr fehlerhaftes Dosieraerosol weiter, und ihre Symptome verschlechterten sich. Wurde hingegen ein neues Spray verwendet, verbesserten sich die Symptome wie erwartet.

Wie funktioniert ein Dosieraereosol?

Die AMK erklärt den Aufbau der Dosieraerosole folgendermaßen: Die Wirkstoffe liegen gelöst in einer Druckgaspatrone vor. Ein Ventilstift aus dem Druckbehälter grenzt an eine Kammer mit Düse und Austrittsöffnung. Gleich einer Manschette umgibt das Zählwerk die Kammer. Beim Niederdrücken der Patrone gelangt ethanolische Wirkstofflösung in die Kammer, die durch das Treibgas Norfluran an der Austrittsöffnung vernebelt wird. Der Zählerstand vermindert sich durch das Niederdrücken entsprechend. Zur Aufnahme eines Zählwerks wurden jeweils geringfügige bauliche Veränderungen des Inhalators nötig.

Die Eingangsprüfungen der AMK bestätigten vor allem weiße Ablagerungen an der Austrittsöffnung (8), am Ventilstift der Patrone (5) sowie das Nichtauslösen der Dosieraerosole (2). Auch das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL e.V.) fand bei insgesamt fünf von sieben Rückstellmustern eine fehlende oder verminderte Aerosolabgabe. Waren die Düsen verstopft, trat das Aerosol bei entsprechendem Niederdrücken retrograd aus, berichtet die AMK. Dadruch seien Ventilstifte bzw. die Patrone mit weißen Ablagerungen überzogen worden und firmenseitig Wirkstoffspuren an der Außenseite der Patrone gefunden worden.

Warum verstopfen die Dosieraerosole?

Die  Analyse der AMK aus den Jahren 2018 und 2019 zeigte für Foster® mit 200 µg Beclometasondipropionat eine fast dreifach höhere Assoziation (reporting odds ratio 2,8; 95 %-Konfidenzintervall: 1,3-6) für eine gestörte Aerosolfreisetzung im Vergleich zu den geringer dosierten Inhalatoren der o. g. Präparate. Die AMK zieht daraus folgenden Schluss: „Die vorliegenden Ergebnisse legen nahe, dass die Löslichkeit des Beclometasondipropionat durch Verdunsten des Ethanols herabgesetzt wird und Wirkstoffkristalle an der engen Austrittsöffnung die Düse verschließen. Kristalle können sich auch innen an der Düse bilden. Kleine Agglomerate an der Innenwand der Kammer könnten sich beim Auslösen eines Sprühstoßes lösen und vor die Austrittsdüse legen.“

Die berichteten Phänomene seien zeitlich mit der Einführung des Zählwerks der jeweiligen Dosieraerosole assoziiert. Es lässt sich nach Ansicht der AMK jedoch nicht verifizieren, ob die baulichen Veränderungen eine verstärkte Kristallisation (mit)bedingen oder erst aufgrund des ersichtlichen Zählerstandes eine Funktionsstörung auffällt.

Reinigung hilft nicht immer

Das empfohlene Reinigungsverfahren in den Gebrauchsinformationen half in einigen Fällen nachweislich nicht, verschlossene Düsen wieder freizulegen. Teilweise gelang es erst im Labor (ZL) mittels Ethanol bzw. durch mehrmaliges (bis zu neunmal) Niederdrücken der Patrone, die Kristalle zu lösen und die Düse wieder durchgängig zu machen. In diesen Fällen konnte das ZL stets gleichmäßige Aerosole mit entsprechender Masse und Identität im Vergleich zu einem Referenzprodukt ermitteln.

Was rät die AMK?

Die AMK gibt nun folgende Empfehlungen:

  • Bei verminderter bzw. fehlender Aerosolabgabe ist der Inhalator mehrfach hintereinander auszulösen, bis wieder gleichmäßige Sprühstöße beobachtet werden können.
  • Insbesondere Asthmatiker, die mit höheren Dosierungen bzw. der 200 µg-Beclometason-Stärke behandelt werden, sollten ab einem Zählerstand von etwa 50 Resthüben vor Beginn der Inhalation(en) einen Sprühstoß in die Luft abgeben, um eine einwandfreie Aerosolbildung festzustellen.
  • Die Zähleranzeige kann bei verschlossener Düse aufgrund des erhöhten Gegendrucks beim Niederdrücken der Patrone unzuverlässig sein.
  • Asthmapatienten sind bei Verwendung o. g. Zweifachkombinationen darauf hinzuweisen, ihren separaten schnellwirkenden Bronchodilatator für eine Notfallanwendung jederzeit griffbereit zu haben.
  • Das Mundstück sollte zur Minimierung der Verdunstung des Ethanols mit der Kunststoffkappe verschlossen werden.

Ferner erinnert die AMK daran, dass nach der ersten Anwendung die Verwendbarkeitsdauer auf drei Monate, statt vormals fünf Monate, verkürzt wurde.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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